Leserbriefe zur Lage an der Belarussischen Grenze : Von Hoffnung und Erpressung
Meinung In ihren Leserbriefen beschäftigen sich unsere Leserinnen und Leser heute mit der Europäischen Union, der Flucht und der Lage an der Grenze von Belarus.
Beate Banahan aus Heinsberg meldet sich zum Bericht „Belarus: Maas gegen Aufnahme von Migranten“ zu Wort:
Es ist eine humanitäre Katastrophe, die sich momentan an der Grenze zu Polen abspielt. Man muss sich einmal in die Lage dieser Menschen versetzen, die vor Krieg und Elend geflohen sind – in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Und nun in diesem „Niemandsland“ bei Kälte und Nässe tage- und nächtelang ohne Wasser und Nahrung mit Babys und Kindern unter unmenschlichsten Bedingungen ausharren müssen!
Sie können nicht mehr vorwärts und nicht mehr zurück. Man hat sie mit Stacheldraht eingekesselt, damit sie nicht in unser geliebtes Europa eindringen können. Und die politisch Verantwortlichen schauen einfach nur weg und ignorieren so gut es geht dieses Drama, bei denen schon mehrere Menschen gestorben sind. Wovon sollen sie sich auch ernähren? Kinder und Babys werden immer schwächer und saugen schon an Zweigen, um irgendwie zu überleben. So etwas nennt man unterlassene Hilfeleistung und ist strafbar. Und das ist harmlos ausgedrückt. Man nimmt in Kauf, dass die Menschen dort alle sterben werden.
Diese Flüchtlingskrisen sind die Ergebnisse unserer Taten. Furchtbare Kriege, die mit von uns hergestellten Waffen geführt werden und Zerstörung und Elend über die Völker bringen. Deutschland und Europa müssen Verantwortung übernehmen und sind deswegen in der Pflicht, diese Menschen aufzunehmen und sie vor dem Tod zu retten. Ein Vers eines längeren Gedichtes von dem berühmten persischen Dichter Saadi lautet: Du, den nicht Menschenleiden rühren, kannst auch den Namen „Mensch“ nicht führen.
Gerd Bangel aus Baesweiler meint zu Belarus:
Arm gegen reich. Diejenigen, die wir verhungern lassen, setzen ihren Körper als Waffe ein. Wir wollen immer mehr und nehmen anderen die Luft zum Atmen.
Manfred Huppertz aus Monschau fragt hinsichtlich des belarussischen Machthabers:
Warum ist es nicht möglich, den Staatsverbrecher Alexander Lukaschenko in Abwesenheit vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag anzuklagen und zu verurteilen? Damit sollte jedem Staatsstraftäter klar sein, dass er für seine Straftaten bis ans Lebensende verantwortlich gemacht wird, auch wenn sein Machtgefüge ihn nicht mehr schützt.
Wilfried Duisberg aus Aachen beschäftigt sich ebenfalls mit der Situation an der Grenze zu Polen:
Europa lässt sich immer wieder am Nasenring seiner Unehrlichkeit von Despoten unglaubwürdig machen und verliert immer mehr an Ansehen und Respekt. 26 Staaten schauen, wie das Kaninchen auf die Schlange, auf ein paar Tausend hilflose und politisch missbrauchte Menschen und haben nur die eine Antwort, wie auch schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten: Säbelrasseln, gewaltbereite Abschottung, Zäune und Wasserwerfer bei Frost auf wehrlose, verzweifelte Menschen.
Despoten auf der ganzen Welt schlagen sich auf die Schenkel, wenn die „christliche“ Frau Ursula von der Leyen von den europäischen Werten spricht. Auch wenn ein paar Hundert Iraker zurückgeflogen sind, lässt sich Lukaschenko das Pfand der anderen Hilflosen nicht aus der Hand nehmen, um aufzuzeigen, dass Europa bei den ach so oft besungenen Menschenrechten mit brutalem zweierlei Maß misst. Warum nimmt Europa die verbrecherisch hergeschleusten Menschen nicht sofort an der Grenze auf und führt ein reguläres Asylverfahren durch – gemäß unseren Werten?
Die Kosten für diesen Aufwand lassen sich recht großzügig von den europäischen Konten der Oligarchen des jeweiligen Despotenlandes abbuchen. Gleichzeitig konsequent ein Verbot der Überflug- und Landerechte für die beteiligten Fluggesellschaften ab dem ersten Tag für mehrere Monate zu verhängen, macht sofort spürbar, dass bei Menschenrechtsverletzungen mit Europa nicht zu spaßen ist. Zudem würde auffallen, wie breit die EU geographisch ausgedehnt ist und ganz schön quer im Wege liegen kann. Dies ist auch eine Macht, die nicht unterschätzt werden sollte. Haben die Politiker*innen dazu keinen Mut?
Uwe Fischer aus Hückelhoven merkt zum Artikel „Gibt die EU ihre Grundwerte auf?“ an:
Belarus hat die Menschen eingeladen. Belarus ist ein sicherer Hafen und soll sich kümmern. Wenn Menschen die Möglichkeit haben zurückzugehen, dann fehlt der wichtigste Fluchtgrund. Da muss die EU hart bleiben und nur Menschen mit wahren Asylgründen aufnehmen. Und noch eins: Ich lade mir zu Weihnachten Dutzende Menschen ein, um sie dann bei den Nachbarn einzuquartieren und zu alimentieren. Wenn das einmal geht, dann gute Nacht EU! Dann sind auch 50 Millionen Wirtschaftsflüchtlinge schnell in der EU.
Horst Lübke aus Herzogenrath hat sich Gedanken zur derzeitigen politischen Lage der EU gemacht:
Der Beitritt der Türkei zur EU schwirrt immer noch in den Köpfen verschiedener Politiker herum. Solange Erdogan und Co. an der Macht sind, sollten solche Gedanken da bleiben, wo sie entstehen – im Kopf – und nicht mehr ausgesprochen werden. Viktor Orban (Ungarn) und Miloš Zeman (Tschechien) können wegen des Einstimmigkeitsprinzips die EU blockieren. Man liest und hört von Bestrebungen, den Westbalkanstaaten eine Beitrittsmöglichkeit zu eröffnen, und dann von einem neuen Balkankonflikt. England hat sich der angeblichen Bevormundung durch Brüssel durch den Austritt entzogen, zwischen Frankreich und Deutschland gibt es auch unterschiedliche Meinungen zu Kompetenzen der EU. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte ist für „klare Kante“ gegenüber Polen wegen der Eingriffe in die Gewaltenteilung im Land. Ein Europa der mindestens zwei Geschwindigkeiten besteht bereits, vielleicht sollte es auch offiziell geschaffen werden – politisch, rechtlich und finanziell.