Immobilie Karl-Marx-Allee : Den „König von Köln“ zieht es nach Aachen
Aachen Das Gezerre um das ehemalige Landesstraßenbauamt an der Karl-Marx-Allee dauert auch zehn Monate nach Ende eines Bieterverfahrens weiter an. Und ein Ende ist noch nicht abzusehen.
Das seit acht Jahren leerstehende ehemalige Landesstraßenbauamt an der Karl-Marx-Allee wartet weiter auf einen Neustart. Auch ein vor fast zehn Monaten beendetes Bieterverfahren hat bislang noch nicht den erhofften Aufschwung gebracht. Und inzwischen scheint klar, dass es die Stadt dort mit einem ebenso schwergewichtigen wie zwielichtigen Verhandlungspartner zu tun hat.
Josef Esch, der auch als „König von Köln“ zu zweifelhaften Ehren gekommen ist und eine der zentralen Figuren eines einzigartigen Kölner Bau- und Bankenskandals war, steht mit seiner Fondsgesellschaft nach Informationen unserer Zeitung hinter dem Deal, der im Juli vergangenen Jahres für massiven Unmut in der Aachener Politik gesorgt hat.
Damals hatte der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb BLB ein umstrittenes Bieterverfahren für die Immobilie an der Karl-Marx-Allee abgeschlossen, wobei der Zuschlag nicht – wie erhofft – an die stadtnahe Wohnbaugesellschaft Gewoge ging, sondern an einen privaten Investor. Damit hatten sich zum Ärger der Politik die jahrelangen Bemühungen der Stadt erledigt, in den Besitz des begehrten Grundstücks zu kommen.
Esch hat bestes Angebot abgegeben
Wie jetzt aus gut unterrichteten Kreisen von mehreren Seiten bestätigt wurde, hatte der Troisdorfer Bauunternehmer Esch das beste Angebot für das gut 5000 Quadratmeter große Grundstück samt Aufbauten abgegeben – mit der Auflage, dort dringend benötigten, öffentlich geförderten Wohnraum für Studenten zu schaffen.
Doch der Kauf ist bis heute nicht vollzogen, wie der BLB auf Anfrage mitteilt. Hinsichtlich der zukünftigen Nutzung würden „noch vorhabenbezogene planungsrechtliche Klärungen der Beteiligten laufen, auf die der BLB NRW keinen Einfluss hat“, heißt es in einer kurzen Antwort. Näheres könne aus Gründen der Vertraulichkeit nicht mitgeteilt werden.
Auch in der Stadtverwaltung zeigt man sich bislang zugeknöpft. Zu privaten Grundstückangelegenheiten könne sie sich nicht äußern, erklärt Stadtbaurätin Frauke Burgdorff auf Anfrage. Glücklich scheint man mit dem Verhandlungspartner innerhalb der Verwaltung jedoch nicht zu sein. Dem Vernehmen nach wird derzeit vor allem über die architektonische Gestaltung des geplanten Studentenwohnheims gerungen. Angeblich drängt die Stadt auf ein Wettbewerbs- oder Werkstattverfahren, um eine gewisse Qualität zu gewährleisten.
Ungewiss, ob sich das dann noch rechnen kann. Der BLB hatte seinerzeit eine Kaufpreiserwartung von etwa 3,1 Millionen Euro für die Immobilie genannt. Bei welchem Preis der Bieter den Zuschlag erhalten hat, ist unbekannt. Die maroden Aufbauten aus den 1960er Jahren müssen jedoch vermutlich abgerissen und entsorgt werden, was die Kosten weiter treibt. Hinzu kommt, dass die Corona-Krise die Kalkulation schwierig macht. Niemand kann sagen, wie sich die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt weiterentwickelt.
So drängt sich die Frage auf, ob die Stadt mit ihren Erwartungen Esch doch noch zum Rückzug bewegen will. Es würde eine neue Chance für den Zugriff auf das Grundstück eröffnen. Auskünfte sind freilich auch dazu von keiner Seite zu bekommen.
Auch Esch äußert sich nicht zu dem schleppenden Verfahren. Aus seinem Haus heißt es lediglich, dass man grundsätzlich keine Presseauskünfte gebe. Auch eine schriftliche Anfrage blieb bislang unbeantwortet.
Esch für Messe, TV-Studios und Lanxess-Arena verantwortlich
Bekanntheit hat der Bauunternehmer unter anderem durch Kölner Großbauprojekte wie den Messehallen, Fernsehstudios und der Lanxess Arena erlangt, die unter anderem mit der traditionsreichen Bank Sal. Oppenheim verwirklicht wurden und die Ende 2012 in ein erstes spektakuläres Strafverfahren gegen Esch und weitere Beteiligte wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung mündeten. Er gilt als der zentrale Strippenzieher in einem einzigartigen Wirtschaftskrimi, in dem nicht nur das Bankhaus Oppenheim zu Fall gebracht wurde, sondern auch zahlreiche Superreiche große Teile ihres Vermögens verloren haben, darunter Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz.
Dennoch kam Esch am Ende mit einer Geldstrafe davon. Wie kein zweiter steht der Fall für den Kölschen Klüngel. Verarbeitet wurde er unter anderem in der sehenswerten Satire „Der König von Köln“, die die ARD erstmals 2019 ausstrahlte.
Dass sich Esch auch zum König von Aachen hocharbeiten könnte, scheint derzeit eher unwahrscheinlich. Doch das Grundstück an der Karl-Marx-Allee scheint nicht das einzige zu sein, auf das er es abgesehen hat. An der Stolberger Straße soll er bereits ein weiteres Bauprojekt planen.