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Aachen: Heinrich Mussinghoff und Gerd Dicke feiern Jubiläum

Doppeltes Bischofsjubiläum in Aachen : Zwei, die ein weites Herz haben

Der Dom durfte am Wochenende Schauplatz von direkt zwei Jubiläen sein. Heinrich Mussinhof und Gerd Dicke feierten gemeinsam ihre bedeutenden Jahrestage. Dabei wurde auf eine Zeit zurückgedacht, die auch vom Mut zum Wandel geprägt war.

Aachen Papst Franziskus hat in seinem am Mittwoch veröffentlichten nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ manche Maßgaben zur Bedeutung und Rolle der Laien in der katholischen Kirche formuliert, die Heinrich Mussinghoff, als er noch Aachener Diözesanbischof war, im Grunde bereits vorweggenommen hat. Mussinghoff wollte, dass die Kirche in seiner Diözese übertriebenes Hierarchie-Denken hinter sich lässt und Laien mehr Verantwortung überträgt. Das war, als er damals die Initiative dazu ergriff, höchst fortschrittlich und so innovativ wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Mussinghoff, der am Wochenende im Aachener Dom mit einer großen Festgemeinde sein 25-jähriges Bischofsjubiläum gefeiert hat, sorgte für neue Strukturen im Bistum Aachen – zum Teil aus personeller und finanzieller Notlage, aber auch aus Überzeugung. Er förderte den Teamgedanken und leitete das Bistum entsprechend. Er ließ im besten Sinne viel zu. Ganz offen und souverän vertrat er die Devise: „Macht mal! Versucht mal! Ihr dürft Fehler machen; es muss nicht alles gelingen. Der größte Fehler wäre, wenn Ihr nichts tut.“

Mussinghoff war und ist ein moderner Bischof; viele Katholiken im Bistum Aachen haben das erst spät erkannt. Er eröffnete pastorale Möglichkeiten, die vom Geist des Aggiornamento des Zweiten Vatikanischen Konzils inspiriert sind. Er wurde von katholischen Reaktionären und auf einschlägigen Internetseiten wegen seiner Offenheit und Liberalität infam beschimpft und hat das nach außen hin mit bewundernswerter Ruhe ertragen.

Mussinghoff kam 1995 als Westfale in sein neues Bistum, wurde Aachener, aber kein Rheinländer. Klug, ausgleichend, ruhig und kompetent hat er 20 Jahre lang das Aachener Bistum geleitet. Er stellte sich Konflikten mit Geduld und Respekt vor dem Anderen - freundlich und bescheiden.

Er selbst nannte am Wochenende diese beiden Attribute, als er Weihbischof Gerd Dicke charakterisierte, und fügte „beständig und verlässlich“ hinzu. Beide feierten gemeinsam. Dicke erlebt in diesem Jahr einen ganz seltenen Jahrestag: das Goldene, 50-jährige Bischofsjubiläum. Und er begeht es so, wie man ihn kennt: liebenswürdig und eben zurückhaltend, mit angenehm dosierter Ironie und - fast 92-jährig - bewundernswerter Haltung, geistig hellwach und körperlich fit.

Der frühere Bischof von Erfurt, Joachim Wanke, der nach eigenen Worten 17 Jahre lang mit Mussinghoff in der Bischofskonferenz „zusammen gesessen, gelitten und gekämpft“ hat, setzte sich in seiner Festpredigt im Dom bemerkenswert selbstkritisch mit dem Bischofsamt auseinander, das „Reputation und Vertrauen verloren“ habe. Bei der Frage nach bischöflicher Autorität komme es nicht auf „Können, Klugheit und Geschick“ an, es gehe nicht um „Erfolgszwang und Leistungsdruck“, sondern um „die Liebe zum Herrn“.

Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp würdigte die Offenheit beider Jubilarbischöfe, deren Verdienste um eine „multireligiöse, multiethnische und multikulturelle Gesellschaft“ in Aachen und Mussinghoffs vielfältige und nachhaltige Impulse insbesondere für die christlich-jüdische Zusammenarbeit.