Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
Die Debatte um gendergerechte Sprache ist auch in der Kommunalpolitk nicht neu. Aber spätestens, seit in offiziellen Verlautbarungen der Verwaltung konsequent mit Sternchen gegendert wird, nimmt die Diskussion wieder Fahrt auf. Im Rahmen unserer Gender-Serie haben wir dazu Vertreter der Ratsfraktionen befragt.
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Für uns ist es selbstverständlich, dass unsere Fraktion eine Politik für alle Geschlechter macht. Daher möchten wir auch in unserer Sprache alle Menschen gleichermaßen ansprechen und die Interessen aller deutlich machen. Auch die neue Bundesregierung unter Mitwirkung der Grünen hat sich zu dem Thema ja einiges vorgenommen: z. B. einen Genderaktionsplan für die Entwicklungspolitik, die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5, die Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes, geschlechtsbezogene Unterschiede in der medizinischen Versorgung stärker berücksichtigen und Gendermedizin als Teil der medizinischen Ausbildung verankern.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Wir freuen uns, dass nun von der Verwaltung alle Geschlechter angesprochen werden und damit auch die Beteiligung von Frauen und nicht-binären Menschen sichtbar gemacht wird – also von Menschen, die sich nicht als „nur Mann“ oder „nur Frau“ fühlen. Da Sprache unser Denken und Handeln stark beeinflusst, sehen wir einen positiven Effekt auf die Geschlechtergerechtigkeit in unserer Stadt. Entscheidend ist der Punkt Kommunikation für „alle Geschlechter“. Natürlich betrifft das auch die Rechte und die Gleichstellung von Frauen, aber eben auch das Anerkennen sehr unterschiedlicher Geschlechteridentitäten. Die Ausrichtung von Verwaltungssprache – auch politischer Sprache – ist eine Anerkennung dieser sehr realen Lebenswelten, das ist das Entscheidende.
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Wir verwenden, wie bei den Grünen üblich, in der Regel den Genderstern. Der Gedanke dahinter ist, dass die vielen „Sternspitzen“ verschiedene Geschlechtsidentitäten symbolisieren. Außerdem ist diese Variante weit verbreitet, so dass Hersteller*innen von Screenreadern für blinde Menschen ihre Software darauf anpassen sollten. Die Grünen legen schon seit sehr langer Zeit Wert auf gendergerechte Sprache. Zur Nutzung des Gendersternchens gibt es seit dem Jahr 2015 einen Beschluss der Grünen-Partei auf Bundesebene.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Ich finde es gut und wichtig, dass wir klar machen, dass geschlechtergerechte Sprache Bilder erzeugt und beeinflusst, was sich z. B. Mädchen im Kindergarten als Beruf vorstellen können, aber auch sichtbar macht, was Frauen in unserer Gesellschaft leisten. Die Debatte über geschlechtergerechte Sprache wird aber in letzter Zeit von konservativen Kräften immer wieder als Ablenkdebatte geführt. Es ist sehr einfach und bedarf keiner großen intellektuellen Anstrengung oder ausgeprägter empathischer Fähigkeiten, sich über geschlechtergerechte Sprache lustig zu machen oder das Thema klein zu reden. Eine inhaltliche Debatte fordert da den Menschen schon mehr ab: Viel lieber würde ich daher zum Beispiel über bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege oder die Abschaffung des abhängig machenden Ehegattensplittings debattieren. Damit wäre vielen Frauen mehr geholfen, das kommt mir aktuell in der Debatte zu kurz.
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Sicherlich spielen Fragen der Gleichstellung auch in der Kommunalpolitik eine Rolle. In Aachen ist es uns schon in vielen Bereichen gelungen, echte Gleichstellung zu einem selbstverständlichen Teil des Alltags werden zu lassen. In Bereichen, in denen noch Handlungsbedarf besteht, werden wir weiter darauf hinarbeiten. Gendern alleine schafft aber keine gerechtere Welt. Wir müssen die Veränderung auch leben. Eine emotionale Debatte über gendergerechte Sprache ist da eher hinderlich.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Der Rat für die deutsche Rechtschreibung empfiehlt die Verwendung des Gendersternchens nicht. Diese Empfehlung folgt der Überlegung, dass die Schriftsprache gut lesbar und verständlich sein sollte. Verwaltungsschreiben sind ohnehin für viele Menschen manchmal nur schwer zu verstehen. Das Gender-Sternchen baut noch eine zusätzliche Hürde auf. Die hinter der Einführung des Gendersternchens stehende Idee, Gleichstellung und Inklusion weiter zu fördern, ist völlig richtig. Zur Erreichung dieser Ziele bedarf es jedoch eines gesellschaftspolitischen Diskurses und darauf aufbauender gesellschaftlicher Entwicklungen. Dabei handelt es sich um langfristige, dynamische Prozesse. Sie können nicht durch Sprachregelungen für die Verwaltungsmitarbeitenden vorweggenommen werden.
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Die CDU-Fraktion schreibt ihren Mitgliedern nicht vor, wie sie zu reden oder zu schreiben haben. In den Veröffentlichungen unserer Fraktion halten wir uns an die Regeln des Rechtschreibrates und verwenden keine Gendersternchen. Natürlich bemühen wir uns um eine inklusive Sprache. Wir suchen häufig nach geschlechtsneutralen Formulierungen. Teilweise verwenden wir sowohl die weibliche als auch die männliche Form. Aus Gründen der Verständlichkeit und der Lesbarkeit verbleibt es gelegentlich auch beim generischen Maskulinum. Bisher gab es auch noch keine Beschwerden darüber, dass sich jemand sprachlich ausgegrenzt gefühlt hätte.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Sprache ist Ausdruck der individuellen Persönlichkeit. Während die einen beim Reden und Schreiben besonderen Wert auf ihr persönliches Verständnis von Political Correctness legen, geht es anderen eher um Verständlichkeit, Lesbarkeit oder Ästhetik. Dies ist auch von der spezifischen Situation der Äußerung und dem Empfänger abhängig. Vorgaben, wie man zu sprechen und zu schreiben habe, halten wir daher für unangemessen. Mit Blick auf die Genderdebatte täte uns allen ein bisschen mehr Gelassenheit gut. Als die Anglizismen Einzug in unsere Sprache nahmen, war die Aufregung anfangs groß. Mittlerweile stört sich niemand mehr an Worten wie chatten, Meeting, usw. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Was sich im Sprachgebrauch durchsetzen wird, entscheiden am Ende wir selbst.
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Die Frage der Gleichberechtigung aller Geschlechter ist für uns eine Querschnittsaufgabe, die in allen Themenfeldern gleichermaßen mitzudenken ist.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Sprache prägt Gesellschaft. Wir begrüßen jeden relevanten Schritt in Richtung der Gleichberechtigung der Geschlechter.
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Die SPD-Fraktion nutzt in der Regel die Schreibweise mit „:“. Diesbezüglich gibt es keinen Beschluss. Wir halten es nicht für möglich oder dem Ziel der Gleichberechtigung dienlich, Menschen zu einem vorgegebenen Sprachgebrauch zu zwingen.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Gesellschaft prägt Sprache. Insofern ist eine Debatte darüber nie falsch. Die derzeit erzeugte Debatte halten wir für merkwürdig deplatziert in Anbetracht der drängenden Herausforderungen unserer Stadt: Corona, Mietenexplosion, Innenstadtentwicklung, Verkehrschaos und die fehlenden Kitaplätze.
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Gendern und die Debatte über das Gendern sind uns wichtig, weil wir möchten, dass niemand ausgeschlossen wird weder in der Sprache noch im richtigen Leben oder einfach nur „mitgemeint“ ist. Wir benutzen in unserer Korrespondenz gendergerechte Sprache.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Wir sehen das als einen Erfolg und wichtiges Zeichen. Durch diese Form werden alle unsere Mitbürger*innen angesprochen, unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Identität.
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Die Sternchenform wurde nicht grundlos von der Stadtverwaltung gewählt. Während das Binnen-I lediglich das weibliche Geschlecht dem männlichen hinzufügt, soll das Sternchen alle weiteren Formen mit einbinden. Ob sich dadurch alle gleichermaßen angesprochen fühlen, können wir nicht beurteilen. Dies liegt auch im individuellen Empfinden der einzelnen Personen. Einen Fraktionsbeschluss gibt es dazu nicht. Es hat sich in der Fraktion etabliert, dass wir mit „*“ gendern. Wir verurteilen auch keine Menschen, die nicht „gendern“ und wollen es anderen Menschen nicht aufzwingen. Das Wichtigste für uns, ist, dass überhaupt eine gendergerechte Sprache benutzt wird. Es gibt auch Personen, die den Doppelpunkt als Genderform bevorzugen.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Wir halten sie für angemessen. Wir sind froh, dass sie in der gebotenen Ernsthaftigkeit endlich geführt wird. Diese ist speziell wichtig, um den Fokus auf die leider noch bestehende Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern zu betonen. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass die Debatte meistens von Menschen emotionalisiert wird, die gegen das Gendern sind.
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Die Genderdebatte muss in einem größeren Kontext gesehen werden. Wenn nur noch über Gendersternchen berichtet wird, werden bedeutende gesellschaftspolitische Themen vernachlässigt. Wichtig ist die Diskussion über: Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit (Thema: Gender-Gap), Altersarmut von Frauen, Übergriffe am Arbeitsplatz, Gewalt gegen FLINT-Personen, fehlende Schutzräume, Unterstützung von Karriere- und Familienplanung, gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen, Aufbrechen von verkrusteten Strukturen … Der Fortschritt unserer Gesellschaft hängt nicht am Gendersternchen, sondern daran, dass die Allgemeinheit die oben genannten Themen nachvollziehen kann.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Zuerst schauen wir auf den Inhalt der Vorlagen der Stadtverwaltung, dann auf die Form. Der Duden hat sich ja auch bereits vom generischen Maskulinum verabschiedet … wobei manche neue Kreationen abenteuerlich wirken. Das sollten aber letztlich Sprachwissenschaftler*innen und der Rat für deutsche Rechtschreibung entscheiden. Eine genderoffene Schreibweise darf nicht zu kaum noch lesbaren Wort- und Satzkonstruktionen führen. Dies ist der Verwaltung bisher gelungen.
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Wir versuchen immer, Personen direkt anzusprechen. Die aktuelle öffentliche Diskussion sehen wir auch als Chance darüber nachzudenken, warum Geschlecht immer noch eine so zentrale Kategorie menschlicher Wahrnehmungen ist. Sprache ist ein machtvolles Instrument. Sie stellt nicht nur dar, sondern sie formt auch die Wirklichkeit und hat Einfluss auf unser Handeln. Deshalb hat sich unsere Fraktion mit den verschiedenen Vorschlägen befasst. Wichtig ist uns, an erster Stelle sprachlich respektvoll zu handeln und als liberale Partei diskriminierungsfrei zu agieren.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Ich halte die Debatte für zu einseitig. Momentan überlagert die Diskussion über die Form die notwendigere über den Inhalt (siehe Antwort 1)!
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
1. Welchen Stellenwert hat für Sie/Ihre Fraktion die Genderdebatte in Ihrer kommunalpolitischen Arbeit?
Der Einfluss von Sprache auf unsere Wahrnehmung ist wissenschaftlich belegt und Gender-gerechte Sprache ist für unsere Fraktion eine Selbstverständlichkeit. Die Debatte darf jedoch nicht darin verharren, welchen Sprachgebrauch wir pflegen. Sie muss dazu beitragen, dass die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung der Geschlechter in allen Lebensbereichen endlich Realität wird.
2. Wie beurteilen Sie/Ihre Fraktion die stringente Verwendung des Gendersternchens in allen Schriftstücken der Stadtverwaltung?
Für uns ist die Gender-gerechte Sprache in den Schriftstücken der Verwaltung konsequent, da sie das Selbstverständnis und die Leitsätze der Stadt Aachen unterstreicht (u.a. Wir leben Vielfalt, unabhängig von kultureller und sozialer Herkunft, Alter, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Geschlecht, sexueller Orientierung und Identität).
3. Welche Form der Genderisierung im schriftlichen bzw. mündlichen Ausdruck favorisieren Sie? Gibt es darüber eine Diskussion oder einen Beschluss innerhalb Ihrer Fraktion?
Im Schriftverkehr bevorzuge ich das Gender-Sternchen, im mündlichen Ausdruck verwende ich aktuell noch lieber die klassische Form des Genderns, z.B. Bürgerinnen und Bürger. Eine Diskussion oder gar einen Beschluss gibt es in unserer Fraktion dazu nicht, da das Thema für uns völlig unstrittig ist.
4. Halten Sie die Debatte um Genderisierung in der Sprache für a) angemessen, b) übertrieben oder c) noch nicht ausgeprägt genug?
Antwort a); Sprache unterliegt gesellschaftlichen Normen, ist aber auch Teil der individuellen Ausdrucksform. Änderungen des Sprachgebrauchs stoßen daher zwangsläufig Diskussionen an, die im günstigsten Fall zur Überprüfung von Denkmustern führen
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Wie ist die Haltung der Fraktionen im Aachener Stadtrat?
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