1. Lokales
  2. Aachen

Glossiert: Ferien machen in der Naturidylle Aachener Bushof!

Glossiert : Ferien machen in der Naturidylle Aachener Bushof!

Kein Aprilscherz! Die Stadt Aachen findet ihren Bushof so schön, dass man dort sogar Urlaub machen sollte! Das ist es wert, einmal genauer betrachtet zu werden...

„Können wir nicht bringen“, sagt der Kollege. Aus Prinzip. „Wir veröffentlichen keine Aprilscherze.“ Berichterstattung ist und bleibt seriös. Scherzkeks-Sein überlassen wir anderen. Recht so!

Also könnte man an dieser Stelle enden.

Wenn, ja wenn die Mail, die sich soeben ihren Platz im digitalen Postfach eroberte, tatsächlich am 1. April abgeschickt wäre. Ist sie aber nicht. Sondern Ende März. Also kein Aprilscherz? Wohl nicht. Wir bringen es also doch. Auch wenn es wie ein Aprilscherz anmutet.

Man muss schon zweimal hinschauen. Die Überschrift der städtischen Einladung lautet: „Urlaub am Bushof“. Nun handelt es sich wohlgemerkt nicht um den Bushof in Meran oder auf den Seychellen, sondern ganz eindeutig um den Bushof in Aachen.

Der ist, so heißt es, „ein wichtiger Teil der Aachener Innenstadt“. Dem will man nicht widersprechen. Weil da nämlich, sofern nicht gestreikt wird, Busse halten und auch wieder abfahren. Was wichtig ist.

Ja, werden Sie sagen, da gibt es doch noch eine andere Seite dieser Medaille. Richtig. Der Bushof ist mit Abstand eines der hässlichsten Gebäude der Stadt, ist ein Kriminalitätsschwerpunkt, ein Angstraum, wie es im sozialpsychologischen Jargon richtigerweise heißt. Wenn da nicht, sofern nicht gestreikt wird, Busse halten und wieder abfahren würden, würde sich kein Mensch dort freiwillig aufhalten.

Was natürlich auch der Stadt nicht verborgen geblieben ist. Daher gibt es seit vier Jahren eine „Koordinierungsstelle Bushof“, die sich – Zitat – „um die Aufwertung dieses Bereichs“ kümmert. Wir wollen den rührigen Menschen nicht das ernsthafte Bemühen absprechen, nicht ihre kleinen Erfolge gering schätzen, nicht ihre Ideale in den Wind schreiben. Wir halten nur fest: Direkt gegenüber dem Bushof wurde jetzt eine als „gemeinsame Anlaufstelle“ verbrämte gemeinsame Wache von Polizei und Stadt Aachen eröffnet. Machen die da jetzt Urlaub?

Am 5. und 6. Mai soll genau das möglich sein. Denn besagtes Netzwerk zur Idealisierung der Bushofszene verlost für dieses Wochenende – und jetzt halten Sie sich lieber fest – einen „Bushof-Stadtteil-Trip mit viel urbanem Charme“! Inklusive zwei Übernachtungen in der Wagenhalle des Bushofs... sorry, das ist natürlich Quatsch. Es geht zum einmaligen Pennen dann doch ins benachbarte Hotel. Weiter winken Einkaufsgutscheine für den hochwertigen Handel und ebensolches Gewerbe rund um den Bushof, für Gastronomie und Veranstaltungen.

Urlaub am Bushof. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen. Aber irgendwie will sich mehr als ein fader Beigeschmack (noch) nicht einstellen. Wie soll dieser Urlaub aussehen? Als Überlebenstraining vielleicht? Raus aus dem Hotel, direkt zur Rückseite des Bushofs, am besten im Dunkeln. Damit es gruselig wird bei Anblick von Handel und Gewerbe. Vorher vielleicht Shopping im Kiosk um die Ecke. Dosenbier mit Chips (Paprika oder gesalzen).

Als von der Stadt angepriesene „Veranstaltung“ könnte man sich zum Beispiel „Weglaufen vor Taschendieben“ denken. Wer zuerst zurück im Hotel ist, hat gewonnen. Oder – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit – man nimmt ein Sonnenbad auf dem Dach des Bushofs. den Pool muss man sich denken, aber man kann zumindest auf die Polizei gegenüber schauen. Die passt nämlich auf, dass niemand zu Schaden kommt: beim Urlaub am Bushof.

In diesem Sinne: schöne Ferien!