Eine Ära geht zu Ende : Maurice de Boer verlässt den Ratskeller
Aachen Bald ist der Ofen aus. Maurice de Boer, einer der populärsten Gastronomen Aachens, beendet eine Ära. Am 30. Juni öffnet er sein Restaurant Ratskeller am Markt zum letzten Mal. Nach 15 Jahren zieht der 60-Jährige einen Schlussstrich. Der Chefkoch und Geschäftsführer geht.
Der Ratskeller schließt dann inklusive Postwagen und Tonnengewölbe auf rund 1400 Quadratmetern für mindestens ein halbes Jahr. Sollte der Rat der Stadt grünes Licht geben – er ist wegen der besonderen Immobilie Rathaus involviert –, wird die Elisenbrunnen-Gastronomie, Betreiberin des Restaurants Elisenbrunnen und des Wirtshauses Karl’s, das komplette Gastro-Ensemble in den unteren Rathausetagen übernehmen.
De Boer, der strahlend-temperamentvolle Spitzenkoch aus den Niederlanden, hat sich aus gesundheitlichen Gründen zu diesem Schritt entschieden. „Ich liebe meinen Beruf; es ist der schönste Job der Welt“, sagt de Boer. „Aber die vielen Jahre mit extremen Arbeitszeiten haben Spuren hinterlassen. Niemand muss sich Sorgen machen, aber ich möchte es etwas ruhiger angehen lassen, vor allem mehr Zeit für die Familie haben“, sagt er.
Viele Gäste werden ihn vermissen. Denn de Boer verwöhnte alle gleichermaßen: ungezählte Prominente, Vorstände namhafter Unternehmen genauso wie das schüchterne Brautpaar von nebenan. „Jut iss hier sein“, steht im Ratskeller-Prospekt, das Motto galt für alle.
In seinen 15 Jahren als Pächter hat de Boer die Rathaus-Gastronomie in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt – mit frischem Ambiente, mit Räumen in neuen Farben, mit neuen Möbeln und mit neuem Licht. De Boer hat investiert: in Menschen und Material. Sämtliche der rund 30 Mitarbeiter werden vom neuen Pächter übernommen. In der von ihm umfangreich renovierten Küche kochte er anspruchsvolle Menüs – Klassiker ebenso wie neue, überraschende Gerichte.
Zuvor galt das für die legendäre Sterne-Küche im „Gala“, die er von 1983 bis 2002 weit über Aachens Stadtgrenzen hinaus bekannt machte. Danach war er Küchenchef im Quellenhof. Vielen Aachenern ist seine Pferdefigur „Culinario“, die etliche Jahre neben dem Eingang stand, in guter Erinnerung. Und es gibt noch letzte Exemplare seines 2007 erschienenen Kochbuchs, das mit dem Red Dot ausgezeichnet und für den German Design Award nominiert wurde.
Aber vor allem seine persönliche Zuwendung als nimmermüder Impresario des Ratskellers faszinierte die Kundschaft. Die wird den Spitzenkoch aus Geleen, der 1978 seine Lehrjahre mit einem Boeuf Stroganoff begann, wiedersehen. Nicht als Restaurantchef, aber als Garant für feinsten Glühwein. Seine beiden Glühweinstände auf dem Aachener Weihnachtsmarkt, Goldkäfig auf der Katschhofterrasse und Ratskeller-Glühweintreff auf dem Markt, will de Boer noch ein paar Jahre weiterbetreiben.
Zum 1. Juli soll die Übergabe an seinen Nachfolger über die Bühne gehen. Die Elisenbrunnen Gastronomie GmbH & Co.KG tritt an, Ratskeller, „Tonne“ und Postwagen weiterzuführen. Sicher eher mit einer gutbürgerlichen Küche und Klassikern als mit Haute Cuisine. „Entscheidend ist, dass die Qualität hervorragend ist. Es gibt guten und schlechten Kaviar, und vor allem gibt es langweilige und sensationelle Kartoffeln. Mit guten Produkten und Fachwissen kann man Erstaunliches auf den Teller bringen. Ich bin sicher, dass dies auch meinen Nachfolgern gelingt“, erklärt der scheidende Chef.
Der Bierkeller wird renoviert
Erstmal steht ein umfassender Umbau an. Der Bierkeller muss erneuert werden; und auch das Restaurant-Interieur wird grundlegend neu gestaltet. Das wird einige Monate dauern. Armin Geiger sieht als Geschäftsführer enormes Potenzial: „In erster Linie ist es das historische Rathaus mit seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung! Dann sind es die zentrale Lage, das anspruchsvolle Ambiente der Räumlichkeiten, das sehr besondere historische Flair des Postwagens und es ist die wohl schönste Terrasse in Aachen mit wunderbarem Blick auf den Dom.“ Spätestens ab dem 1. Februar 2020 sollen im runderneuerten Ratskeller wieder Gäste dinieren können.
Vielleicht schaut de Boer dann mal als Gast oder Gastkoch vorbei. Denn auf die Frage nach seiner Zukunft ist seine Antwort eindeutig zweideutig: „Manche nennen es ,Time out‘ oder ,Sabbatical‘. Ich jedenfalls gönne mir zunächst einmal eine Pause. Und dann habe ich schon einige Ideen, etwas Neues zu beginnen, Dinge, die ich bisher gemacht habe, anders zu machen! Ich bleibe jedenfalls hier in Aachen, und ich werde mich schon wieder zurückmelden! Ich konnte noch nie lange untätig herumsitzen. Und ich bin ja noch jung“, sagt er und strahlt. Er freut sich auf seine neue Ära.