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Komba-Warnstreik: Hunderte Menschen demonstrieren in Aachen für mehr Lohn

Komba-Warnstreik : Hunderte Menschen demonstrieren in Aachen für mehr Lohn

Streik im Öffentlichen Dienst: Beschäftigte ziehen durch Aachen

Nach der ersten erfolglosen Tarifverhandlung im öffentlichen Dienst fand am Freitag ein erster Warnstreiktag der Komba-Gewerkschaft statt. Mehrere hundert Menschen versammelten sich in Aachen.

Um kurz vor 10 Uhr war der Vorplatz am Aachener Hauptbahnhof bereits mit einer Menschenmenge in pinkfarbenen Westen gefüllt. Von weitem waren die Trillerpfeifen der rund 300 Anwesenden zu hören. Nach einer ersten erfolglosen Tarifverhandlungsrunde im öffentlichen Dienst hatte die Komba-Gewerkschaft für Freitag zu einem ersten Warnstreik aufgerufen.

Organisiert wurde dieser Streiktag samt Demozug und Kundgebung am Willy-Brandt-Platz von Streikleiter Andreas Fischer und seinem Team. Dieser zeigte sich mit der Resonanz zufrieden. Die Komba-Gewerkschaft fordert von den Arbeitgebern insgesamt 10,5 Prozent mehr Gehalt.

Das Mindeste, was sie akzeptieren würden, seien 500 Euro, sagte Fischer. „Wenn dies als Gehaltserhöhung umgesetzt werden sollte, dann macht das gerade in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen viel aus.“ Das seien in diesem Bereich 15 bis 16 Prozent mehr. Auch die Inflation und die Energiekrise würden besonders diese Besoldungsgruppen treffen, sagte der Streikleiter. Des Weiteren fordert die Gewerkschaft, das Auszubildenden-Entgelt um 200 Euro zu erhöhen, verbindliche Zusagen zu unbefristeten Übernahmen der Azubis und die Verlängerung des Tarifvertrags für Altersteilzeit, der zum 31. Dezember 2022 ausgelaufen ist. Zum Streik aufgerufen waren Beschäftigte der Stadt Aachen und der Städteregion Aachen.

Pünktlich um 10.15 Uhr folgte der Aufruf, sich für den Demozug aufzustellen und den Marsch über die Römerstraße zur Normaluhr und dann über die Heinrichsallee sowie Stiftstraße zum Willy-Brandt-Platz anzutreten. Mit Trillerpfeifen und Ratschen in der Komba-Farbe pink und Bannern zog die Gruppe Richtung Innenstadt.

Auf dem Weg dorthin wurden die Streikenden von vielen Aachenern beobachtet. Ein Mann, der mit seinem Auto an der Lothringerstraße an der Ampel stand, zeigte sich solidarisch. „Ich finde es gut, dass wir in Deutschland auf die Straße gehen und streiken können“, sagte er. Ihn ärgere es überhaupt nicht, an der Ampel warten zu müssen, bis der Demozug die Kreuzung passiert hat. Wenig später folgte die nächste Unterstützungsgeste: Ein Entsorgungsfahrzeug des Stadtbetriebs fuhr hupend die Wilhelmstraße hinauf und wurde sofort von den Anwesenden mit Jubelrufen und Pfiffen begrüßt, während sie ihren Weg in die Römerstraße fortsetzten.

Dort wartete Ursula Cohnen auf die Demonstrierenden – da ihr Sohn an dem Streik teilnehme, wie sie unserer Zeitung sagte. Die Aachenerin hat nach eigener Aussage vollstes Verständnis für die Streikenden – und das nicht nur, weil es ihr Kind betreffe. „Viele Gehälter sind bei der derzeitigen Inflation und Energiekrise einfach viel zu niedrig“, sagte sie. Alles werde teuer, aber der Lohn bleibe gleich. Ihrer Ansicht nach könne mancher Besserverdiener sich das Leben mit einem niedrigen Einkommen nicht vorstellen.

Bei der anschließenden Kundgebung am Willy-Brandt-Platz trat Volker Geyer ans Mikrofon. Der dbb-Tarifchef nimmt an den Verhandlungen in Potsdam teil und wird auch im Februar wieder vor Ort sein. Er übte deutlich Kritik an den Verhandlungspartnern. Besonders Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Karin Welge, Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber, kritisierte er. „Beide haben am Dienstag während der Verhandlungen von Respekt und Wertschätzung gesprochen, aber ich kann die Wörter nicht mehr hören“, sagte er. Beide Frauen würden die Arbeitnehmer von Bund und Kommunen regelmäßig loben, aber sobald es darum gehe, die Gehälter anzupassen, blieben sie stumm.

 „Genug gespart!“ lautete der Appell Hunderter Beschäftigter des Öffentlichen Dienstes, die am Freitag in den Warnstreik getreten sind.
„Genug gespart!“ lautete der Appell Hunderter Beschäftigter des Öffentlichen Dienstes, die am Freitag in den Warnstreik getreten sind. Foto: dmp press/Ralf Roeger

„Die Arbeitgeber-Seite lehnt Erhöhungen grundsätzlich ab und sagt, dass sich die Kommunen dies nicht leisten können“, sagte Geyer. Bundesweit gebe es 360.000 unbesetzte Stellen im öffentlichen Dienst, und der Fachkräftemangel sei auch dort ein Problem. Aber man brauche auch Geld, um für zukünftige Arbeitnehmer attraktiv zu sein. „Wir setzen jetzt zunächst auf die zweite Verhandlungsrunde. Wenn die auch kein Ergebnis bringt, werden wir den Druck weiter erhöhen.“ Den Streik bezeichnete er als starkes Zeichen der Solidarität und des Zusammenhaltes. Während der Rede Geyers und des anschließenden Grußwortes von Marcus Schallenberg brach die Menge regelmäßig in Jubel aus, den sie mit ihren Ratschen und Trillerpfeifen untermalten.

Marcus Schallenberg, Streikführer der Städteregion Aachen, nimmt nach eigenen Aussagen von der Demo in Aachen viel Energie mit in die nächste Verhandlungsrunde in Potsdam. Er habe deutlich den Ärger und Frust der anwesenden Kolleginnen und Kollegen über die aktuelle Situation und das Ausbleiben eines Angebots von der Arbeitgeberseite gespürt.

Zu spüren war der Warnstreik am Freitag nicht nur rund um Hauptbahnhof und Willy-Brandt-Platz. Augenscheinlich waren dessen Auswirkungen vor allem in den Außenbezirken. Weil viele Beschäftigte des Aachener Stadtbetriebs die Arbeit niederlegten, blieben die Mülltonnen dort ungeleert am Straßenrand stehen. Eine Nachleerung erfolgt laut Stadt erst am Samstag, 4. Februar. „Eventuell anfallender Überhangmüll darf in diesen Fällen in handelsüblichen Abfallsäcken zur normalen Abfallsammlung dazugestellt werden“, teilte die Stadt in einer Pressemitteilung mit.

Auch in den mehr als 50 Kitas der Stadt Aachen kam es zu Einschränkungen. Drei Kitas waren nach Informationen der Stadt komplett geschlossen, drei weitere Kitas habe der Fachbereich nicht erreicht. Sie wurden demnach offenbar ebenfalls bestreikt. Zwölf Kitas hatten nur eingeschränkt geöffnet, in 38 Kitas galt Normalbetrieb.

Überwiegend regulär geöffnet waren die Bezirksämter. Lediglich in Brand mussten Termine beim Pass- und Meldewesen abgesagt werden, teilte Björn Gürtler vom städtischen Presseamt mit. Zu Einschränkungen kam es auch beim Servicecenter Call Aachen und in den städtischen Schwimmhallen. Die Städteregion Aachen hatte bereits am Vortag mitgeteilt, dass die Kfz-Zulassungsstelle in Würselen am Freitag komplett geschlossen sein werde.

Apropos Kfz: Wer sein Auto am Freitag ohne gültiges Parkticket in Aachen am Straßenrand abstellte, könnte ausnahmsweise glimpflich davongekommen sein. Wie das Presseamt der Stadt auf Anfrage mitteilte, beteiligten sich bei den „Überwachungskräften im ruhenden Verkehr“ – sprich: den Politessen – verhältnismäßig viele Kolleginnen und Kollegen am Warnstreik.

Weitere Knöllchen-freie Tage könnten folgen. „Wir planen bis zur nächsten Tarifrunde am 22. und 23. Februar sowohl in Aachen als auch bundesweit weitere Aktionen – größere und kleinere“, kündigte Komba-Streikführer Fischer am Freitag an.