Benefizkonzert in Kornelimünster : „Singer Pur“ geben der Kirchen-Baustelle Klang und Zuversicht
Aachen Das renommierte Ensemble „Singer Pur“ tritt vor 300 Gästen in der Propsteikirche in Kornelimünster auf. Es ist ein kleines Intermezzo inmitten der langwierigen Millionen-Sanierung, die die Flut vor neun Monaten nach sich zieht.
Drei Säcke mit „Natursteinmörtel Feinbett“ liegen auf der Schubkarre. Daneben die Maurerwanne, die man hier „Spießbütt“ nennt, ein Baustellenstrahler, das übliche Werkzeug, ein Paar Handschuhe und Bodenplatten. Alles ist unter der Empore der mit einem schützenden Holzbau versehenen Orgel nach hinten an die Wand gerückt. Am nächsten Morgen gehen die Bauarbeiten weiter.
Jetzt wird gesungen, ein wunderschöner Klang verzaubert die Kirchen-Baustelle in Kornelimünster. Mitte Juli vergangenen Jahres hat das Hochwasser auch das stolze Baudenkmal im Herzen des Indeortes, die ehemalige Abteikirche des Benediktinerklosters und heutige Propsteikirche St. Kornelius, heimgesucht.
Rund zwei Meter hoch stand das Wasser im Innenraum, die Kirchenbänke schwammen ziellos umher. Wenn sie sich in der gespenstischen Stille, die über dem Raum lag, trafen, klackte es unwirklich. Pfarrer Andreas Möhlig hat dieses Szenario vor kurzem in unserer Zeitung beschrieben.
So viel ist kaputtgegangen, Kirchenvorstand Felix Körfer spricht von einem Schaden von über einer Million Euro. Es wird noch dauern, bis alles wiederhergestellt ist, bis die historischen Holzkunstwerke, der Anna-Altar aus dem 15. Jahrhundert, das Chorgestühl, die Beichtstühle, wieder instandgesetzt sind. Alle Kirchenschätze konnten gerettet werden, die Reliquien, die Heiligtümer wurden ausgelagert. Es ist noch so viel Arbeit zu tun.
Pfarrer Möhlig peilt die Heiligtumsfahrt im nächsten Juni an, und alle nicken, wissen aber um den ambitionierten Plan. Andreas Reiff ist der Architekt für den Wiederaufbau in St. Kornelius, und er sagt: „Es ist ein Meilenstein erreicht, die Kirche ist wieder elektrifiziert und die Heizung läuft.“ Die Sanierung gehe gut voran. Die Herren können sich so kurz vor dem Konzertbeginn nicht darauf einigen, ob die Halbzeit der aufwändigen und kostspieligen Sanierungsarbeiten schon erreicht ist oder ob sie erst noch kommt. Aber Zuversicht ist auf alle Fälle gegeben.
Am Nachmittag des Palmsonntags sind sie nun alle in der Kirche, ein Intermezzo ist angekündigt. Auf der Baustelle, wo seit neun Monaten Denkmalschützer, Gutachter und Bauarbeiter den Ton angeben, gibt es nun ein Benefiz-Konzert. Nicht nur der Pastor, der Kirchenvorstand und der Architekt sind gekommen, insgesamt sitzen 300 Gäste auf 300 Stühlen, die aus dem nahegelegenen Inda-Gymnasium geholt worden sind. Ausverkauft. Alle Einnahmen kommen dem Wiederaufbau zugute.
Um zu sehen, in welchem Zustand die Kirche ist, sei er gekommen, sagt ein Besucher. Das seien ja dramatische Bilder und Berichte gewesen. Und natürlich auch wegen der Musik sei er da, schiebt er noch hinterher.
Was unbedingt gesagt sein muss: Denn das Ensemble „Singer Pur“ ist aus München angereist. Der Name klingt für Liebhaber des A-cappella-Gesangs besonders gut. „Die Zeit“ hat die fünf Sänger Christian Meister, Markus Zapp, Manuel Warwitz, Jakob Steiner und Felix Meybier, allesamt einst „Regensburger Domspatzen“, und Claudia Reinhard, die hochgelobte Sopranistin, einmal als den „besten kleinsten Chor der Welt“ gewürdigt. Wer will an diesem Nachmittag widersprechen?
Das Programm ist anspruchsvoll und gefällt, was der Applaus belegt. Unter der Überschrift „An den Wasserflüssen Babylons“ gibt es geistliche Vokalmusik aus Deutschland und dem Baltikum, Werke von Bach, Stoltzer, Wannenmacher, Schütz, Pärt, Tormis und Schanderl; Barock, Renaissance, Zeitgenössisches.
Die Grundaussage des Konzerts passt in diese Tage. Die Klage- und Bittgesänge über das Leid in der Welt verweisen auf die Liebe und münden in ihr: als alleinige, universelle heilbringende Kraft.
Die Konzertmacher vom Deutschlandfunk (DLF), die in Kooperation mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) und vor Ort mit der Kirchengemeinde und der Kulturinitiative Kornelimünster das besondere Baustellen-Kulturerlebnis möglich machen, beweisen ein großes Geschick, den Zustand der Kirche in den Blick zu rücken. Mit farbigem indirekten Licht wird die Schönheit des Kirchenbaus herausgestellt. Versteckt werden aber auch all die Baustellen nicht, die noch zu bewältigen sind, und die Lücken, die wieder gefüllt sein wollen.
Bund, Land, Denkmalstiftung, das koordinierende Bistum sowie Spender und helfende Menschen vor Ort wollen die finanzielle Last, die die Kirchengemeinde in Kornelimünster mit dem Sanierungsvorhaben zu managen hat, auffangen. Der Nachmittag mit „Singer Pur“ ist nicht nur ein musikalischer Hochgenuss, sondern auch ein Signal der Zuversicht. Pfarrer Möhlig wiederholt es gerne: „Wir freuen uns darauf, zur Heiligtumsfahrt wieder die Propsteikirche öffnen zu können.“