Kundgebung der Ukrainer in Aachen : „Man muss uns weiterhin sehen und hören“
Aachen Rund 250 Menschen aus der Ukraine haben am Sonntag auf dem Markt gegen den Krieg in ihrem Heimatland protestiert.
Große Dankbarkeit auf der einen, klare Forderungen aber auch auf der anderen Seite: Rund 250 Ukrainer versammelten sich am Sonntag vor dem Rathaus Aachen, um über das zu sprechen, was ihnen nach wie vor am meisten auf dem Herzen brennt.
„Die Lage verschlimmert sich weiter“, sagte Organisatorin Julia Pich zum Auftakt. Jetzt werde die Ukraine sogar mit Hyperschallraketen bombardiert. Eine ganze Reihe von jungen Ukrainerinnen und Ukrainern trat anschließend ans Mikro, um die Grauen des Krieges zu beschreiben. „Man muss uns weiterhin sehen, und man muss uns in den Nachrichten hören“, sagte schließlich die junge Ukrainerin Wira.
„Menschen, die den Widerstand der Ukraine nicht verstehen, laufen mit Scheuklappen durchs Leben“, fuhr sie fort und ergänzte: „Wir werden mit Leib und Seele für unsere Freiheit kämpfen.“ Und dafür forderten die Ukrainer am Mikro immer wieder die Unterstützung der Nato und das Embargo von russischem Öl, Kohle und Gas.
„Ihr könnt euch auf unsere Solidarität zu 100 Prozent verlassen“, versicherte wenig später Manfred Kutsch, Mitorganisator der Veranstaltungen von „Pulse of Europe“. „Jedes eurer Worte ist bei uns angekommen“, ergänzte er. Gleichzeitig bat er um ein respektvolles Miteinander: „Ihr müsst auch andere Meinungen einfach so stehen lassen können“, sagte Kutsch.
Von einer Kapitulation ihres Landes wollen die Ukrainer nach wie vor nichts wissen. Im Gegenteil: In zahlreichen Wortbeiträgen erklärten sie immer wieder, dass der Untergang ihres Landes den Untergang der EU zur Folge haben werde.
„Es ist das erste Mal, dass ein Land, das in die EU eintreten möchte und sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entschieden hat, deswegen angegriffen wird“, fasste der EU-Abgeordnete Daniel Freund (Grüne) zusammen. Die EU müsse sich so verändern, dass die Ukraine aufgenommen werden könne, aber das sei ein sehr langer Prozess. „Und Europa muss unabhängig werden von den fossilen Brennstoffen aus Russland“, forderte er weiter.
Nadia Miri, Vorsitzende der Jusos Aachen, beschrieb Putin mit deutlichen Worten als Kriegsverbrecher, dem unbedingt der Geldhahn zugedreht werden müsse. Sie forderte unter anderem ein Ölembargo. Und die Ukrainerin Mariya Benovska sieht in Putin nur die Spitze eines Eisbergs, hinter dem sich der „russische Apparat verberge, der die Gräueltaten erst möglich mache“. Sie forderte, auch all jene russischen Soldaten zur Verantwortung zu ziehen, die Frauen vergewaltigten und Menschen in ihren Wohnungen ermordeten.
Immer wieder bezeichneten die Redner am Mikro den russischen Überfall auf die Krim als eigentlichen Beginn des Krieges. „Wir haben es zugelassen und weiterhin Geschäfte mit den Russen gemacht“, sagte die junge Ukrainerin.
Vor dem Rathaus zeigte die ukrainische Community in Aachen einmal mehr Geschlossenheit. Und ein junger Mann aus Kiew erläuterte, was die ukrainische Flagge eigentlich symbolisiert. „Das Blau steht für den Himmel, und das Gelb für unsere goldenen Felder“, sagte er. „Wir wollen wieder nach Hause und säen, damit unsere Felder wieder so golden werden, wie wir sie kennen“, fuhr er fort.
Immer wieder dankten die Ukrainerinnen und Ukrainer für die Hilfe, die sie in Aachen erfahren. Sie hatten sich vergleichsweise spontan noch einmal vor dem Rathaus eingefunden, um den Krieg in der Ukraine nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ähnlich wie bei den Kundgebungen von „Pulse of Europe“ durfte jeder ans Mikro, um zu reden. Und nach ziemlich genau einer Stunde ging die Veranstaltung zu Ende.