Forstamtschef Gerd Krämer zieht Bilanz : Hitzesommer hat dem Aachener Wald zugesetzt
Aachen Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus. So ganz stimmt das alte Volkslied in diesem Jahr nicht. Denn viele Bäume schlagen nicht aus. Nie mehr. Trockenheit und Hitze des Rekordsommers 2018 haben ihnen schwer zugesetzt. Und manchen Überlebenden hat dann der Borkenkäfer den Rest gegeben.
Der Aachener Forstamtschef Gerd Krämer ist dennoch vorsichtig optimistisch. „An alten Laubbäumen haben wir so gut wie keine Schäden“, stellt er bei einer Tour durch den Aachener Gemeindeforst fest. Viele ältere Buchen und Eichen hätten den „Trockenstress“ offenbar gut verkraftet. „Da machen die Kollegen in der Rheinebene ganz andere Erfahrungen.“
Nadelbäume, besonders Fichten, hat es dagegen auch in und um Aachen massiv erwischt. Spaziergängern fällt das nicht mal unbedingt auf. Denn vertrocknete Fichten werden bereits seit dem vergangenen Frühsommer systematisch gefällt und aus dem Wald geschafft. „Mit den meisten Flächen sind wir schon fertig“, sagt Krämer. Und das sei wichtig. Denn gerade aufgrund der Trockenheit setze der Borkenkäfer den Nadelgehölzen mächtig zu.
„Der Borkenkäfer befällt in der Regel Fichten“, erläutert der Chef des Gemeindeforstamts. Und Bäume, die wenig Wasser abbekommen haben, produzierten weniger Harz und könnten sich so schlechter gegen den Schädling zur Wehr setzen. Die Fichten hatten also doppelt zu leiden. Deshalb war auch das große Holzerntefahrzeug, der Harvester, vor allem im Notfalleinsatz unterwegs. „So ein Harvester schafft viel Holz schnell aus dem Wald, damit wir den Borkenkäfer rausbekommen“, erklärt Krämer.
2400 Hektar Wald sind im Eigentum der Stadt Aachen. Der Aachener Wald gehört zum Beispiel dazu, der Münsterwald oder der Brander Wald. Auf dieser Fläche, sagt Krämer, werden jedes Jahr zwischen 14.000 und 15.000 Kubikmeter Holz geschlagen, etwa 500 Lkw-Ladungen. Selbst nach dem extrem trockenen Sommer falle diese Menge nicht erheblich größer aus. „Aber wir schlagen unplanmäßig Holz ein.“ Mancher junge Fichtenbestand hätte sonst locker noch 20 bis 30 Jahre weiterwachsen dürfen. Wenn man sie lässt, werden Fichten immerhin um die 100 Jahre alt.
Auch in einer Eichenpflanzung muss Krämer feststellen, dass längst nicht alle der jungen Bäumchen wieder frisches Grün zeigen. Sie waren nach dem Orkan Kyrill 2007 gepflanzt worden und standen dort auch schon zwölf Jahre. Im Augustinerwald gibt es auf Pflanzflächen viele Ausfälle bei jungen Buchen.
Den wirtschaftlichen Schaden durch Trockenheit, Borkenkäfer und Sturmschäden schätzt Gerd Krämer auf eine Summe zwischen 300.000 und 400.000 Euro. Die 10.000 Lärchen, die im gesamten Forstbezirk bereits nachgepflanzt sind, schlagen in dieser Rechnung ebenfalls zu Buche.
Was wächst wo am besten? Pflanzungen werden im Gemeindeforstamt schon seit Jahren an unterschiedliche Standorte und an die zu erwartenden Herausforderungen des Klimawandels angepasst. „Es gibt Spezialisten für nasse, sumpfige Standorte, und es gibt Bäume, die an trockenen Standorten gut gedeihen“, sagt Krämer. Die Traubeneiche zum Beispiel komme auch mit trockenen Verhältnissen einigermaßen gut zurecht. „Und die Buche fällt erst aus, wenn es extrem trocken wird.“
Grundsätzlich aber lautet die Devise: Mischwald. „Eine schöne Auswahl an Baumarten ist wichtig“, sagt Krämer. „Wenn eine ausfällt, können wir mit den anderen weiterarbeiten. Diese Pflanzpolitik der vergangenen Jahr hat sich bewährt. Die gute Mischung macht’s.“ Am liebsten setzt aber Krämer auf Naturverjüngung und überlässt das Pflanzen der Natur. „Denn die Natur kann das besser als wir und sucht die besten Bäume für die Standorte aus“, sagt er. Die Fichten-Monokulturen der Nachkriegsjahre, die mit ihren flachen Wurzeln auch sehr sturmanfällig sind, verschwinden dagegen immer mehr aus dem städtischen Wald.
Manche Forstämter pflanzen angesichts zu erwartender Trockenperioden mittlerweile auch Baumarten, die in unseren Breiten bisher nicht vorkommen. Von Experimenten mit solchen Exoten hält Gerd Krämer allerdings nichts. „Die ökologischen Folgen sind schwer abschätzbar“, sagt er. „Und wir haben ja Baumarten, die mit der Trockenheit gut klarkommen.“
Viel zu trocken ist es aus Sicht des Fachmanns auch jetzt im Frühjahr. „Schauen Sie sich den Beverbach an“, sagt Krämer, „der hat kaum Wasser.“ Der Boden sei nach dem Winter bei weitem nicht ausreichend mit Feuchtigkeit gesättigt. Deshalb wünscht sich der Forstamtschef für die nächsten Monate viel Regen für den Wald und nicht zu viel Hitze. „Und ich hoffe sehr, dass wir dieses Jahr nicht wieder so ein Katastrophenjahr erleben.“