Lange Warteschlangen vor der Eishalle : Impfchaos im Aachener Schneetreiben
Städteregion Aachen Frust und Frost an der Hubert-Wienen-Straße: Menschen müssen teils stundenlang für ihre Impfung am Impfzentrum der Städteregion Aachen am Dienstag anstehen. Gesundheitsdezernent Michael Ziemons sieht die Gründe bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.
Den erneuten Wintereinbruch nach Ostern hätte wohl niemand in der Region Aachen gebraucht – am allerwenigsten allerdings die Menschen, die am Dienstag im Schneetreiben und bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt an der Hubert-Wienen-Straße ausharren mussten. Sie alle standen an, um sich in der Aachener Eissporthalle gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
„Wir haben für 14.40 Uhr einen Termin bekommen, waren um 14.10 Uhr auf dem Parkplatz und haben uns ans Ende der Schlange eingereiht, das war am Kreisverkehr zur Albert-Servais-Allee“, berichtet einen Frau aus Eschweiler, die ihren Vater in die Aachener Soers begleitet. Um 15 Uhr haben die beiden ungefähr die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht. Der eigentliche Termin ist bereits verstrichen, der Eingang zur Eissporthalle noch nicht einmal in Sicht. Zum Glück sind die beiden, wie so viele an diesem Nachmittag, mit dicken Wintermänteln, Schals, Mützen und Regenschirmen ausgestattet.
„Wir waren ausgefroren“
Ähnliches berichtet auch eine Leserin aus Aachen, die bereits am Vormittag ihren Ehemann zu dessen Impftermin begleitet hatte: „Wir waren um 8.40 Uhr bestellt und haben 40 Minuten vor der Halle gestanden und waren ausgefroren, als wir schließlich drinnen waren“, schreibt die Leserin. „Ich bin entsetzt, wie man in Aachen mit alten und gebrechlichen Menschen umgeht, man lässt sie stundenlang draußen in eisiger Kälte warten.“
Rund 2500 Menschen sind nach Angaben der Städteregion Aachen am Dienstag geimpft worden – mit Astrazeneca und Biontech – und das Chaos, das es bereits am Ostermontag gegeben hatte, brach erneut aus. Vor den Feiertagen lief das Impfen von einer ähnlichen Menschenmenge noch total unproblematisch. Was ist passiert?
„Wir haben im Grunde vor Ort drei Probleme“, erklärt Michael Ziemons, Gesundheitsdezernent der Städteregion, auf Anfrage unserer Redaktion. Erstens habe die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV), die für die Terminvergabe zuständig ist, zu viele Termine in der Kernzeit von 8 bis 20 Uhr vergeben. „Genau das hatten wir vermeiden wollen, indem wir die Öffnungszeiten des Impfzentrums ausweiten, doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Callcentern haben sich daran nicht gehalten“, sagt Ziemons.
Zweitens hätten Mitarbeiter der KV Ehepaare auf einen Termin gebucht, auch wenn dafür eigentlich zwei separate Termine notwendig gewesen wären. „Zwei Menschen zu impfen dauert nun einmal länger als einen Menschen zu impfen“, sagt Ziemons.
Das dritte und mit Abstand ärgerlichste Problem sei jedoch, dass Menschen offenbar am Telefon erklärt worden sei, dass sie auch ohne Impftermin an die Eissporthalle kommen können. Vor Ort habe man diese Menschen dann abweisen müssen, was Diskussionen zur Folge hatte – und eine weitere Verlängerung der Schlange. „Das geht einfach nicht“, schimpft Ziemons und wiederholt: „Nur wer einen Termin hat, bekommt auch eine Spritze.“
Zu diesen drei Buchungsfehlern kämen Personalengpässe der KV vor Ort, sagt Ziemons. Bereits am Montag wurden mit Hilfe des Technischen Hilfswerks Zelte vor dem Eingang der Halle aufgestellt, um den Wartenden etwas Schutz vor dem Wetter zu bieten. Am Dienstag wurde ein Teil der Warteschlange ins Innere der Halle verlegt – einmal um die Eisfläche herum. Trotzdem gab es noch lange Schlangen bis zum Kreisverkehr. „Wir versuchen das mit Kräften der Städteregion aufzufangen. Doch wir werden dieser Menschenmassen einfach nicht Herr“, sagte Ziemons. Er könne den Frust und den Ärger der Leute gut nachvollziehen. Doch die Mitarbeiter der Städteregion vor Ort könnten am allerwenigsten für die Fehler, die an anderer Stelle gemacht werden.
Kein Termin verfällt
Im Hinblick auf die kommenden Tage rät Ziemons allen Menschen mit einem Impftermin, zwar pünktlich, aber nicht übermäßig früh zu kommen – auch wenn das durchaus verständlich sei. „Doch niemand muss Angst haben, dass sein Termin verfällt, nur weil er zu lange in der Schlange gestanden hat“, verspricht Ziemons. Diese Information stimmt die Menschen, die ihren Dienstagnachmittag im Schneetreibenin der Aachener Soers verbringen, nur bedingt versöhnlich.
„Naja, immerhin das“, sagt die Frau aus Eschweiler und ergänzt: „Wir sind ja froh, dass mein Vater einen Termin bekommen hat.“ Jetzt hofft sie allerdings, dass er sich nicht beim Warten auf seine Impfung eine Erkältung zugezogen hat.