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Büchel: Guggenheim in die Altstadt pflanzen?

„Spektakuläre Architektur“ und Industriekultur : Zieht Guggenheim ins Büchel-Quartier?

Eine Architektur so spektakulär wie das Guggenheim-Museum in Bilbao schwebt ihm vor, mindestens aber im Innenraum so atemberaubend wie die gewaltige Guggenheim-Spirale in New York. Wenn Buchhändler Helmut Falter (Mayersche) über die Zukunft seiner Grundstücke am Büchel im Verbund mit städtischen Parkhausflächen im Aachener Altstadtquartier spricht, sprengt die Vision Dimensionen.

In der Debatte um die Nachfolgenutzung des rund 5000 Quadratmeter großen Areals nach dem Abriss hat Falter mit dem Arbeitskreis Denkmalpflege bei einem Expertentreffen Ideen vorgestellt, die von der Aachener Kommunalpolitik schon Mittwoch und Donnerstag im Stadtrat beziehungsweise Planungsausschuss nichtöffentlich – also lieber geheim hinter verschlossenen Türen – diskutiert werden können. Zudem sind mehrere interfraktionelle Sitzungen im Mai anberaumt, um die künftige Nutzung des Areals parteiübergreifend abzustimmen.

Bisher andere Ideen

Ins Gespräch gebracht wurden bislang allerdings ganz andere Ideen wie ein Neubauriegel für Volkshochschule und Stadtbibliothek oder eine Veranstaltungshalle, eine Markt- und Multifunktionshalle. Einzelhandel und Wohnungen sind gänzlich aus dem Rennen – zu teuer in dieser Lage. Eine öffentliche Nutzung soll her – wenn die öffentliche Hand schon nach dem Absprung der Privatinvestoren eine hohe zweistellige Millionensumme an dieser Stelle ausgeben soll.

Die Art der Nutzung ist heftig umstritten. Falter erinnert nun an eine Idee, die bereits vor Jahren in einem Memorandum festgehalten wurde: eine Art interaktives Industriemuseum schwebt ihm vor, das die Aachener und euregionale Industriegeschichte als europäisches Kulturhaus spannend bis in die Zukunft erzählt. Von der Tuchindustrie über Talbots Waggonbauer bis zum Elektroauto e.GO. „Wir haben hier fantastisches Potenzial. Also bitte keinen Schnellschuss!“, plädiert Falter. Mit einer herausragenden Architektur könne ein echter Publikumsmagnet geschaffen werden. „Das würde einen Bilbao-Effekt für Aachen auslösen“, ist der Unternehmer überzeugt.

Fordert „spektakuläre Architektur ohne Schnellschüsse“ für den Büchel: Helmut Falter.
Fordert „spektakuläre Architektur ohne Schnellschüsse“ für den Büchel: Helmut Falter. Foto: ZVA/Michael Jaspers

Über 20 Millionen Besucher haben seit 1997 der vormals heruntergekommenen Stadt Bilbao neues Leben eingehaucht. Der Guggenheim- oder auch Bilbao-Effekt ist seither ein Synonym dafür geworden, wie Kunst und Kultur einer wirtschaftlich am Boden liegenden Region wieder zu Auftrieb verhelfen kann. „So etwas brauchen wir hier auch, die Lage ist desolat“, stellt auch Sohn Hartmut Falter fest.

Ruinöse Entwicklung

Eine „ruinöse Entwicklung“ der Aachener Innenstadt macht auch Professor Gerhard Curdes als Sprecher der „Interessengemeinschaft Historisches Museum“ aus. Angesichts der 5000 Quadratmeter großen Büchel-Fläche (das Guggenheim verfügt über allein 11.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und ist mit 50 Metern fast so hoch wie der Aachener Dom) plädiert Curdes mehr auf spektakuläre Innenraum-Architektur. Draußen ist quasi zu wenig Platz.

Curdes erinnert an das riesige Atrium des New Yorger Guggenheim-Museums. „So einen extrem hohen Raum mit spiralförmigem Aufgang könnte ich mir gut vorstellen“, erklärt er. Und vergleicht: „Die Grundfläche, die hier zur Verfügung steht, ist immerhin größer als das Aachener Rathaus.“ Ein reines Museum sei ihm aber zu wenig, sagt er. Ein Veranstaltungsort, vielleicht mit Dachrestaurant und Aussichtsplattform, sei dennoch denkbar.

Würde Industriekultur mit Veranstaltungen kombinieren: Professor Gerhard Curdes.
Würde Industriekultur mit Veranstaltungen kombinieren: Professor Gerhard Curdes. Foto: Heike Lachmann/Foto: Heike Lachmann---06.03.2012

Nicht zehn Jahre zurück

Professor Christa Reicher vom RWTH-Institut für Städtebau warnt indes davor, die Bebauung des Areals völlig neu zu denken. Es existiert schließlich ein städtebaulicher Entwurf des Planungsbüros Chapman-Taylor, auf den sich die Politik schon geeinigt hat. „Gibt man diesen auf, wirft das alle Planungen um mindestens zehn Jahre zurück“, stellt Reicher fest. Aber: Es mache natürlich Sinn, jetzt über verschiedene alternative Nutzungen der Neubauten zu reden.

Warnt davor, die Büchel-Planung um zehn Jahre zurückzuwerfen: Professorin Christa Reicher.
Warnt davor, die Büchel-Planung um zehn Jahre zurückzuwerfen: Professorin Christa Reicher. Foto: ZVA/Michael Jaspers

Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK), und eine Reihe namhafter Einzelhändler wollen mit Politik und Kulturschaffenden gemeinsam Konzepte erdenken – und dabei ausdrücklich auch technologische Aspekte der Aachener Hochschulen berücksichtigen. Ein weiteres Museum alleine würde die junge Generation kaum begeistern, heißt es. Völlig unabhängig von der Architektur des neuen Baukörpers – zumal in unmittelbarer Nähe des Weltkulturerbes Aachener Dom. Der zählt übrigens mit rund einer Million Besuchern pro Jahr genauso viele Besucher wie die Guggenheim-Paläste in New York und Bilbao.