1. Leserbriefe

Leserbriefe zu gesellschaftlichen Debatten

Leserbriefe zu gesellschaftlichen Debatten : Drogen, Jugend und Krieg

In dieser Ausgabe der Leserbriefe beschäftigen sich unsere Leserinnen und Leser mit der psychischen Verfassung der Jugendlichen, Drogen, Schadstoffen und Filmempfehlungen.

Daniel Enniger aus Düren meldet sich zum Bericht „Cannabis und Alkohol im Vergleich“ zu Wort:

Als ich zum Frühstück Ihrem Beitrag entnehmen musste, dass Alkohol eine Volksdroge mit Jahrhundertealter Tradition sei, wogegen sich Cannabis erst seit einigen Jahrzehnten verbreiten solle, ist mir doch fast der Joint ins Bierglas gefallen. Aber im Ernst: Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen überhaupt, er wird seit ungefähr 12.000 Jahren weltweit angebaut, und schon lange vorher wurden nachweislich auch Wildfunde verarbeitet. Aus Asien kommend, etablierte sich die Pflanze vor etwa 5500 Jahren auch im heutigen Deutschland, wo sich schnell eine mannigfaltige Verarbeitung zu Seilen, Stoffen und auch als Lebensmittel sowie zu medizinischen und zu Rauschzwecken etablierte. Selbst Karl dem Großen war Hanf nachweislich nicht unbekannt. Nur weil die Chemieindustrie und die Prohibitionsbewegung im letzten Jahrhundert alles Menschenmögliche versucht hat, die Pflanze auszurotten, ist sie die am meisten konsumierte Droge weltweit. Die Prohibition ist gescheitert und macht nur den Schwarzmarkt reich. Schützt die Jugend und holt die erwachsenen Konsumenten aus der Illegalität. Vielleicht sollten wir, statt Kohle abzubauen, lieber großflächig Hanf anbauen. Besser für unsere CO2-Bilanz wäre es allemal.

Leo Knoben aus Gangelt meldet sich zum Artikel „Gemütsverfassung wie im Krieg“ zu Wort:

Die Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) attestieren den Abiturienten einen Gemütszustand wie im Krieg? Wenn die Hochschulabgänger ihr Abitur 1940 gemacht hätten, wäre längst der Gestellungsbefehl des Reichsarbeitsdienstes Tage vorher im Briefkasten gewesen. 50 Pfennig als Reinverdienst des mit dem Spaten bewaffneten Arbeitsmannes. Der Übergang vom Reichsarbeitsdienst zur Wehrmacht war fließend, es folgte die Rekrutenausbildung, dann die Offiziersschule, Bestandteil war die Frontbewährung. Wer sich freiwillig zur Kriegsmarine oder Luftwaffe meldete, bekam das Abitur geschenkt. Unser Nachbar, der diese Karrierelaufbahn wählte, ist schon beim ersten Einsatz bei Minsk gefallen. Kein Ritterkreuz, kein eisernes Kreuz, ein schlichtes Birkenkreuz ziert sein Grab. Wer nicht spurte, wer eine andere als die gängige Meinung vertrat, stand unter steter Beobachtung, für ihn gab es keinen Aufstieg, dieser arme Teufel hatte die gleichen Depressionen zu ertragen wie der Frontsoldat, der täglich in Todesgefahr die steile beschwerliche Laufbahn des Offiziers erfolgreich erreicht hatte. Meine Frage: Wo ist der heutige Hochschulabgänger von einer ähnlichen Gefahr bedroht? Sind die beurteilenden Forscher wirkliche Zeitzeugen? Gegen eine Epidemie kann man sich schützen, wenn man nur möchte. Die Abi-Zeitgenossen von 1940 waren entrechtet, entmündigt, waren ständig vom allumfassenden Kriegsrecht bedroht. Wo ist auch nur ein annähernder Vergleich festzustellen? 

Auch Harald Werner aus Aachen hat sich Gedanken zum Bericht „Gemütsverfassung wie im Krieg“ gemacht:

Sorry, aber das geht ja voll daneben. Wer einen Krieg erlebt hat wie viele unserer Soldaten in Afghanistan, hat ehrlich gesagt ganz andere, wesentlich gravierendere Erlebnisse zu verarbeiten.

Iris Mohr-Böhmer aus Aachen befasst sich mit der Filmkritik „Die Revolution im Restaurant“ zu „À la carte!“ von Eric Besnard:

Mit Genuss haben mein Mann und ich den von Günter H. Jekubzik zu Recht in den höchsten Tönen gelobten Film „À la carte“ gesehen. Allerdings hatte seine kurze, neugierig machende Schilderung doch einige – sagen wir mal – interpretatorische Ungenauigkeiten, oder er hat schlicht einige Szenen nicht richtig begriffen. So wie auch sein Urteil, den Film „Birnenkuchen mit Lavendel“ desselben Regisseurs als „belanglose Nettigkeit“ zu bezeichnen, nur daraus resultieren kann, dass er diesen Film nicht verstanden hat.

Dr. Frohlinde Weber aus Aachen äußert sich zum Text „Das Kreislaufproblem bei Textilien“:

Mir scheint, hier wird das Pferd vom Schwanz aufgezäumt, das heißt, man denkt und plant vom verkehrten Ende her. Viel näher liegt doch, die Überproduktion von (viel zu billigen) Textilien vom „Kopf“ her – also von der Produktion her – zu bekämpfen beziehungsweise zu verringern. Das wäre einfach möglich, indem die Arbeiterinnen in Bangladesch auskömmlich bezahlt und ihre Produkte zu entsprechend höheren Preisen verkauft werden würden. Dann genössen diese zugleich mehr Wertschätzung und würden entsprechend länger getragen. Später könnten sie als Second-Hand-Ware weitergegeben werden, wie es ja auch schon vielfach geschieht. Etwas selbst zu ändern oder zu reparieren, muss selbstverständlich sein/werden. Ich habe so etwas in der Grundschule – die damals Volksschule hieß – und zu Hause gelernt. Viele ÄnderungsschneiderInnen, oft türkischer Herkunft, machen das heute mit großem Geschick.

Werner Schunck aus Aachen beschäftigt sich mit der Meldung „Schadstoffe: Kinder sind weniger damit belastet“:

Es scheint, als würde das Leben auf Erden besser. Leider ist es nicht so. Zunächst wurden nur Stoffe gemessen, die sich beziehungsweise deren Umwandlungsprodukte im Urin nachweisen lassen. Selbst aus dem kleinen Artikel können weder Erzieher noch Eltern Maßnahmen ableiten, die zu einer weiteren Absenkung führen könnten. Wenn man sich den Untersuchungsbericht des Landesumwelt­amtes anschaut, stellt man fest, dass im Wesentlichen Pseudohormone wie Bisphenol A aus Kunststoffen und Insektizide untersucht wurden. Zum Beispiel wurde Fluorid nicht untersucht, welches in Zahnpasta ist. Es ließe sich dennoch gut im Urin bestimmen. Ob es Unterschiede in verschiedenen Altersgruppen oder nach Geschlechtern beziehungsweise nach Wohnsituation oder nach Gehaltsklassen der Eltern gibt, kann man nach diesen Ergebnissen nicht sagen. Handlungshinweise für Eltern und Erzieher fehlen. Daraus folgt für Eltern und Erzieher: Alles ist gut. Bis man in Jahren feststellt: Oh, man hätte doch ... Aber dann haben wir neue Probleme.

Susanne Kusner aus Erkelenz merkt zum Artikel „Fahranfänger sollen ausgebremst werden“ an:

Vom Prinzip her ist es richtig, das Fahren von Führerscheinneulingen sicherer zu machen. Anstatt die Anforderungen zu verschärfen, sollte man das komplett ausschöpfen, was es bereits gibt. Auch heute machen viele ihren Führerschein erst mit 18 Jahren, oder sie machen die Prüfung erst ein viertel Jahr, bevor sie 18 Jahre alt werden, und haben nur drei Monate begleitetes Fahren hinter sich. Also sollte man begleitendes Fahren für ALLE Fahranfänger über mindestens sechs Monate hinweg verpflichtend machen, bevor man weitere Regeln aufstellt. Vielleicht schauen sich die Verantwortlichen erstmal genau die Zahlen an und analysieren, wie viele der jungen Unfallverursacher/Verunfallten überhaupt die Fahr­erlaubnis für begleitendes Fahren hatten, und verschärfen dann (oder auch nicht) die Regeln für den Führerschein.

(red)