Brief an Aachener Initiatoren : Entscheidung über A544-Ersatzbrücke gefallen
Aachen/Würselen Die Antwort des Ministeriums zu einer abgespeckten A544-Ersatzbrücke während der Sperrung liegt vor. Und der Blick eines RWTH-Massivbauexperten in die aktuellen Brückengutachten verheißt wenig Gutes.
Das Bundesverkehrsministerium hat das von Unternehmern und RWTH-Wissenschaftlern vorgelegte Alternativkonzept für eine A544-Ersatzbrücke abgelehnt. Das teilte das Ministerium in einem Brief an den Spediteur Tim Hammer mit, der einer der beteiligten Unternehmer ist. Auch der Massivbauexperte Prof. Josef Hegger von der RWTH Aachen hat nach Einsicht in Brückengutachten keine guten Nachrichten. Der Zustand der Haarbachtalbrücke sei „extrem schlecht“, eine verlässliche Neuberechnung einer möglicherweise längeren Lebensdauer „unmöglich“.
Vorgeschlagen worden war von den Aachenern der Bau einer Ersatzbrücke unterhalb der A544 entweder auf einem niedrigen Damm oder den Stelzen der eigentlich geplanten und genehmigten Ersatzbrücke. Sie sollte von der Fahrbahn aus ins Tal hinunter gebaut werden. Das Ministerium sieht in den für die Alternative erforderlichen Planänderungen und -ergänzungen „einen erheblichen Umwelteingriff in das sensible Haarbachtal“. Neue Genehmigungsverfahren aber „zögen eine nicht absehbare Verschiebung des dringend notwendigen Ersatzneubaus nach sich“, heißt es im Brief aus dem Ministerium. „Aufgrund der damit verbundenen Termin-, Verkehrs- und Verfahrensrisiken wird die Autobahn GmbH des Bundes das erwogene Alternativkonzept daher nicht weiterverfolgen.“
Für problematisch werden Baudetails des Alternativvorschlags gehalten. „Wir laufen Gefahr, dass wir etwas bauen, das eine neue Genehmigung braucht“, sagt Athanasios Mpasios, Verantwortlicher bei der Autobahngesellschaft. Als ein Beispiel nennt er einen 500-Tonnen-Kran, der am Ende ins Landschaftsschutzgebiet müsste, um die Ersatzbrückenteile einzuheben. Der Bau ohne rechtliche Prüfung sei riskant. Klagen drohten. Ein formales Baurechtsverfahren aber dauere mindestens zwei Jahre, sagt Mpasios. Bis dahin sei die tatsächliche A544-Brücke fertig. Sie soll ab Januar 2024 in 22 Monaten gebaut werden.
Die Initiatoren des Alternativvorschlags sehen die Zwänge der Autobahn GmbH: „Die Vorgabe vom Verkehrsministerium, 400 Brücken pro Jahr zu erneuern, ist mit dem aktuellen Planungsrecht nicht zu schaffen“, sagt der Massivbau-Experte Hegger. Ein Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren liegt seit November vor. In der Expertenanhörung in der vorigen Woche forderte der Autobahn-Chef Stephan Krenz klare Stichtagsregelungen für Einwendungen und eine Einschränkung der Klagewege. Doch noch ist es nicht so weit.
Im Fall der A544-Brücke hatten die Unternehmer und Wissenschaftler gehofft, durch eine Neubewertung des Brückenzustands Zeit zu gewinnen. Nach einem Blick in die alten Konstruktionspläne und die aktuellen Prüfgutachten sagt Hegger aber: „Da ist nicht mehr viel Aufschub möglich.“
Ein von ihm für das Bundesverkehrsministerium mit entwickeltes aufwendiges Berechnungsverfahren zur Lebensdauer von Straßenbrücken könne nicht mehr angewandt werden. Dafür benötige man genaue Angaben zur aktuellen Materialfestigkeit der einzelnen Brückenbestandteile, sagt er. Seriös sei dazu bei der Haarbachtalbrücke aber keine Aussage mehr zu treffen, denn der verwendete Spannstahl aus den 1950er Jahren versage, ohne dass sich das vorher ankündige. Dann zeigten sich plötzlich Risse, wie an der A544 zu beobachten. „Eine verlässliche Neuberechnung der Lebensdauer ist auf dieser Basis nicht möglich.“ Ein wenig Aufschub könne nur ein sofortiges Lkw-Fahrverbot bringen.
Die Unternehmer sind wenig erfreut über diese Nachrichten. Die massiven Staus während der A544-Vollsperrung würden hohe volkswirtschaftliche Kosten auslösen und seien angesichts des damit verbundenen höheren CO2-Ausstoßes „alles andere als umweltfreundlich“, sagt Klaus Pavel von Rheinnadel Automation. „Wir geben noch nicht auf“, sagt Hammer-Prokurist Holger Ortwig. Man müsse jetzt mit der Stadt ergebnisoffen darüber reden, wie man den Abbruch der alten Brücke beschleunigen könne, sagt Hegger. So könne man die Bauzeit insgesamt verkürzen.