1. Lokales
  2. Aachen

Tourismus in Aachen: Mit Zuversicht und Ideen die Touristen zurückgewinnen

Tourismus in Aachen : Mit Zuversicht und Ideen die Touristen zurückgewinnen

Die Stadt leidet, Corona hat so viel Schaden angerichtet: in Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie. Jetzt scheint die Sonne, und es sind wieder Touristen in Aachen. Die Tourismus-Managerinnen haben Pläne und sind verhalten optimistisch.

Die Sonne scheint, die Stadt zeigt sich von ihrer schönen Seite. Die Menschen suchen sich einen Platz für die Mittagspause im Elisengarten und allmählich füllen sich auch die Stühle vor der Tourist Info. Das Café Ferbers hat hier eine Dependance eingerichtet, die Vorstände des Aachen Tourist Service, Katrin Hissel und Caroline Noerenberg, sehen das alles gerne.

Es tut gut nach den schweren Zeiten, die Corona für den Stadttourismus nach sich gezogen hat, wieder ein wenig Sonne und Zuversicht zu spüren. Keine Touristen, später dann kaum Touristen, das war ein schwerer Schlag für Gastronomie, für Hotellerie, auch für den Einzelhandel. „Wir sind diejenigen, die immer in Optimismus gemacht haben“, sagt Caroline Noerenberg. Zurzeit würden nun die letzten Reserven an Zuversicht benötigt, und um ganz ehrlich zu sein: „Es braucht eine Auffrischung.“

Katrin Hissel ist am Vorabend in ihrem Amt als Vorstand, das sie nun schon vier Jahre bekleidet, vom Aufsichtsrat des Tourist Service bestätigt worden. Formsache, Arbeit zur allergrößten Zufriedenheit erledigt, vor allem die Standfestigkeit in der Krise wird ihr und Caroline Noerenberg, die im kommenden Jahr zur Verlängerung ansteht, bestätigt.

Was hält den Optimismus wach? Welche Konzepte verfolgen Aachens Tourismus-Managerinnen? Um neue Ideen, um die Nischen und Begegnungen, die sich die Individualtouristen immer mehr wünschen, und um die Hoffnung darauf, dass auch der Geschäftstourismus wieder anspringen möge, geht es im Interview.

Sie stehen vor einer großen Herausforderung: Die Vorstände des Aachen Tourist Service, Caroline Noerenberg (links) und Katrin Hissel, möchten nach Corona die Stadt Aachen wieder als attraktives Ziel für den Tourismus präsentieren.
Sie stehen vor einer großen Herausforderung: Die Vorstände des Aachen Tourist Service, Caroline Noerenberg (links) und Katrin Hissel, möchten nach Corona die Stadt Aachen wieder als attraktives Ziel für den Tourismus präsentieren. Foto: Aachen Tourist Service/Thorsten Kohlhaas

Die Sonne scheint, die Touristen scheinen den Weg nach Aachen zu finden. Trügt der Schein?

Hissel: Man merkt es wirklich gut: mehr Leute, mehr internationale Sprachen, mehr Nachfragen in der Tourist Info, das freut uns natürlich. Im Moment ist es noch viel Tagestourismus, es sind noch nicht die Übernachtungsgäste. Wir hören von den Hotels, dass der März sehr schwach gebucht ist, wir hoffen aber sehr, dass das jetzt zu den Osterferien deutlich anzieht. Insgesamt müssen wir aber nach wie vor von einer Zurückhaltung sprechen. Corona ist, auch wenn man das Gefühl hat, die Pandemie wird für beendet erklärt, noch gut spürbar. Der Krieg in der Ukraine beschäftigt die Menschen zusätzlich, die hohen Energiepreise sorgen auch beim Tourismus für Zurückhaltung.

Schimmert bei allem doch ein gewisser Optimismus bei Ihnen durch? Oder ist die Prognose für das Jahr eher verhalten?

Noerenberg: Zum einen gehen wir davon aus, dass die Zurückhaltung uns durch das Jahr begleiten wird. Das gilt vor allem für den in Aachen eigentlich immer starken Geschäftsreise-Tourismus, der richtig eingebrochen ist. Bei den Individualtouristen merken wir jedoch anhand unserer  Pauschalangebote schon wieder einen Anstieg der Buchungen, wobei es auch Gäste sind, die aus dem letzten oder vorletzten Jahr umgebucht haben. Aber das Interesse an Aachen ist in jedem Fall da.

Hissel: Es ist schwierig zu prognostizieren, wohin die Reise in diesem Jahr geht. Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Leute nur auf Sicht planen, also kurzfristig. Früher konnten wir sagen, der September ist der traditionell stärkste Reisemonat. Das ist jetzt anders, der September ist zum jetzigen Zeitpunkt noch kaum gebucht, ab Oktober sieht es noch zurückhaltender aus. Das ist ein gravierender Wandel.

Es gibt viele neue Hotels in der Stadt. Haben wir ein Überangebot an Übernachtungsmöglichkeiten?

Hissel: In der Pandemie hat jede Stadt ein Überangebot. Aber wir hoffen sehr, dass sich das wieder einpegelt. Vor Corona hatten wir angesichts der Million Übernachtungen pro Jahr in Aachen sicherlich den Bedarf. Und da wollen wir auch gerne wieder hin.

Noerenberg: Wir hatten ein Corona-Jahr 2020, in dem uns insgesamt 60 Prozent, in einzelnen Monaten deutlich mehr der Übernachtungen weggebrochen sind, und dann ein Jahr 2021, in dem wir immerhin wieder rund 500.000 Übernachtungen bilanzieren konnten. Was aber immer noch nur der Hälfte im Vergleich zu 2019 entspricht. Aber auch das schlechte Wetter und auch die Flut-Katastrophe in unserer Region hatten ihren Einfluss auf den Stadttourismus im Vorjahr. Wir hoffen auf Stabilisierung, darum geht es.

Nun ist Ihr Job, gerade jetzt die Destination Aachen wieder attraktiv zu vermarkten.

Noerenberg: Das stimmt. Wir haben einige neue Angebote und Partner: Eben ist hier eine Probetour für unsere neue Kulinarik-Führung losgegangen. Aachen zum Genießen. Wir haben auch neue Führungen zu den Themen Fairtrade und Nachhaltigkeit im Angebot. Wir haben eine Musical-Pauschale mit dem Das Da Theater neu auf dem Markt. Das Marketing für die Dinge, die da sind, läuft auf Hochtouren. Im Mai gibt es zum Beispiel das „3Rides Festival Aachen“, eine große Open-Air-Messe rund ums Fahrrad in der Soers mit vielen Gästen von außerhalb.

Hissel: Im Marketing sind wir natürlich auch ein bisschen durchgerüttelt worden. Wir brauchen gerade vor dem Hintergrund, dass die Leute heute kurzfristig planen und buchen, schnelle Kommunikationswege. Das bedeutet, wir brauchen vor allem die digitalen Angebote. Wir arbeiten viel mit kurzfristiger Inspiration. Bei jungen Familien geht das zum Beispiel gut. Für sie weisen wir auf eine interessante Stadt hin, die man prima mit den Kindern in den Osterferien besuchen kann.

Was zieht im Stadttourismus derzeit besonders?

Hissel: Eindeutig das Thema Stadt und Natur. Das ist der Nachfrage in diesen Corona-Zeiten geschuldet. Stadttouristen wollen auch mal raus aus der Stadt. Aachen hat da beste Voraussetzungen. Radfahren und Wandern sind sehr angesagt. Und dann ist es interessant zu sehen, dass die Touristen heute möglichst viel von der Stadt und den dort lebenden Menschen erfahren möchten. Neben Dom, Stadtgeschichte, Kultur wollen die Leute wissen, wie die Aachener so sind. Was ist speziell an Aachen? Reisende wollen heute tiefer eintauchen in Städte, sie wollen bloß nicht die klassischen Touristen sein. Da suchen wir nach Netzwerken und Partnern, die diesen Weg mitmachen.

Noerenberg: Die neue Tourist Info hier am Elisenbrunnen hilft uns dabei sehr. Hier sitzen jetzt auch schon viele Aachener zum Kaffee, die gleich mit den Touristen ins Gespräch kommen. Das funktioniert. Und im vergangenen Jahr haben wir mit „Merian Scout“ eine Sonderedition für Aachen gemacht, in der vor allem die Viertel der Stadt in den Mittelpunkt gerückt werden. Dafür interessieren sich die Touristen sehr. Wir stellen uns heute ohnedies individuell auf unterschiedliche Zielgruppen ein.

Hissel: Ein Gast heute braucht das Gefühl: Ich habe in dieser Stadt etwas entdeckt, ich bin mit interessanten Leuten ins Gespräch gekommen und die haben mir dann einen Tipp gegeben, der sehr exklusiv und wertvoll war. Darum geht es heute im Stadttourismus. Soeben haben wir den Softlaunch unserer neuen App „Visit Aachen“ gestartet, man darf das als einen Live-Test sehen, wir wollen die entsprechenden Reaktionen und Erfahrungen sammeln. Mit dieser App können die Touristen sich ihren Aachen-Aufenthalt sehr schön und komfortabel gestalten. Die App ist quasi unsere Tourist Info, die an 24 Stunden an sieben Tagen verfügbar ist.

Wie wichtig ist die Kooperation mit anderen Tourist-Institutionen?

Noerenberg: Wir haben große Netzwerke, in denen wir aktiv sind. Wir haben sehr stark die Zusammenarbeit mit der Städteregion intensiviert. Dort ist ja das Thema Tourismus auch in der Verwaltung angesiedelt. Es geht bei dem starken Akzent, der auf Aktivtourismus liegt – also Wandern, Radfahren – um den Weg raus aus der Stadt in die Umgebung. Von daher macht diese Kooperation, genauso wie Kontakte nach Belgien und in die Niederlande extrem viel Sinn. Und dann gibt es einen sehr guten Austausch mit Städten, die eine ähnliche Struktur wie Aachen haben. Hier geht es dann um unser klassisches Thema, es geht um die „Historic Highlights of Germany“, also die großen Städte mit Geschichte.

Dom, Schatzkammer, Rathaus, die Altstadt – all das sind die Klassiker. Was sind die besonders reizvollen Nischen-Tipps, die vielleicht auch für Aachener interessant sind?

Hissel: Nischen sind die Viertel mit den kleinen Besonderheiten. Ich würde immer – nur ein Beispiel – den Samstagsmarkt im Frankenberger Viertel auf dem Neumarkt vorschlagen, das Ambiente ist so typisch und einzigartig.

Noerenberg: Oder raus in den Wald und zum Dreiländerpunkt hochwandern, das ist doch besonders. Wir stellen mit Freude fest, dass Aachen gerade bei Familien gut ankommt. Die Stadt ist kinderfreundlich, es gibt überschaubare Wege von A nach B und viel zu entdecken. Und der Faktor Natur ist sehr groß, die Parks, der Wald, die Umgebung.

Das klingt ja dann unter dem Strich doch noch optimistisch.

Noerenberg: Ja, natürlich. Wie schlimm wäre das, wenn wir, die wir die schönste Stadt der Welt touristisch vermarkten, den Kopf hängen lassen würden? Aber es muss jetzt schon Bewegung in die Stadt kommen. Die attraktive Innenstadt ist das A und O im Stadttourismus. In Corona hat sie aber sehr gelitten. Aachen muss lebendig sein, es muss auch gute Shopping-Erlebnisse geben, vor allem die kleinen individuellen Läden an den schönen Ecken sind wichtig. Wir müssen uns das klarmachen, dass es diese große Kraftanstrengung braucht, die Stadt wieder in Schuss zu bringen.