Streit um Immobilie in der Oppenhoffallee : GWG-Haus an Kölner Unternehmen verkauft
Aachen Nach monatelangem Tauziehen um den geplanten Verkauf des GWG-Hauses in der Oppenhoffallee 8 sind jetzt Fakten geschaffen: Das Objekt, das sich bislang im Besitz der städteregionalen Wohnungsbaugesellschaft befand, ist an ein Kölner Unternehmen veräußert worden.
Die vorweihnachtliche Ruhe hinter der frisch renovierten Fassade an der Oppenhoffallee 8 trügt. Das Zehn-Parteien-Haus im Frankenberger Viertel ist in den vergangenen Monaten bekanntlich in die Schlagzeilen geraten, weil dessen bisherige Besitzerin, die städteregionale Wohnungsbaugesellschaft GWG, es zum Verkauf auf dem freien Markt angeboten hat. Inzwischen ist die Transaktion vollzogen, wie die Städteregion auf Nachfrage mitteilte. Und die Befürchtungen der Verkaufsgegner haben sich bestätigt.
„Man hätte zumindest dafür sorgen können, dass bei der Ausschreibung soziale Kriterien wie etwa eine Mietpreisbindung zugrunde gelegt werden, um nicht weiteren Luxussanierungen Tür und Tor zu öffnen“, zürnt Mathias Dopatka, Vorsitzender der Aachener SPD und Mitglied der hiesigen Ratsfraktion. „Es wäre kein Problem gewesen, das Verfahren noch einmal zu stoppen, um den Politikern im Städteregionstag eine Möglichkeit zu geben, die Ausschreibung um entsprechende Klauseln zu ergänzen“, meint er.
Gemeinsam mit den Bewohnern des Hauses, die sich zwischenzeitlich sogar in einem eigenen Verein zusammengeschlossen haben, hatte Dopatka alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Aachener Gewoge zwecks Übernahme der Immobilie ins Boot zu holen. Tatsächlich veranlasste Städteregionsrat Tim Grüttemeier als GWG-Aufsichtsratsvorsitzender daraufhin, dass die Ausschreibungsfrist um einige Wochen verlängert wurde, so dass auch die Stadt Aachen als Mehrheitseignerin der Gewoge ein Angebot unterbreiten konnte. Vor der entscheidenden Sitzung des Aufsichtsrats Ende Oktober wurden zudem über 1000 Unterschriften überreicht, um einen Zuschlag zugunsten des städtischen Unternehmens zu forcieren.
„Nicht einmal geantwortet“
„Bis heute hat Herr Grüttemeier uns darauf nicht einmal geantwortet“, bedauert Susanne Gerke im Namen der Bewohner. Stattdessen sei der Beschluss quasi auf dem kleinen Dienstweg dann doch noch der GWG-Gesellschafterversammlung übertragen worden. Dopatka und seine Mitstreiter vermuten nun, dass damit die politischen Mehrheiten im Sinne eines Verkaufs an den Meistbietenden gewährleistet werden sollten. Überdies sei die Beschlussfassung überraschend in Herzogenrath erfolgt. „Damit sollten wohl weitere Protestaktionen vor der Verwaltungszentrale der Städteregion in der Zollernstraße verhindert werden“, argwöhnt Dopatka.
Grüttemeier weist die Vorwürfe der Verkaufsgegner in Gestalt einer ausführlichen Stellungnahme durch die Pressestelle der Städteregion allerdings erneut zurück. Nach den einschlägigen Bestimmungen sei eine Einbeziehung sowohl des Aufsichtsrates als auch der Gesellschafterversammlung in jedem Fall erforderlich gewesen: „In beiden Gremien, die in gemeinsamer Sitzung beraten und danach getrennt voneinander abgestimmt haben, gab es jeweils eine deutliche Mehrheit für den Beschluss der Geschäftsführung.“
Die Verlegung der Sitzung sei allein durch die aktuellen Corona-Bestimmungen zur Einhaltung von Mindestabständen veranlasst gewesen. Im Übrigen wird einmal mehr mit Nachdruck betont, dass man im Ausschreibungsverfahren zwingend an die einschlägigen Vorgaben aus EU-, Kommunal und Steuerrecht gebunden gewesen sei. Eine Art „Vorfahrtsregelung“ für städtische Gesellschaften zu schaffen, wäre demnach einer „Diskriminierung“ anderer Kaufinteressenten gleichgekommen. Und die hätten somit sehr wohl auf dem Klageweg gegen die Entscheidung vorgehen können – zumal auch die Gewoge sich in Teilen im Besitz privater Aktionäre befinde. Die juristischen Vorgaben seien dem GWG-Aufsichtsrat noch einmal „von einer renommierten Kanzlei aus Düsseldorf erläutert“ worden.
Grüttemeier weist allerdings auch darauf hin, dass die Stadt Aachen einer Verdrängung weniger gut betuchter Mieter in einzelnen Stadtteilen prinzipiell durch eine sogenannte Milieuschutzsatzung Einhalt gebieten könne. Die Voraussetzungen dafür seien im Frankenberger Viertel jedoch keineswegs gegeben. Kurzum: Im einschlägigen EU-Recht sei verbindlich festgelegt, dass hier „das höchste Angebot das einzig maßgebliche Kriterium für die Auswahl des Käufers“ bleiben müsse.Die Stadt Aachen habe sich in der Bieterliste derweil nicht unter den Top 20 befunden. Immerhin: „Gegebenenfalls“ werde die GWG weiter als Verwalterin des Hauses Oppenhoffallee eingebunden. Auch eine Aufteilung des Objektes in Eigentumswohnungen sei „nicht vorgesehen“.
Grundsatzdebatte gefordert
Sebastian Breuer, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen im Aachener Rat, betont: „Auch wir haben uns dafür eingesetzt, dass die GWG ihrer sozialen Verantwortung hier gerecht wird, statt die Preisspirale beim Verkauf des Hauses weiter anzuheizen.“ Gemeinsam mit der SPD-Fraktion im Stadtrat hatten die Aachener Grünen die GWG seinerzeit in der Tat aufgefordert, das Bieterverfahren zu stoppen und der Stadt eine Art Vorkaufsrecht einzuräumen. Auch Gisela Nacken, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Städteregionstag, glaubt indes nicht, dass dies durch einen entsprechenden Beschluss des Altkreis-Parlaments mit Unterstützung der dortigen Koalitionspartner aus der CDU erreicht worden wäre. „Auch das hätte an der Entscheidung für einen ,freien‘ Verkauf sicher nichts geändert.“
Dopatka will nun dennoch weiter darauf hinwirken, dass sich vergleichbare Transaktionen, die im Zweifel zu Lasten weniger gut betuchter Mieter gehen könnten, nicht wiederholen. „Wir wollen das jetzt auch im Städteregionstag unbedingt grundsätzlich zur Debatte stellen.“