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Eschweiler: Zerplatzte Träume, zerstörtes Vertrauen

Eschweiler : Zerplatzte Träume, zerstörtes Vertrauen

Als der erste Ballon platzte, zuckte auch der Bischof zusammen. „Vertrauen” stand auf dem Luftballon; Visionen, Lebensunterhalt, Zukunft, Berufung auf anderen - Ballon um Ballon platzte vor der Kirche St. Peter und Paul in Eschweiler, wo Bischof Heinrich Mussinghoff gerade 15 Gemeinde- und Pastoralreferenten zu ihrem Dienst im Bistum Aachen beauftragt hatte.

Martin Swoboda sprach für die 31 Pastoral- und Gemeindeassistenten aus dem Bistum. Er sprach von Trauer und Enttäuschung, „dass uns der Weg in den kirchlichen Dienst versagt wird”, von zerstörten Hoffnungen und verlorenem Vertrauen. Er appellierte an den Bischof, die Entscheidung zu revidieren. Dann ließ er den letzten Ballon los, der langsam hinauf in den Abendhimmel stieg. Der Aufdruck: „Hoffnung”.

Am Dienstag der vorigen Woche hatten die angehenden Pastoral- und Gemeindereferenten erfahren, dass das Bistum Aachen die Ausbildung dieser beiden Berufsgruppen einstellt - für mindestens acht Jahre, wie Mussinghoff in Eschweiler sagte; für drei bis fünf Jahre, wie es am Montag beim Bistum hieß.

Vorerst die letzten Referenten

Die 15 Männer und Frauen, die in der Eschweiler Kirche St. Peter und Paul feierlich beauftragt wurden, sollen die vorerst letzten sein, die in den Kirchendienst übernommen werden. „Bis 2008 gibt es keine Einstellungen”, bestätigte Pressesprecher Jobst Rüthers.

Wer im zweiten oder dritten Jahr der dreijährigen Assistenzzeit ist, kann die Ausbildung beenden, wird dann aber nicht eingestellt. Die Aussicht, bei einem anderen Bistum unterzukommen, sei fast Null, sagt Tina Lindemann. Sie ist die Sprecherin der Gemeindeassistenten im Bistum.

Problem „noch ungelöst”

Das wird auch beim Bistum so gesehen: „Es gibt in den anderen Bistümern eine vergleichbare Entwicklung”, weiß Rüthers. Für jene acht Gemeinde- und zwei Pastoralassistenten aber, die im ersten Jahr ihrer Ausbildung sind, könnte bereits nach diesem Jahr Schluss sein. Das Problem sei „noch ungelöst”, sagt der Pressesprecher. „Die können das Jahr quasi wegwerfen”, ärgert sich Tina Lindemann.

Vertane Jahre wohl auch bei den jungen Menschen aus dem Bistum Aachen, die in Paderborn Religionspädagogik studieren, mit dem Berufsziel Gemeindereferent. Wer dort gerade begonnen hat, kann seine Koffer packen. Die unteren Semester können noch die Vorlesungen besuchen, aber „es nutzt ihnen nichts”, versichert Lindemann, denn für den Abschluss sind Praktika in den Gemeinden des Bistums Bedingungen, und diese Praktika gebe es nicht mehr. Bischof Mussinghoff will mit den Studenten reden.

Tränen flossen bei einigen der 31 Assistentinnen und Assistenten, die sich vor der Kirche in Eschweiler versammelt hatten. Keiner von ihnen hatte erwartet, dass die Kirche sie nicht übernehmen will. „Wenn sie bis Montag hören ,Sie sind wichtig, Sie sind der Kern der neuen Zukunftskirche’ und am Dienstag heißt es ,Tschüß!’ - das ist der absolut tiefste Vertrauensbruch”, klagte eine von ihnen.

Kein Beruf wie jeder andere

„Es ist ja kein Beruf wie jeder andere”, meint Tina Lindemann: „Es sind Leute, die mit ihrer Berufung gekämpft haben, auch Leute, die ihren Beruf und Stand aufgegeben haben.” Und Martin Swoboda grübelt laut darüber nach, ob dies „der Weg zur Priesterkirche” sei.

Die Gefahr, dass durch die jetzigen Sparbeschlüsse ein ganzer Berufszweig verschwindet, wird auch beim Generalvikariat gesehen. „Die Entscheidung, was die Perspektiven des Berufsstandes angeht, ist ganz schwierig”, formuliert es Rüthers. Und er hofft, dass durch die Aussetzung der Ausbildung der Beruf nicht nachhaltig geschädigt werde.