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Lebensgefahr: Die gefährlichen „Schlafplätze“ von Obdachlosen in Aachen

Lebensgefahr : Die gefährlichen „Schlafplätze“ von Obdachlosen in Aachen

Dass noch kein schlafender Obdachloser von einem Autofahrer in einer Apag-Tiefgarage überrollt wurde, ist reines Glück. Nacht für Nacht suchen Menschen in Parkhäusern Schutz vor Kälte und Nässe, legen sich vor oder sogar unter Autos.

Es ist dunkel, dreckig und lebensgefährlich: Nacht für Nacht suchen Obdachlose in Aachener Parkhäusern Schutz vor Kälte und Nässe, legen sich vor oder sogar unter Autos. Dass noch niemand von ein- oder ausparkenden Autofahrerinnen und -fahrern überrollt wurde, ist offenbar reine Glückssache.

Besonders betroffen scheint das Parkhaus Couvenstraße unter dem Bushof und in der Nähe der Kirche St. Peter, die seit Monaten eine Anlaufstelle für Nichtsesshafte, Alkoholkranke und Drogenabhängige ist. Die Hinweise schockierter Pkw-Fahrer häufen sich. Dabei hat die Aachener Parkhaus GmbH nach eigenen Angaben rund 500 Kameras in ihren Parkhäusern im Einsatz, die für Sicherheit sorgen sollen.

Das Problem besteht offenbar darin, dass man die vorliegenden Bilder kaum alle im Blick halten kann – und es kaum Konsequenzen für die Obdachlosen gibt. „Im Winter nimmt die Zahl der Menschen zu, die in den Parkhäusern einen Rückzugsort suchen; sei es, um zu schlafen, oder leider auch, um Drogen zu konsumieren. Es kommt vor, dass sie sich vor die Autos in die Nähe des Motors legen“, bestätigt Apag-Sprecher Paul Heesel auf Anfrage.

Aufgesucht werden vor allem die unteren Etagen der Tiefgaragen; dort liegt die Lufttemperatur zuweilen auch im Winter noch bei rund 20 Grad Celsius; ganz abgesehen von unmittelbarer Motorabwärme „frisch“ abgestellter Fahrzeuge. „Das ist natürlich gefährlich, weil diese Menschen übersehen werden können. Bisher ist glücklicherweise noch nichts passiert“, sagt Heesel.

Wenn jemand zwischen den Autos oder davor liege, sei es gut möglich, dass er von den Kameras nicht erfasst wird. „Wer sich gut auskennt, sucht bevorzugt Ecken, in die er sich ungesehen zurückziehen kann“, erklärt er. Und räumt ein: „Die Bilder der vielen Kameras können nicht so ausgewertet werden, dass jede Person registriert wird, die ein Parkhaus betritt.“ Oft sei nicht eindeutig, ob es sich um einen Kunden oder einen Obdachlosen handelt.

Belastend sind zudem Straftaten: „Insbesondere im Rahmen von Beschaffungskriminalität werden in den Parkhäusern auch Autos aufgebrochen“, sagt der Apag-Sprecher. Die Polizei werte dann im Nachgang die Videodaten aus – mit ungewissem Ausgang. Selbst wenn die Polizei vom Apag-Sicherheitsdienst bei aggressiver Klientel hinzugerufen werde, kehrten die Leute oft trotzdem wieder zurück.

„Wer eines Parkhauses verwiesen wird, kann durch einen anderen Eingang wieder reinkommen. Hausverbote werden missachtet, Strafanträge führen nicht immer zu Verurteilungen, und Strafen haben oft keine abschreckende Wirkung“, stellt Heesel fest. Obdachlosigkeit und Sucht seien eben „gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, die sich trotz aller Bemühungen der Apag auch in unseren Parkhäusern spiegeln“.

Gleichwohl versucht die Apag, dem Negativ-Trend entgegenzuwirken. „Wir arbeiten mit der Caritas zusammen, um Betroffenen persönlich zu helfen und die Ursachen von Obdachlosigkeit und Sucht anzugehen“, erläutert Heesel. Dabei gehe es um den Einsatz von Streetworkern und Beschäftigungstherapien wie das Projekt „Querbeet – Blumenbeete am Bushof“. „Die Erfolge sind aber begrenzt“, sagt Heesel.

Mark Krznaric, Caritas-Ansprechpartner der Anlaufstelle Café Plattform, bezeichnet die Kooperation mit der Apag als vorbildlich. „Die Apag zeigt hier außerordentliche soziale Verantwortung“, sagt er. „Wir stehen in direktem Kontakt. Wenn uns die Leitstelle an der Couvenstraße jemanden meldet, sind wir sofort vor Ort, so dass meistens der Weg in unsere Notschlafstelle geebnet werden kann“, erklärt er.

In der Beginenstraße bietet die Caritas mit der Stadt Aachen 40 Betten an; weitere Not- und Klappbetten können bei Bedarf aufgestellt werden. „Die Kapazität ist da. Wir bitten jeden Parkhaus-Kunden, der dort schlafende Menschen sieht, sofort die Leitstelle der Apag zu informieren. Wir kümmern uns dann um die Hilfsbedürftigen“, betont Krznaric.