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Pension der Oberbürgermeisterin: 14 Fragen an Keupen, die es in sich haben

Pension der Oberbürgermeisterin : 14 Fragen an Keupen, die es in sich haben

Die Pension der Aachener Oberbürgermeisterin beschäftigt nun die Bezirksregierung, die den Ratsbeschluss auf Rechtmäßigkeit überprüft. Die Fraktionen ringen derweil um eine gemeinsame Stellungnahme und haben viele Fragen.

Die Aachener Oberbürgermeisterin und ihre Pensionsansprüche: Die Berichte unserer Zeitung darüber, dass Sibylle Keupen bei einem Ausscheiden aus ihrem Amt nach nur fünf Jahren bereits Anspruch auf eine sofortige Pension von 4122 Euro hat, haben hohe Wellen geschlagen. Bei vielen Leserinnen und Lesern, die kein Verständnis für solch hohe sofortige Pensionen haben. Aber auch bei der Politik im Aachener Stadtrat, die Keupen per Beschluss die frühe Pension ermöglichte.

Dort fühlen sich viele von der Verwaltung gelinde gesagt zumindest schlecht informiert. Hinter vorgehaltener Hand sprechen manche Ratsleute auch davon, dass sie sich „getäuscht“ fühlen. Und in einem Entwurf für ein gemeinsames Schreiben der Fraktionen an die Oberbürgermeisterin ist unter anderem von „Verwunderung“ und „Irritation“ in der Politik die Rede – vor allem darüber, dass dem Rat wichtige Informationen zur Entscheidung in der Verwaltungsvorlage vorenthalten worden waren und man dies erst im Nachgang aus unserer Zeitung erfuhr.

Denn dass der Stadtrat die Oberbürgermeisterin durch die Anerkennung von sogenannten „förderlichen“ vorherigen Tätigkeiten auch dann über die eigentliche Pensionsgrenze von acht Jahren heben kann, wenn sie schon nach fünf Jahren ausscheidet, ist in NRW gesetzlich geregelt. Diese Möglichkeit eröffnet das relativ neue „Gesetz zur Attraktivitätssteigerung des kommunalen Wahlamts“, das 2020 in das Landesbeamtenversorgungsgesetz eingefügt wurde.

Allerdings setzt das Gesetz auch eine Frist: In den ersten drei Monaten nach Dienstbeginn müsse über diese Anerkennung entschieden werden, heißt es dort unmissverständlich. Und in der Vorlage der Verwaltung, die ausführlich aus dem Gesetz zitiert, fehlt ausgerechnet zu dieser Frist jeglicher Hinweis.

Dabei ist genau diese Frage für Keupens Pensionsansprüche möglicherweise von entscheidender Bedeutung. Denn die Oberbürgermeisterin ist seit dem 1. November 2020 im Amt, der Rat hat nun aber erst 17 Monate danach über ihre Pension entschieden – eine deutliche Fristüberschreitung, durch die der Beschluss eventuell rechtswidrig sein könnte.

Auf Anfrage unserer Zeitung hatte Keupen am Freitag erklärt, sie sei seitens der Personalverwaltung bereits im Dezember 2020 über ihre ruhegehaltsfähigen Zeiten informiert worden. Danach sei es jedoch von der Verwaltung „versäumt“ worden, das Ganze dem Rat zur Entscheidung vorzulegen. Erst kürzlich sei dies bei der Prüfung von Versicherungsfragen zufällig aufgefallen.

All dies erfuhren die Politikerinnen und Politiker im Stadtrat erst nach der Entscheidung und dazu auch noch nur aus unserer Zeitung, weshalb die Verärgerung nun groß ist. Auf den Fraktionsfluren ging es jedenfalls seit Anfang dieser Woche hoch her. Heftig gerungen wurde um eine gemeinsame Stellungnahme der Fraktionen und einen umfangreichen Fragenkatalog an die Oberbürgermeisterin – bisher ohne einvernehmliches Ergebnis.

Eine erste Version, die unter Federführung vornehmlich der CDU, aber auch der SPD entstanden sein soll, soll manchen vom Ton her zu heftig gewesen sein. Einigkeit bestand allerdings darin, die Bezirksregierung einzuschalten, um die Rechtmäßigkeit des Ratsbeschlusses prüfen zu lassen. Dem kam die Verwaltung am Dienstagnachmittag zuvor, indem sie dies selbst veranlasste – wie die Bezirksregierung auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte. Da stand der geharnischte Brief schon im Raum. Das OB-Büro lud daraufhin am frühen Dienstagnachmittag für den späten Dienstagnachmittag die Politik zwecks Erläuterung zu einer Videokonferenz ein. Dem Vernehmen nach ging es in dieser Runde durchaus hoch her.

Um eine zweite Version mit 14 Fragen, die es zum Teil in sich haben, wurde dann am Mittwoch gerungen. SPD, CDU und FDP standen dahinter. Vor allem die Grünen, für die die parteilose Keupen ins OB-Amt gewählt worden ist, hatten dem Vernehmen nach noch Bedenken – insbesondere was die Fragen anging zum „Vertrauen in die Wahrheit und Vollständigkeit von Verwaltungsvorlagen“, wie es in dem Entwurf heißt.

Ansonsten geht es in dem Fragenkatalog unter anderem darum, warum die verstrichene Frist in der Vorlage nicht erwähnt wurde, ob die Verwaltung tatsächlich „die Außerachtlassung der Frist rechtlich geprüft“ habe, ob Keupen über die Frist-Problematik informiert gewesen sei, ob die fehlerhafte Beschlussfassung für ihre Pensionsansprüche nun Konsequenzen habe und ob hieraus auch der Stadt ein Schaden entstehen könne.

Um Beantwortung der Fragen im nichtöffentlichen Teil der nächsten Stadtratssitzung wird gebeten, so wie es bei Personalangelegenheiten üblich ist. Allerdings gibt es in der Politik auch Stimmen, die sich eine öffentliche Diskussion im Rat vorstellen könnten. Was im Übrigen andernorts durchaus schon so praktiziert worden ist, wie das Beispiel Wuppertal zeigt.

Im dortigen Stadtrat wurde am 7. Dezember 2020 fristgerecht über die Anerkennung der förderlichen Zeiten auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit des neuen Oberbürgermeisters Uwe Schneidewind entschieden – in öffentlicher Sitzung. Und in der ebenso öffentlichen Vorlage hierzu stand extra noch dick unterstrichen mit Verweis auf das neue Gesetz der Satz: „Danach sind die Entscheidungen innerhalb von drei Monaten nach Begründung des Wahlbeamtenverhältnisses zu treffen.“