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Grüne und und Aachener Karneval: Baerbock, der Orden und eine „wunderbare Freundschaft“

Grüne und und Aachener Karneval : Baerbock, der Orden und eine „wunderbare Freundschaft“

Die Aachener Grünen und der Karneval – da blüht ein zartes jeckes Pflänzchen. NRW-Minister Krischer hofft gar auf eine „wunderbare Freundschaft“. Aber es gibt auch Skepsis, dass der AKV-Orden für Baerbock zeitgemäß ist.

Helmut Ludwig ist bekannt für klare Worte. Als langjähriger Geschäftsführer der grünen Ratsfraktion war sein Votum in strittigen Fragen stets gefragt, als jetziger Referent von OB Sibylle Keupen hält er sich funktionsbezogen öffentlich eher zurück. Aber in Sachen Karneval, Grüne, Aachener Karnevalsverein und Orden wider den tierischen Ernst hat er eine ganz klare Meinung.

„Wenn Annalena Baerbock heute gefragt würde, ob sie den Preis annimmt, würde sie es vermutlich nicht tun. Das passt schlicht nicht zur aktuellen Lage.“ Sie werde aber sicher versuchen, „ihren Auftritt in Inhalt und Form in einem angemessenen Verhältnis zu halten. Zum Schunkeln und Feiern ist der Außenministerin sicher nicht zumute.“

Die Spitzenpolitikerin der Grünen in Aachen – normalerweise ein grüner Feiertag. Aber im Karneval ist bekanntlich vieles anders. Und so sind die Parteifreundinnen und Parteifreunde größtenteils dann doch eher (wohlwollend) zurückhaltend, wenn es darum geht, Baerbocks närrische Visite in Aachen einzuordnen.

„Sie hat die Auszeichnung angenommen, und ich bin sicher, sie wird die richtigen Worte finden, die dem Orden und der schwierigen Krisen- und Kriegszeit angemessen sind“, sagt Bürgermeisterin Hilde Scheidt. Und die grüne Landtagsabgeordnete Astrid Vogelheim ist überzeugt, dass Baerbock „die richtigen Worte finden wird“. Der AKV sage, dass Humor Politik vermenschliche, „und dem stimme ich voll zu“, so Vogelheim. Das sei gerade in diesen Zeiten „als Zeichen von Zusammenhalt und Zuversicht wichtig“.

Dass Baerbock den Orden verdient hat, davon ist Grünen-Fraktionssprecherin Julia Brinner im Prinzip überzeugt. „So lange der Karneval stattfindet, ist es gut und legitim, dass auch Annalena Baerbock daran teilnimmt. Sie ist eine starke Außenministerin und eine humorvolle Frau.“ Aber: „Insgesamt kann man sich natürlich fragen, ob es angemessen ist, Karneval zu feiern, während in Europa Krieg herrscht.“

Es bleibt aber in grüner Gemütslage ein Problem, die Zustimmung für Baerbock als Politikerin und die Einschätzung des AKV-Ordens in Einklang zu bringen. So versteht Grünen-Ratsherr Hermann Josef Pilgram Kritiker, die die Annahme des Ordens durch die Außenministerin in diesen Zeiten skeptisch sehen. „Ich finde aber, dass man gerade auch in schwierigen Zeiten Humor braucht.“ Und: Humor könne „auch eine Waffe sein.“ Es werde darauf ankommen, wie Baerbock auf der AKV-Bühne agiere.

Augen- und Ohrenzeuge wird Astrid Vogelheim sein, die zum ersten Mal eine Ordenssitzung live erlebt. „Ich freue mich darauf“, sagt sie überzeugt. Aber auch mit Einschränkung. „Der Orden verschafft dem Aachener Karneval gesellschaftlich breite Aufmerksamkeit, was unserer Karnevalskultur sicherlich hilft. Ich persönlich bevorzuge allerdings den Straßenkarneval.“

Julia Brinner unterzieht sich hingegen einem Komplettentzug in Sachen AKV. „Die Ticketpreise übersteigen mein studentisches Budget bei Weitem, und ich halte sie für unangemessen hoch.“ Auch die Frage, ob sie denn dann wenigstens die Aufzeichnung schaue, wird klar beantwortet: „Nein!“

Helmut Ludwig gibt sich eher salomonisch: „Ich werde voraussichtlich wegen politischer Termine keine Zeit haben, mir die Aufzeichnung anzusehen.“ Hilde Scheidt, früher bisweilen auch schon live im Eurogress dabei, freut sich auf den TV-Genuss „gemeinsam mit vielen fröhlichen ZuschauerInnen“.

AKV-Präsident Wolfgang Hyrenbach im Interview

Zum ersten Mal beim AKV zu Gast wird Oliver Krischer sein, grüner Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Wie blickt er auf den Orden? „Ich freue mich drauf“, sagt er. „Und ganz ehrlich: Dass meine langjährige Kollegin und Freundin Annalena den Orden bekommt, war für mich der Anlass zuzusagen.“

Bisher habe er mit dem AKV „gefremdelt“ und sei stattdessen früher sogar immer zu den Strunx-Sitzungen bei Kappertz in Rothe Erde gegangen. Leider gebe es die aber nicht mehr. „Das ist sehr schade, denn Strunx war immer authentisch und klasse.“ Vielleicht, so spekuliert Krischer, entstehe ja jetzt „eine wunderbare Freundschaft“ mit dem AKV.

Kein Problem hat der NRW-Minister damit, dass Baerbock in diesen Krisenzeiten den Orden erhält: „Menschen müssen feiern dürfen, gerade in Krisen- und Kriegszeiten. Warum sollte Annalena das nicht tun?“