Ein Museum ohne Besucher : Die Arbeit geht im Verborgenen weiter
Aachen Während andere städtische Museen bereits wieder geöffnet haben und sich die ersten Besucher langsam wieder in die Kulturtempel trauen, bleibt das Internationale Zeitungsmuseum an der Pontstraße wegen der Corona-Pandemie noch geschlossen. Warum eigentlich? Und was passiert in dieser Zeit in dem Haus?
Andreas Düspohl, Leiter des Internationalen Zeitungsmuseums (IZM) in Aachen, hat generell ein großes Interesse an dem, was die deutsche und internationale Presse so schreibt. Doch derzeit ist das, was in den Tageszeitungen und Wochenmagazinen so gedruckt wird, besonders spannend. Zwar ist das IZM derzeit für Besucher geschlossen, doch Arbeit gibt es für Düspohl und sein Team aktuell mehr als genug.
„Wir haben uns entschieden, aus der Corona-Pandemie ein Sondersammelgebiet für unser Archiv zu machen“, sagt Düspohl. 20 verschiedene Titel, hauptsächlich deutsche Zeitungen, flattern regelmäßig in den Briefkasten des geschichtsträchtigen „Großen Hauses von Aachen“. Düspohl und sein Team lesen die Titel und entscheiden dann, welche Zeitungen ins Archiv kommen, welche nicht. „Darüber hinaus versuchen wir, besondere Zeitungen aus dieser Zeit zu bekommen, die wir nicht regelmäßig abonnieren“, sagt Düspohl.
Wie wird in Japan über das Coronavirus berichtet, wie in der Türkei oder in Spanien? Die New York Times hatte vor wenigen Tagen eine ganze Titelseite voller Namen abgedruckt. Namen von Menschen, die an Covid-19 gestorben sind. Das ist ein Dokument der Zeitgeschichte, das in einem Internationalen Zeitungsmuseum einfach nicht fehlen darf. Sobald die „Times“ vorliegt, wird sie katalogisiert und, wie die anderen Titel auch, ins Archiv im Grashaus an der Schmiedstraße gebracht. Dahin kommen auch all die Artikel, die sich mit dem Streit zwischen der Bild-Zeitung und dem Virologen Christian Drosten beschäftigen. Irgendwann einmal, sagt Düspohl auf Anfrage, könnte es eine Sonderausstellung über die Medien zu Zeiten von Corona geben.
Alte Zeitungen von Menschen
Eine weitere „Nebenwirkung“ der Pandemie, die für das IZM von Interesse ist: „Viele Menschen verbringen im Moment eine Menge Zeit zu Hause“, sagt Düspohl. Viele räumen den Keller oder den Dachboden auf – und finden dabei manchmal alte Zeitungen. „Wir bekommen derzeit sehr viele Pakete mit alten Zeitungen, was uns sehr freut. Und auch die werden natürlich gesichtet und archiviert.“
Das Lesen und Archivieren von Zeitungen: Es ist eine stille Arbeit. Und auch sonst ist es derzeit still im Museum, sehr still. „Wir haben zwar ein Konzept ausgearbeitet, wie der Museumsbetrieb unter Einhaltung der Hygieneregeln hätte aussehen können“, erzählt Düspohl. Doch der große Aufwand führte schließlich dazu, dass man sich gegen eine Öffnung entschied. „Allein für die Treppe, die in den ersten Stock führt, hätten wir zusätzliches Personal gebraucht“, sagt er. Denn die Treppe ist 1,40 Meter breit. 1,50 Meter beträgt derzeit jedoch der Mindestabstand. „Das bedeutet, wir hätten am Fuß der Treppe und am oberen Ende jemanden postieren müssen, der darauf achtet, dass es keinen Gegenverkehr gibt.“
In der Ausstellung selbst wäre der Betrieb der vielen multimedialen Elemente kaum möglich gewesen. „Wir sind ein Museum zum Anfassen“, sagt Düspohl. Man könne ja nicht nach jedem einzelnen Besucher jede einzelne Oberfläche desinfizieren. Und so bleiben die Bildschirme schwarz und die Lautsprecher leise. Auch in dem kleinen Café neben dem Haupteingang klappert derzeit kein Geschirr: „Die Betreiberin hat sich dagegen entschieden, unter den jetzigen Umständen ihr Lokal zu öffnen“, sagt Düspohl.
Weil das Museum seine Räume derzeit nicht nutzen kann, weder für den regulären Besucherverkehr noch für Schüler-Workshops, hat man eine Vereinbarung mit dem Kaiser-Karls-Gymnasium getroffen. „Die Schule muss ja den Schülerverkehr entzerren“, sagt Düspohl. Und so sei man übereingekommen, dass zeitweise Räume des IZM vom KKG benutzt werden können.
Wann genau es mit dem Betrieb im IZM weitergeht, weiß Andreas Düspohl noch nicht. Geplant war eigentlich, die große Dürer-Ausstellung im Herbst dieses Jahres mit einer Comic-Ausstellung zu begleiten. Dürer kommt, wie berichtet, aufgrund der Pandemie erst später in die Stadt. Wann die Comic-Ausstellung im IZM nun laufen soll, ist noch nicht klar, sagt Düspohl. „Aber irgendwann wird sie kommen, und wir freuen uns darauf!“