1. Lokales
  2. Aachen

Neue Prognose: Jeder dritte Aachener mit einem ausländischen Pass?

Neue Prognose : Jeder dritte Aachener mit einem ausländischen Pass?

Erstmals haben Statistiker der Stadt Aachen eine fundierte Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2039 errechnet. Dabei geht es nicht nur um Wachstum.

Die Stadt wird deutlich bunter. Statistiker der Stadt Aachen – federführend Yvonne Debald (Abteilungsleiterin Strukturförderung) und Analyst Jochen Mistelbacher (Statistische Auswertung) – haben jetzt erstmals berechnet, wie sich die Bevölkerung der Kaiserstadt bis zum Jahr 2039 entwickelt. Dabei wurden drei Szenarien entwickelt, am wahrscheinlichsten gilt das Szenario „Medium“. Demnach wächst die Einwohnerzahl Aachens stetig, bis zum Jahr 2039 auf die – natürlich rein theoretisch exakte – Zahl 266.273.

Nach dem jüngsten Jahreswechsel 2022/2023 gab es laut Melderegister 262.040 Aachenerinnen und Aachener – davon 2481 mit Nebenwohnsitz. Derzeit haben 61.006 Menschen einen ausländischen Pass. Trifft die Prognose zu, wächst diese Gruppe laut der „Medium-Variante“ in den kommenden 16 Jahren auf 89.412 Menschen. Das entspräche einem Ausländeranteil von 33,6 Prozent. Jeder dritte Aachener besitzt dann einen ausländischen Pass. Derzeit trifft dies auf jeden vierten Bürger der Stadt zu.

„Das Prognosemodell basiert auf der sogenannten Kohorten-Komponenten-Methode: Gemäß der demographischen Grundgleichung werden fortlaufend einem nach Alter, Geschlecht und Bevölkerungsgruppe differenziertem Ausgangsbestand der Bevölkerung Geburten und Zuzüge zugeschrieben, und Sterbefälle und Fortzüge abgezogen“, erläutert Debald. Die Vorausberechnung gilt als wichtige Orientierungshilfe für die mittelfristige Infrastruktur- und Investitionsplanung der Stadt.

Experten in Sachen Statistik und Bevölkerungsprognose: Yvonne Debald und Jochen Mistelbacher.
Experten in Sachen Statistik und Bevölkerungsprognose: Yvonne Debald und Jochen Mistelbacher. Foto: MHA/Harald Krömer

Es gibt aber Unsicherheitsfaktoren: „Wie die letzten Jahre deutlich zeigen, können unvorhersehbare Veränderungen – also ,External Shocks‘ wie eine Pandemie oder eine Flüchtlingskrise – nicht berücksichtigt werden“, erklärt Mistelbacher.

Als Ausgangsbevölkerung für die Prognose hat man die Zahl der wohnberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt zum 31. Dezember 2021 mit 258.588 Personen gewählt. Diese Menschen wurden dann nach Alter (100 Altersjahrgänge), Geschlecht (männlich/weiblich) und Bevölkerungsgruppe (Deutsch-Ausländer) differenziert.

Dies ist beispielsweise wichtig, um künftige Geburten korrekt zu prognostizieren. Die Statistik- und Analyse-Profis erläutern dies anhand der Erfahrung, dass ausländische Frauen – rein rechnerisch – etwas mehr Kinder gebären als deutsche Frauen. „Während sich die Gesamtfruchtbarkeitsrate (TFR) der deutschen Frauen im gebärfähigen Alter konstant zwischen 1,2 und 1,3 Kindern bewegt, zeigt sich bei der TFR nicht-deutscher Frauen seit 2018 ein deutlicher Rückgang auf unter 1,4“, führen die Fachleute aus.

Leider sterben in Aachen deutlich mehr Menschen (letztes Jahrzehnt 2200 bis 2300 pro Jahr) als Neugeborene hinzukommen. Zudem wird davon ausgegangen, dass die Lebenserwartung der Menschen in Aachen bis 2039 bei Männern um zwei Jahre auf 81,4 Jahre steigt, bei Frauen um 1,7 Jahre auf durchschnittlich 85,5 Jahre.

Maßgeblich für die Bevölkerungsstruktur der Zukunft ist deswegen die Zuwanderung. Kämen weniger Menschen nach Aachen – Studierende, Fachkräfte, Geflüchtete –, würde die Gesamtbevölkerung schnell unter die Viertelmillion sinken. Dies wird aber nicht erwartet.

Maßgeblichen Anteil daran hat die Attraktivität Aachens als Universitäts- und Wirtschaftsstandort. „Hier zeigte sich – abgesehen von den Corona-Jahren 2020 und 2021 – ein hoher und beständiger Wanderungsüberschuss“, sagt Debald. Vorherige Analysen und Berechnungen der Kultusministerkonferenz gehen jedoch davon aus, dass die Studierendenzahlen in NRW bis zum Wintersemester 2023 noch steigen – danach bis 2030 aber um fünf Prozent sinken. Die Sache ist also insgesamt extrem komplex.

Das Fazit des Expertenteams nach der ersten Bevölkerungsprognose für die Kaiserstadt: „Sollten die Annahmen der Medium-Variante eintreffen, so wird die Stadt Aachen zwar auch den demographischen Prozess der Alterung der Bevölkerung mit einer absoluten Zunahme der Altersgruppen im Rentenalter durchlaufen, dennoch aber eine relativ junge, dynamische und bunte Stadt bleiben.“