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Aachen: Zeichenkunst in St. Fronleichnam: Silbermond und Zauberlinien

Aachen : Zeichenkunst in St. Fronleichnam: Silbermond und Zauberlinien

Eine breite Palette zeitgenössischer Zeichenkunst ist ab Sonntag (Eröffnung: 11.30 Uhr) in einem architektonischen Juwel, dem zweitbedeutendsten Aachener Kirchenbau, zu besichtigen: in der 1930 nach dem Entwurf von Rudolf Schwarz errichteten Fronleichnamskirche, Düppelstraße.

Karl von Monschau hat zum dritten Mal zu seiner „Carte Blanche” wieder eine Reihe hiesiger Künstler eingeladen, die selbst wiederum Kollegen daran beteiligen dürfen. Das Spektrum reicht von malerisch wirkenden Farbstiftzeichnungen von Karl-Heinz Jeiter, der eine abstrakte Figuration in einer Serie von 40 quadratischen Variationen präsentiert, bis zu Wort-Linien und Schriftzeichen, die Gisela Klaßen aus Draht zurechtbiegt.

Die studierte Produktdesignerin geht dabei ganz bewusst auf die intuitiv empfundene „Philosophie des Raums” ein und macht ihre Wortlinie aus Draht „Am Anfang war das Wort” buchstäblich fühlbar.

Solch ein Mensch der Linie ist auch Klaus Endrikat, der den verschlungenen, parallel verlaufenden oder sich kreuzenden Weg seiner Geraden und Kurven ganz aus der Körper- und Armbewegung heraus entwickelt, sie zu Spannungen oder Flächen verdichtet und auf diese Weise schwebende Kompositionen aufs Blatt zaubert - ein luftiges, geordnetes Chaos.

Ganz anders Karl von Monschau, der die Oberfläche ganzer Straßenabschnitte mit Hilfe von Graphitblöcken großflächig durchpaust und damit eine sehr merkwürdige Art von Authentizität erreicht.

Stimmung von Mondnächten

Besonders kunstvoll sind die großformatigen Landschaftszeichnungen von Gerlinde Zantis, der es auf atemberaubende Weise gelingt, die Atmosphäre und Stimmung silbriger Mondnächte mit der wohlkomponierten Darstellung von so unscheinbaren Dingen wie einem Stoppelfeld oder einem kiesbedeckten Weg einzufangen.

Der Bildhauer Klaus Schmetz wiederum gibt mit Schnittmustern von lebensgroßen menschlichen Figuren Einblick in seine Arbeit. Jeweils vier davon dienen ihm als Orientierung und Vorlage, bevor er an einem Stamm die Säge ansetzt.

Gleichsam um die Möglichkeiten der Zeichenkunst in der Gegenüberstellung der extremen Pole zu demonstrieren, konfrontieren die beiden Berliner Künstler Jorachim Griess und Heike Grüss ihre Werke gegenseitig: absolut „nichts” darstellende Zeichnungen nach Art der Konkreten Kunst auf der einen Seite, Porträts nach Fotografien von Reisenden während der Kolonialzeit auf der anderen. Außerdem sind zwei unglaublich realistische Zeichnungen des früh verstorbenen Aachener Künstlers Lothar Skodowski zu sehen - man glaubt, die beiden Dargestellten steigen im nächsten Moment aus ihrem Blatt heraus.

Insgesamt sind 16 Künstler an der Ausstellung beteiligt.

„Carte Blanche III - Zeichenkunst” in St. Fronleichnam, Aachen, Düppelstraße; 25. Januar bis 15. Februar, Mo.-Fr. 9-12 und 15-17, Sa. 9-11 Uhr. Eröffnung: Sonntag, 25. Januar, 11.30 Uhr. Es spricht der langjährige Direktor des Aachener Ludwig Forums, Wolfgang Becker.