Köln : Zum Vernaschen viel zu schade
Köln So muss es in einer Wunderkammer aussehen. Das Licht geheimnisvoll gedimmt, keine Fenster in den Wänden, die Temperatur auf kühle 18 Grad reguliert.
Das Kölner Museum Ludwig, Hort illustrer zeitgenössischer Kunst, hat alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen, um die Werke seiner neuen Ausstellung zu schützen. Es handelt sich um 21 Plastiken aus einem ebenso ungewöhnlichen wie leicht schmelzenden Werkstoff: Schokolade.
Gemeinsam mit dem Schoko-Museum der Stadt zeigt das Haus kalorienreiche Arbeiten international bekannter Künstler wie dem Pop-Pionier Claes Oldenburg oder dem Max-Beckmann-Preisträger Ilya Kabakov.
Vielseitige Entwürfe
Neben Picasso und Warhol für den Geist findet der Besucher nun auch auch Kunst für den Bauch. Die Glasvitrinen in den Museen erlauben den Blick auf ganz unterschiedliche Motive. „Es ist erstaunlich, wie vielseitig die Entwürfe sind”, sagt der Direktor des Ludwig-Museum, Kasper König. Besonders lecker erscheint die mundgerechte Ausgabe des Kölner Doms aus Zartbitterschokolade.
Die Statue eines dicken Museumswärters, eine spiegelglatte Schallplatte und ein Madonna-Relief lassen Betrachter über die Möglichkeiten staunen, die der süße Stoff zeitgenössischen Bildhauern bietet. Dass Schokolade nicht immer appetitlich sein muss, macht dagegen ein Panoptikum mit zwei abgetrennten Beinen und dazwischen liegenden Föten deutlich.
Die geballte Ladung dunkler und weißer Schokolade lässt so manchem Betrachter das Wasser im Munde zusammenlaufen. „Naschen ist aber verboten”, sagt die Kuratorin der Ausstellung „Kunst in Schokolade”, Julia Friedrich.
Denn nicht um die Schokolade als Süßigkeit gehe es in der bis zum 19. Juni dauernden Schau, sondern primär um das untergehende Kunsthandwerk des Schokoförmchenbaus.
Vor allem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert war geformte Schokolade der Renner bei der wohlhabenden Bevölkerung. Die Modellpalette reichte von Autos über Glühbirnen und Pflanzen bis hin zu hübschen Frauen. Selbst Hakenkreuze und Porträts von Adolf Hitler aus brauner Schokolade gab es zu kaufen.
In der Geschichte des Genussmittels spiegele sich alles Gute und Böse, sagt Friedrich. „Heute kennen wir nur höchstens noch den Weihnachtsmann und den Osterhasen”, sagt Friedrich. So ist es Ziel des Ludwig-Museums, die künstlerischen Bezüge der Skulpturen in den Vordergrund zu stellen.
Das als Schokoladen-Museum bekannte Imhoff-Stollwerck-Museum zeigt dagegen, wie aus dem süßen Material überhaupt ein Kunstobjekt werden kann. Nach Ende der Ausstellung sollen die Plastiken in die Sammlung des Museums eingehen, sagt Julia Friedrich. „Gegessen werden sie jedenfalls nicht.”
Museum Ludwig, Bischofsgartenstraße 1, Tel.0221/2212-6165, Ausstellung „Kunst in Schokolade”, bis 19.6.
Geöffnet: Di.-Do. 10-18 Uhr, Fr. 11-18 Uhr, Sa./So./feiertags 10-18 Uhr.