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Übergang von G8 zu G9: 2023 kommt die Lücke in der Oberstufe

Übergang von G8 zu G9 : 2023 kommt die Lücke in der Oberstufe

Als Folge der Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit fehlt ab dem Schuljahr 2023/24 für drei Jahre ein Oberstufenjahrgang. Deshalb muss ein Aachener Gymnasium ein zusätzliches Angebot für Seiteneinsteiger und Wiederholer einrichten.

Nach dem doppelten Abiturjahrgang kommt jetzt die Lücke in der Oberstufe. Die Rückkehr der Gymnasien von G8 zur neunjährigen Schulzeit beschert der Stadt Aachen nicht nur aufwendige und sehr teure Ausbauten an mehreren Schulen. Die Kommune muss auch Ersatz schaffen für einen fehlenden Oberstufenjahrgang ab dem Schuljahr 2023/24. Der städtische Schulausschuss befasst sich am 9. Dezember mit dem Thema.

Unter G8 gliederte sich die dreijährige Oberstufe in die Einführungsstufe (EF) und die zweijährige Qualifizierungsphase mit Q1 und Q2. Mit der Oberstufe ging es in der Jahrgangsstufe 10 los. Die Umstellung auf G9 begann mit dem Schuljahr 2019/2020 in den Jahrgängen 5 und 6 des Gymnasiums. Diese Umstellung bedeutet aber auch: Im Schuljahr 2023/24, zehn Jahre nach dem doppelten Abiturjahrgang, gibt es an den Gymnasien, die zu G9 zurückgekehrt sind, erstmals wieder eine Klasse 10 in der Sekundarstufe I – und damit keinen Start in die Oberstufe. Da tut sich also eine Lücke auf.

Das ist kein Drama für die meisten Schülerinnen und Schüler, die ohnehin schon an einem Gymnasium zur Schule gehen. Sie starten einfach ein Jahr später in die dreijährige Oberstufe. Die Lücke tut sich vielmehr auf für alle, die nach der Sekundarstufe I von anderen Schulformen auf ein Gymnasium wechseln wollen, um dort das Abitur anzupeilen. Für sie ist schlicht und ergreifend keine Jahrgangsstufe vorhanden, in die sie wechseln könnten.

Ein Realschüler, der 2023 in die Oberstufe eines Gymnasiums will, kann dort nicht in Klasse 10 wechseln, weil die nach dem neuen G9-System noch zur Sekundarstufe I gehört. Die Klasse 11 ist aber auch keine Option, weil die (nach der alten G8-Systematik) schon zur Qualifizierungsstufe gehört.

Gleichermaßen betroffen von der Lücke sind Schülerinnen und Schüler, die eine Klasse wiederholen müssen. Wer zum Beispiel nach dem alten G8-System die EF (Jahrgangsstufe 10) wiederholen muss, für den ist im Jahrgang darunter keine EF vorhanden, weil sie erst ein Jahr später startet. Das Problem mit dem fehlenden Jahrgang zieht sich auch durch die beiden folgenden Schuljahre 2024/2025 und 2025/2026.

Das geht so nicht, hat das NRW-Schulministerium festgestellt und in Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden festgelegt, dass pro Kreis oder kreisfreier Stadt an mindestens einem Gymnasium „eine aufsteigende Jahrgangsstufe“ für Seiteneinsteiger und Wiederholer aus dem letzten G8-Jahrgang gebildet werden muss.

Nach Schätzungen aus Düsseldorf müssen für rund 8000 Schülerinnen und Schüler in 53 Kreisen und kreisfreien Städten solche „Wechseloptionen“ in der Oberstufe bereitgehalten werden. Zeitnah sollen die Schulträger, also auch die Stadt Aachen, dafür die Weichen stellen.

70 Schulplätze nötig

Die städtische Schulverwaltung hat die vergangenen fünf Jahrgänge unter die Lupe genommen und kommt zu dem Schluss, dass in Aachen rund 70 Schulplätze bereitgestellt werden müssen. Dieser zusätzliche Oberstufenjahrgang soll nach dem Vorschlag der Verwaltung am Einhard-Gymnasium eingerichtet werden.

Bei einer Abfrage hatte das Gymnasium an der Robert-Schuman-Straße Interesse bekundet, für ganz Aachen die Lücke im Schulangebot zu füllen. Und es gibt sogar einen zweiten Bewerber. Auch das Anne-Frank-Gymnasium in Laurensberg sieht sich in der Lage, einen zusätzlichen Jahrgang im Gebäude am Hander Weg unterzubringen und mit Unterricht zu versorgen.

Aus Sicht der Verwaltung gibt es aber gewichtige Argumente für das Einhard-Gymnasium. So sei die Schule aufgrund ihrer zentralen Lage in Burtscheid gut zu erreichen. In den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl der Seiteneinsteiger am Einhard-Gymnasium, „nicht zuletzt aufgrund bestehender Kooperationen mit Nachbarschulen anderer Schulformen“, sehr hoch gewesen, argumentiert die Verwaltung.

Reichlich Erfahrung sei also ebenfalls vorhanden. „Im Vergleich dazu hatte das Anne-Frank-Gymnasium in den vergangenen Jahren eine sehr geringe Anzahl an Seiteneinsteiger*innen, die von einer anderen Schulform in die Oberstufe gewechselt sind“, heißt es weiter in der Verwaltungsvorlage.

Und schließlich sieht die Verwaltung das Einhard-Gymnasium in der Lage, ein umfangreiches Kursangebot zu machen, Auswahl also für Wechsler und Wiederholer. Denn normalerweise wählen Schülerinnen und Schüler, die von anderen Schulen und Schulformen kommen, ihre neue Schule nach deren Schwerpunkten und dem Angebot an Leistungskursen. Diese Option fällt 2023/24 aus.

Deshalb sei es wichtig, dass das Einhard-Gymnasium eine große Oberstufe und viele Kurse zu bieten habe. „Seitens der Schulleitung wurde zugesagt, dieses breite Angebot möglichst auch dem in Rede stehenden Jahrgang anzubieten“, betont die Verwaltung.

Anfang Februar will das Schulministerium eine landesweite Liste mit den zu erwartenden „Bündelungsgymnasien“ veröffentlichen, damit junge Leute sich frühzeitig Gedanken machen können, wohin sie denn für die Oberstufe wechseln wollen.

Was in der Verwaltungsvorlage für den Schulausschuss (Donnerstag, 9. Dezember, 17 Uhr, in der Aula der Heinrich-Heine-Gesamtschule, Hander Weg) nicht erwähnt wird: Nicht nur die Gymnasien führen Seiteneinsteiger zum Abitur. Auch an den Gesamtschulen und an Berufskollegs mit gymnasialer Oberstufe kann man die Allgemeine Hochschulreife erwerben.