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Kneipenkarneval: Nur wenn’s zu eng wird, macht das Ordnungsamt Lokale dicht

Kneipenkarneval : Nur wenn’s zu eng wird, macht das Ordnungsamt Lokale dicht

Kneipenkarneval in Aachen ist ausdrücklich erlaubt. Nur Partys sind tabu. Sogar eine große Open-Air-Veranstaltung hat die Stadt jetzt genehmigt.

Der Begriff führt viele Narren in die Irre: „Eine Brauchtumszone an den Karnevalstagen weist – wie in Köln – nicht etwa eine spezielle Partyzone für besonders feierwillige Jecken aus, sondern einen Sicherheitsbereich mit schärferen Regeln, die über die aktuelle Coronaschutzverordnung hinausgehen“, sagt Linda Plesch vom Aachener Presseamt. Einzelne kaiserstädtische Gastronomen hatten sich tatsächlich beschwert, dass Aachen auf eine solche „Brauchtumszone“ verzichtet – und damit Karnevalisten an den „dollen Tagen“ quasi Richtung Köln und Düsseldorf vertreibe; zulasten der hiesigen Gastronomie.

„Das Gegenteil ist der Fall“, betont Plesch. Während die Kölner Gastronomie unter „2G plus plus“ – also zwingend mit negativem Corona-Test – Einlass gewährt, sind die Rahmenbedingungen in Aachen deutlich lockerer. Es gibt sogar Open-Air-Karnevalsveranstaltungen mit Hunderten Narren in Richterich.

Nach der frühen und freiwilligen Absage nahezu sämtlicher Karnevalsveranstaltungen wie Sitzungen, Bälle und Umzüge des Festausschusses Aachener Karneval (AAK) noch vor Weihnachten zeichnet sich ab, dass Karnevalisten ab Fettdonnerstag sehr wohl feiern können – und auf jeden Fall ausgelassener als 2021.

Auch im Pontviertel: Dort lädt zum Beispiel die Tangente doppelt Geimpfte mit zusätzlichem Test und Geboosterte (ohne Test) zum „kostümierten Treffen und Trinken“; denn „Partys“ sind ausdrücklich nicht erlaubt. Vor allem Tanzen ist verboten. Diskotheken und Clubs bleiben in Aachen weiterhin dicht, mindestens bis zum 4. März. Das regelt Paragraf 5, Absatz 1, der NRW-Coronaschutzverordnung: Tanzveranstaltungen, Partys, Club- und Diskothekenbetrieb sind tabu; aber Brauchtumsveranstaltungen sind nach Absprache mit dem Ordnungsamt und inklusive Hygienekonzept ausdrücklich erlaubt.

Endlich wieder Nachwuchs auf der Bühne: Auch die „Marangis“ – hier bei einem früheren Auftritt im Eurogress – dürfen sich auf den „Karnevalsmarkt“ in Richterich freuen.
Endlich wieder Nachwuchs auf der Bühne: Auch die „Marangis“ – hier bei einem früheren Auftritt im Eurogress – dürfen sich auf den „Karnevalsmarkt“ in Richterich freuen. Foto: MHA/Harald Krömer

Vielerorts herrscht dabei aktuell Sitz- und Stehplatzpflicht. „Es gibt für die Gastronomie keine Kapazitätsgrenzen. Aber das Ordnungsamt wird Brauchtumsveranstaltungen zu Karneval, bei denen die Menschen nicht mehr berührungslos aneinander vorbeikommen, als illegale Partys werten und auflösen“, macht Plesch klar.

Zwischen Schunkeln und Tanzen, zwischen gut besucht und zu eng gefüllt entscheiden – das ist vielfach Ermessenssache der Überwachungskräfte, die ab kommende Woche Fettdonnerstag durch die Stadt patrouillieren; es gibt eine Grauzone. Diese Schwierigkeit haben auch die Ordnungsbehörden erkannt.

Die einzige große karnevalistische Open-Air-Veranstaltung geht diese Session in Richterich über die Bühne. Unter dem Motto „Karnevalsmarkt“ feiert die 1. KG Richterich 1956 „Koe Jonge“ auf dem Rathausplatz (Ecke Roermonder Straße) am Freitag, 25. Februar, von 15 bis 21 Uhr und am Samstag, 26. Februar, von 11 bis 21 Uhr. „Der Gesetzgeber gestattet Brauchtumsveranstaltungen. Und wir möchten gerade der Jugend, die zwei Jahre trainiert und geprobt hat, zurück auf die karnevalistische Bühne helfen“, sagt der 1. Vorsitzende Alexander Gilson.

 Sein Verein stellt die einzigen Open-Air-Veranstaltungen der Stadt auf die Beine: der 1. Vorsitzende der KG Richterich, Alexander Gilson.
Sein Verein stellt die einzigen Open-Air-Veranstaltungen der Stadt auf die Beine: der 1. Vorsitzende der KG Richterich, Alexander Gilson. Foto: Andreas Steindl

Es gilt 2G plus; Tickets für fünf Euro verkaufen in Richterich die Reiseinsel, die Gaststätte Poth, Optik Thoma und das Beerdigungsinstitut Claßen. 400 Personen auf einigen Hundert Quadratmetern sind höchstens zugelassen. Etliche Vereine – darunter die Oecher Penn und die Prinzengarde – haben zugesagt. Bands wie „Schnütz“, „Night Wiever“ und Tästbild“ sind an Bord.

Aachens Prinz Guido I. Bettenhausen wird privat vorbeischauen. Er hatte alle Auftritte im Ornat in dieser Session abgesagt und wird 2023 zum dritten Mal als Narrenherrscher antreten. „Wir befolgen die Corona-Regeln mit aller Konsequenz, das ist wichtig. Feiern ist aber erlaubt. Trotzdem machen wir an den zwei Tagen hier in Richterich um 21 Uhr Schluss, weil wir spät abends keinen Alkoholtourismus Richtung Richterich riskieren möchten“, stellt Gilson klar. Mit den Ordnungsbehörden sei alles eng abgestimmt. „Das ist hervorragend gelaufen“, betont er.

Fettdonnerstag ist bei der Stadt Aachen im historischen Zentrum nur eine einzige Brauchtumsveranstaltung beantragt und genehmigt worden: Die Trommelgruppe „Copa Sambana“ will mit 25 Musikerinnen und Musikern am 24. Februar auf dem Hof für Stimmung sorgen.

Digital ist der Öcher Fastelovvend 2022 auf mehreren Kanälen ab Weiberfastnacht unterwegs: Die Stawag lädt ab 11 Uhr zu „Fastelovvendsjeck Live“ ein – einem etwa zweieinhalbstündigen, kostenfreien Livestream auf Youtube und Facebook. Pünktlich um 11.11 Uhr bietet der jecke Stream, moderiert von Sarah Schiffer und Thommy Carell, Musik-Acts für die gute Laune. Mit dabei sind Ina Colada, Tim Toupet, Peter Wackel, Bruce Kapusta, Oecher Stadtmusikanten, Rumtreiber, Pascal Krieger und Deschawü.

„Wir freuen uns, dass die Stawag dabei hilft, die fünfte Jahreszeit für Öcher Jecke erlebbar zu machen! Dadurch, dass leider auch der Straßenkarneval entfallen musste, haben wir nur über den digitalen Weg die Möglichkeit, alle Menschen an Karneval teilhaben zu lassen“, erläutert AAK-Präsident Frank Prömpeler für den Dachverband der rund 50 Aachener Karnevalsvereine. Der AAK wird deshalb „Fastelovvendsjeck Live“ zeitgleich mit dem Streaming auf seinem Radio-Kanal www.radio-alaaf.de senden. Weitere Infos gibt es unter www.stawag.de/karneval.

Außerhalb des weitgehend – aus Sicht vieler Vereine voreilig – abgesagten Sitzungskarnevals wird auf der Straße und in Kneipen dennoch gefeiert. Weil die Aachener Stadtverwaltung im Unterschied zu den Hochburgen Köln und Düsseldorf keine Brauchtumszone ausweist, könnten auch geboosterte Jecken ohne tagesaktuellen Corona-Test selig mitschunkeln.