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„Eines der schönsten Einkaufszentren“: Aquis Plaza eine „Bausünde“? Manager Hedderich widerspricht

„Eines der schönsten Einkaufszentren“ : Aquis Plaza eine „Bausünde“? Manager Hedderich widerspricht

Das Aquis Plaza eine Bausünde? Das will Manager Gregory Hedderich so nicht stehen lassen und verweist auf die Pluspunkte für die Stadt Aachen. Doch wie meistern Einkaufszentren die Zukunft?

Inhalt des Artikels

Stadtplanerin Christa Reicher hat das Aachener Shopping Center Aquis Plaza jüngst als „Bausünde“ bezeichnet. Center-Manager Gregory Hedderich antwortet auf die Kritik und nimmt dabei vor allem die Themen Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit und das Stadtquartier ins Visier:

Die Architektur

„Das Aquis Plaza ist nicht nur eine Fehlentscheidung gewesen, sondern in der Konsequenz eine echte Bausünde“, hatte RWTH-Stadtplanerin Christa Reicher jüngst in einem Interview mit unserer Zeitung gesagt. Das Gebäude sei kein „Juwel“. Aquis Plaza Center-Manager Gregory Hedderich kontert: „Sicherlich darf man über die Architektur kontrovers diskutieren“, aber in Fachkreisen zähle das „Aquis“ zu den modernsten und schönsten Einkaufzentren Deutschlands.

Die doppelgeschossige Fassadenhöhe und die großzügigen Horizontalfassaden „lassen viel Tageslicht herein“, und auf der Seite von Saturn habe man einen wunderbaren Blick auf die historische Kirche. Bei der Planung des Centers vor zehn Jahren sei der Wunsch der Stadt eine städtebauliche, optische, funktionale und wirtschaftliche Aufwertung des Viertels gewesen. Hedderich: „Das ist mit dem Aquis Plaza definitiv gelungen – durch eine standortindividuelle Architektur und die Integration ins Umfeld.“ Geplant hat das Einkaufzentrum, das 2015 eröffnet wurde, seinerzeit das Hamburger Büro „blauraum Architekten“, das seit 2022 unter dem Namen „blrm Architekt*innen“ (https://blrm.eu/) firmiert.

Die Zukunftsfähigkeit

Ein weiterer Vorwurf Reichers lautet, dass das Aquis Plaza zu einer Zeit geplant und umgesetzt worden sei, als die Entwicklungen im Einzelhandel schon längst gegen solche Großprojekte gesprochen hätten. Zudem sei es kaum „umnutzbar“ und daher „nicht zukunftsfähig“.

 Viel Glas, viele Durchblicke: Die Architektur des Aquis Plaza wird viel gelobt, sagt Center-Manager Gregor Hedderich.
Viel Glas, viele Durchblicke: Die Architektur des Aquis Plaza wird viel gelobt, sagt Center-Manager Gregor Hedderich.

Tatsächlich ist das Aquis Plaza 2015 als eine der letzten großen reinen Shopping-Malls Deutschlands eröffnet worden. Hedderich kontert: „Der Kernvorwurf der Professorin einer ,fehlenden Umnutzbarkeit‘ ist schlicht falsch: Gerade Shopping-Center sind besonders flexible und anpassungsfähige Immobilien, die sich immer wieder an den Wandel im Handel und die veränderten Kundenwünsche anpassen können.“ Denkbar seien daher auch Nutzungen zum Beispiel aus den Bereichen Gesundheit, wie Box- oder Tanzstudios, Entertainment oder Dienstleistungen.

Der Einzelhandel

„Wir können den Abgesang auf den stationären Einzelhandel nicht nachvollziehen“, sagt Gregory Hedderich, „vielmehr sehen wir gerade einen verstärkten Strukturwandel. In diesem Veränderungsprozess werden die guten Standorte und Konzepte stärker, für die schwächeren nehmen die Herausforderungen zu. Ich bin also sehr zuversichtlich, was die Zukunftsfähigkeit des Aquis betrifft.“

Branchen-Experten sehen die Zukunft von Shopping-Centern allerdings nicht so rosig, verzeichnen gar wieder einen „Trend zur Straße“. So zeigt eine langfristige Analyse des Shopping Center Performance Report (SCPR) (https://www.shopping-center-report.de/) eine wachsende Unzufriedenheit mit dem Standort Einkaufszentrum. Die Durchschnittsnote aller Center ist demnach gesunken. Lag sie 2015 noch bei 2,69, liegt sie 2022 nur noch bei 2,99. Außerdem ist die Zufriedenheit mit den Geschäften in Einkaufszentren im Vergleich zu Einkaufsstraßen geschrumpft.

Das zeigt auch die Entwicklung der Ladenmieten im Jahr 2022, wonach in einigen deutschen Großstädten in Luxuslagen inzwischen höhere Ladenmieten erzielt werden als in den Konsumlagen, wie die Immobilien-Zeitung (https://www.iz.de/) in ihrer jüngsten Ausgabe schreibt. Dort heißt es: „Einkaufszentren galten als die Krone der Schöpfung unter den Einzelhandelsimmobilien – vor allem für Investoren. Inzwischen sind sie zu einem Nischenprodukt geworden.“

Das Ranking

Der jüngste Shopping Center Performance Report (SCPR) aus dem Jahr 2022 zeigt ein ähnliches Bild: Von 231 bewerteten deutschen Shopping-Centern liegt das Aquis Plaza mit Platz 165 im unteren Mittelfeld. 18 von 109 Mietern vergaben die Note 3,33. Für den SCPR können die Mieter in 400 deutschen Einkaufszentren jährlich ihre Läden bewerten.

Die Mieter

Das Aquis Plaza bietet eine Verkaufsfläche von 29.200 Quadratmeter. Von den 130 Shops stehen aktuell 15 leer. „Aber wir spüren ein erstarktes Interesse am Aquis, und die Neuvermietung nach Corona funktioniert immer besser“, so Hedderich, vor allem mit starken neuen Marken wie „Onygo“ und lokalen Anbietern wie dem Eiscafé „Dolce“ und dem Bekleidungsanbieter „Shoes4Hoops“. Über die Höhe der Miete macht das Management keine Angaben.

Die Kunden

Das Aquis Plaza hat nach eigenen Angaben durchschnittlich 22.000 Besucher am Tag, an Wochenenden häufig über 30.000, die zu über 20 Prozent aus dem benachbarten Holland und Belgien kommen, sowie einen Stammkundenanteil von 60 Prozent. In den jährlichen Kundenbefragungen werden bis zu 1000 Kunden nach Verweildauer (80 Minuten) und Zufriedenheit (Note 1,9) gefragt.

Was halten Sie vom Aquis Plaza?

Das Quartier

Das Aquis Plaza habe im großen Stil eine vorhandene Stadtstruktur zerstört, lautet ein weiterer Vorwurf von Christa Reicher. Gregory Hedderich führt dazu ins Feld: Bei aller Kritik dürfe man nicht vergessen, dass das Aquis mit rund 700 Arbeitsplätzen inzwischen ein bedeutender Wirtschaftsmotor für den Standort sei. „Dabei wollen wir kein Solitärstandort sein, sondern ein lebendiger Marktplatz, den wir zusammen mit der Stadt weiterentwickeln wollen, um zur Belebung und Lebendigkeit des Quartiers beizutragen“, so Hedderich.

Teil dessen sei zum Beispiel das zusammen mit der Stadt und verschiedenen Paketdienstleistern geplante neuartige grüne City-Logistik-Konzept. Im Übrigen wundert sich Hedderich, dass ausgerechnet dem Aquis mangelnde Quartierpflege vorgeworfen wird und verweist auf die umliegenden brachliegenden Immobilien. „Wir begrüßen ausdrücklich die Ausweisung des Quartiers als Sanierungsgebiet und wollen Teil dieser Entwicklung sein, indem wir uns aktiv einbringen.“ Über mangelnde (auch finanzielle!) Zusammenarbeit mit dem Einkaufscenter kann sich auch Till Schüler vom Märkte und Aktionskreis City (MAC) nicht beklagen. „Wir sind in einem regelmäßigen bilateralen Austausch und ziehen als Partner an einem Strang, um den Einkaufsstandort Aachen voranzubringen.“

Die Nachhaltigkeit

„Nachhaltigkeit spielt in der gesamten Planung, beim Bau und im Betrieb des Gebäudes eine wesentliche Rolle“, sagt Gregory Hedderich. „Dazu gehören unter anderem 100 Prozent Ökostrom, unsere Dachbegrünung und die Auszeichnung unseres Centers anhand der Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) (https://www.dgnb.de/) für unsere Nachhaltigkeit mit einem DGNB-Zertifikat in Gold.“

Die DGNB-Nachhaltigkeitszertifizierung gehorcht allerdings eigenen Gesetzen, denn die DGNB ist ein Verein, der seinen rund 1600 Mitgliedern in der ganzen Welt mit einem „einzigartigen“ Zertifizierungssystem regelmäßig Qualität und damit Vermarktungs- wie Vermietbarkeit über den kompletten Gebäudelebenszyklus von 50 Jahren bescheinigt. Mitglieder bei der DGNB sind Bauindustrie, Architekten, Bauträger und Investoren, unter anderem auch die ECE Group. Die Nachhaltigkeits-Zertifikate können von den Mitgliedern gegen eine Gebühr erworben werden.

Die Betreiber

Das Aquis Plaza ist ein klassisches Investorenmodell. Betreiber ist die ECE Marketplaces GmbH & Co. KG, die derzeit 196 Shoppingcenter in Deutschland verwaltet. ECE Marketplaces ist eine Tochter der ECE Group (https://www.ece.com/de), die 1970 von Versandhändler Werner Otto gegründet wurde. Geschäftsführer ist dessen Sohn Alexander.

Das Unternehmen ist im Besitz der Cura Vermögensverwaltung, der Holding-Gesellschaft der Familie Otto. Eigentümer der Immobilie sind neben der Familie Otto die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken über ihr Dachinstitut DZ Bank, der börsennotierte Vermögensverwalter DWS und der britische Tabakkonzern British American Tobacco (BAT). Die Frage nach der aktuellen Rendite wurde nicht beantwortet.