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Sitzung dauert 44 Minuten: Die Aachener Bezirksvertreter machen Tempo

Sitzung dauert 44 Minuten : Die Aachener Bezirksvertreter machen Tempo

Nur 44 Minuten dauerte die Sitzung der Bezirksvertretung Aachen-Mitte. Im vollen Ratssaal sollte nicht zuviel Zeit verbracht werden. Es fielen Entscheidungen zu Gehwege, Radwege, Parkplätze – und über die Antoniusstraße.

Corona-Aerosole hatten kaum eine Chance, im Ratssaal Beute zu machen, da war die Sitzung der Bezirksvertretung Aachen-Mitte schon zu Ende. Im Eiltempo hakten die Politiker in 44 Minuten die Tagesordnung ab.

„Unverantwortlich!“ schimpfte dennoch Klaus-Dieter Jakoby von der CDU, dass die Sitzung im Rathaus stattfinde. Als Vorsitzender des Betriebsausschusses Eurogress wusste er einen pandemie-geschützteren Ort: das Eurogress. Das habe der Politik angeboten, jederzeit dorthin ausweichen zu können, kostenlos, mit Platz für sicheren Abstand, perfekt gelüftet. „Das komplette Eurogress steht heute leer“, echauffierte sich Jakoby.

Zwar saßen auch im schlecht zu belüftenden musealen Ratssaal die 19 schutzmaskierten Bezirksvertreter soweit wie möglich auseinander, doch mit Verwaltung, Publikum und Presse kamen runde 30 Leute zusammen. Auch dem Bezirksbürgermeister Achim Ferrari (Grüne) war das nicht geheuer: „Ich wollte die Sitzung ausfallen lassen. Wir können der Bevölkerung nicht sagen, sie soll sich nicht treffen und sitzen hier beieinander. Von der Verwaltung bin ich gebeten worden, die Sitzung stattfinden zu lassen, weil die Tagesordnungspunkte wegen Dringlichkeit behandelt werden müssen. Ich bitte, Diskussionen nicht unnötig zu verlängern.“

So eingestimmt hatte von der Handvoll Zuhörer denn auch keiner die Traute, in der Einwohnerfragestunde eine Frage zu stellen. Also, ging’s direkt zum nächsten Thema: Stadtteilplatz an der Lothringerstraße zwischen Alfons- und Friedrichstraße. Der soll beim Ausbau der Lothringerstraße zu einer Fahrradstraße und der Anlage eines Premiumfußweges vom Markt bis zum Frankenberger Park für eine knappe Million Euro aufgehübscht werden. Elf Parkplätze fielen weg, was CDU und FDP kritisierten.

Joachim Moselage (FDP): „Das ist in dieser Ecke unmöglich, die Leute müssen irgendwo parken können. Im Übrigen ist die Maßnahme schlicht zu teuer.“ Doch eine von Grünen und SPD getragene Mehrheit stimmte für einen neuen Platz unter Wegfall der Parkplätze. Letztlich entscheidet am Donnerstag der Planungsausschuss.

„Eine bodenlose Frechheit“

Ende, nächste Dringlichkeit: Radweg entlang der Lintertstraße zwischen Adenauerallee und Schönforststraße im Rahmen der Rad-Vorrang-Route Brand. Die Verwaltung favorisiert eine Variante 1 mit einem Beidrichtungsradweg auf der stadtauswärtigen südlichen Seite, drei Meter breit plus einem 0,50 Meter breiten Sicherheitsstreifen mit baulichen Trennelementen zur Fahrbahn hin, was auf Neudeutsch „Protected Bike Lane“ heißt. Aus für 53 Parkplätze. Bei einer anderen Variante blieben von 92 Parkplätzen 13 übrig.

Was den Bezirksvertreter Klaus-Dieter Jakoby erneut in Rage versetzte. Eine „Unverschämtheit, eine bodenlose Frechheit“ sei der Hinweis einer Studie, in nahen Garagen und Straßen seien genügend Parkplätze zu finden. Jakoby, eingedeckt mit E-Mails besorgter Bürger, appellierte an die Verwaltung: „Sprechen Sie mit den Bürgern vor Ort, schauen Sie sich die Ecke an, prüfen Sie genauer!“

SPD-Bezirksvertreter Patrick Deloie bezeichnete alle Vorschläge als „unausgegoren“. Sie hätten „enorme Defizite“. AfD-Vertreter Dimitri Gabriel urteilte nach seinen Gesprächen mit Anwohnern: „So funktioniert das nicht.“ So fand sich für den Beschlussvorschlag, dem Mobilitätsausschuss die Variante 1 zu empfehlen, keine Mehrheit.

Punkt erledigt, neue Dringlichkeit: Ausbau der den Hubertusplatz die Jakobstraße verbindenden Stromgasse, insbesondere der Gehwege, nach umfangreichen Erneuerungsarbeiten der Regionetz (Stawag). Keine Wortmeldung, Ausbau zugestimmt, nächster Punkt: Offenlagebeschluss Bebauungsplan Antoniusstraße. Trotz der „wichtigen Sache“ (Ralf Otten) hielten sich die Bezirksvertreter nicht länger damit auf. Bei einer Gegenstimme empfahlen sie dem am Donnerstag in der Sache entscheidenden Planungsausschuss, die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans mit der Konzentration der Prostitution in mehreren möglichen verkürzten Abschnitten zu beschließen. Das Nein kam von Joachim Moselage von der FDP. Der Offenlage eines Bebauungsplans, „der die Prostitution in der Antoniusstraße vorsieht“, könne er nicht zustimmen, wobei er auf die „Bedenken der Polizei und des früheren Oberbürgermeisters“ hinwies.

Noch zwei, drei schnelle „Mitteilungen“, Ende der Sitzung in rekordverdächtigen 44 Minuten. Joachim Moselage spaßte: „Die Dauer der Sitzung könnte man zum Vorbild nehmen.“