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Archival des Monats: Die Geburtsstunde des „Echo der Gegenwart“

Archival des Monats : Die Geburtsstunde des „Echo der Gegenwart“

Das Archival des Monats November 2020 zeigt ein Portrait des Aacheners Peter Kaatzer, Redakteur und Verleger der Tageszeitung „Echo der Gegenwart“, der am 14. November 1870 an den Folgen eines Sturzes verstarb. Das Stadtarchiv Aachen veröffentlicht regelmäßig aus seinen Beständen historische Erinnerungen.

Peter Kaatzer beeinflusste die Aachener Medienlandschaft wie nur wenige vor und nach ihm. Bereits 1826 hatte der erst 19-jährige Kaatzer, der den Besuch des Gymnasiums wegen des frühen Todes seines Vaters abbrechen musste, das „Kaatzersche Leseinstitut“ in der Kleinmarschierstraße 8 eröffnet. Dort residierte auch das Familienunternehmen, das er nach dem Tod des Vaters mit seiner Mutter Agnes führte. Kaatzer wurde auch verlegerisch tätig. Bis 1842 war das Leseinstitut so gewachsen, dass er der Aachener Öffentlichkeit 42.000 Bände zur Lektüre anbieten konnte.

Als im Revolutionsjahr 1848 liberale Kräfte die öffentlichen Debatten bestimmten und eine neue Regierungsform für die deutschen Länder anstrebten, wurde Kaatzer einer der führenden Akteure der in Aachen dominierenden katholischen, ultramontanen Kräfte. Er machte sich die Ziele der liberalen Bewegung nicht zu eigen, sondern sah sich aus seiner religiös geprägten Weltsicht heraus an die Haltung des Heiligen Stuhls in Rom und eben nicht an den preußisch-protestantischen Hof in Berlin gebunden. Aachen nahm 1848 eine Sonderrolle ein: die liberalen Kräfte, die in den allermeisten anderen deutschen Gegenden den Ton der politischen Debatten bestimmten, fanden in Aachen nur sehr schwach Gehör.

Hier dominierten die katholisch orientierten Kräfte im Wahlverein „Constantia“ auf der einen und die so genannten demokratischen, sprich: eher in Richtung Sozialismus orientierten Kräfte auf der anderen Seite. Letztere waren im sich bereits industrialisierenden Aachen von der größer werdenden Arbeiterschaft geprägt.

Um der katholischen Bewegung ein Sprachrohr zu verleihen, gründete Kaatzer am 8. April 1848 mit dem „Echo der Gegenwart“ eine Tageszeitung, die fortan die Meinung eines großen Teils der Aachener Öffentlichkeit reflektieren und zugleich ihren ultramontanen Blick auf Politik, Religion, Kultur, Region und Welt prägen sollte. Kaatzer wurde Redakteur und Verleger seiner neuen Zeitung. Spätestens mit der Gründung des „Echos“ wurde sein Verlag, der auch andere Zeitschriften herausbrachte, zum Sammelpunkt der katholischen Bewegung in Aachen.

Kaatzer war zu diesem Zeitpunkt längst ein angesehenes Mitglied der Aachener Gesellschaft; bei der ersten Wahl der Gemeindeverordneten nach der neuen preußischen Gemeindeordnung für die Rheinprovinz war er am 22. Juni 1846 in den Stadtrat gewählt worden. Auch war er lange Jahre Präsident des Karnevalsvereins Florresei und später Mitglied im Neuen Aachener Carnevalsverein.

Kaatzer starb an den Folgen eines unglücklichen Sturzes. Einer, der trotz seiner Freundschaft zu Kaatzer durchaus kritisch auf das „Echo“ schaute, war der Herausgeber der satirischen Zeitschrift „Figaro“, Xaver Brammertz. Er charakterisierte Peter Kaatzer in einem Nachruf wie folgt: „Jeden Morgen um vier Uhr aufstehen, zur Post und Druckerei laufen, um die neuesten Nachrichten noch seiner Morgenausgabe einverleiben zu können, …, sein ganzes Leben, es war ein einziges Zur-Post- und Druckerei-Rennen, bis zur Abmattung Zeitungen lesen und Abends nach acht Uhr in einer Restauration ein Glas Bier oder einen Schoppen Wein trinken, vor Ermattung einschlafen und sich um zehn Uhr wieder zur Ruhe begeben, voilà-tout! … Die Stadt verliert an ihm einen verdienstvollen und allgemein geschätzten Bürger, …, die Gesellschaft einen Redner und Humoristen von seltenem Talente und die verschämte Armuth ein mildthätige, freigebige Hand.“

Das „Echo“ behielt auch nach Peter Kaatzers Tod seine starke Stellung auf dem Aachener Zeitungsmarkt; die Geschichte des Blattes endete erst mit seinem Verbot durch die Nationalsozialisten zum Jahresende 1935.

(red)