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Ausgezeichneter Debütroman: Wenn die erste große Liebe scheitert

Ausgezeichneter Debütroman : Wenn die erste große Liebe scheitert

Die Gewinnerin des Lit.Cologne-Debütpreises, Esther Schüttpelz, schreibt in ihrem Roman „Ohne mich“ klug und gewitzt über Liebe, Sinnsuche und Zweifel einer ganzen Generation.

Wie ist es, wenn man Mitte 20 ist, und die erste große Liebe, die man dummerweise geheiratet hat, scheitert und man plötzlich geschieden ist? Davon handelt Esther Schüttpelz‘ Roman „Ohne mich“, der zu Recht auf der Lit.Cologne 2023 als bester Debütroman ausgezeichnet wurde.

Die namenlose Protagonistin erzählt von ihrem Jura-Studium, dem Verlieben, dem Entlieben, von Freundschaften und vor allem von der Orientierungslosigkeit in den 20ern. Sie heiratet, vielleicht, um der schon klischeehaften Suche nach dem Sinn und dem „richtigen“ Lebensweg etwas entgegenzusetzen. Sie und ihr Freund waren entschlossen, „den berüchtigten tausend Optionen“ zu trotzen. Doch schon bei der Hochzeitsrede „fiel mir der Ehemann, der frisch angetraute, ins Wort, da wurde ich still wütend“. Denn die Ich-Erzählerin hat einen starken Willen.

 Esther Schüttpelz, „Ohne mich“, 208 Seiten, 22 Euro, Diogenes Verlag.
Esther Schüttpelz, „Ohne mich“, 208 Seiten, 22 Euro, Diogenes Verlag. Foto: Diogenes

Die Erzählerin in Schüttpelz‘ Roman berichtet in Ich-Form, klug, ironisch und melancholisch zugleich. Der Roman liest sich wie ein Gedankenstrom, die (langen) Sätze reihen sich aneinander und fließen von der Gegenwart, in der die Erzählerin sich mit dem neuen Leben als Wieder-Single und Uni-Absolventin einrichten muss, zurück zum Kennenlernen und Verlieben.

Die Autorin selbst ist Jahrgang 1993, studierte Jura in Münster und arbeitete kurz als Rechtsanwältin, bevor sie sich entschloss, zu schreiben. Im Roman empfiehlt eine Freundin der Ich-Erzählerin, ihre Geschichte über das Trennungsjahr aufzuschreiben. Überschneidungen zwischen Schüttpelz selbst und ihrer Ich-Erzählerin liegen also nahe.

Sehr amüsant zu lesen ist ihre Auseinandersetzung mit dem Jura-Studium. „Mir fällt ein, dass ich Jura studiert habe, um niemals von einem Mann abhängig zu sein“. So richtig passt die Ich-Erzählerin aber nicht in die Truppe der „degenerierten Polo-Ralph-Laurens um mich herum“, die Traditionen lieben, um sich an etwas orientieren zu können.

Als „Hybrid zwischen kapitalistischem Arschloch und durchsetzungsstarker Zukunftsfrau“ sieht sie sich mit ihrem Hosenanzug auf dem Weg zum Job. Mutmaßlich wirkt auch deshalb der Philosophie studierende Ehemann, der mit ihr eine Band gründet, und nach Berlin ziehen will, aufregend. Doch die kurze Ehe besteht aus Exzessen, gegenseitigem Anschreien und sehr viel Schweigen.

Auf sich selbst zurückgeworfen, stellt die Ich-Erzählerin ihren Lebensentwurf infrage, fühlt sich leer und grübelt, ob sie ihren Ehemann doch noch liebt. Sie blickt von außen auf sich und fragt sich, was jetzt ihre Familie und die, „die ich meine Freunde nenne“ von ihr halten. Sie fühlt sich inmitten ihrer Clique einsam. „Was bin ich überhaupt für euch?“, fragt sich die Protagonistin, während sie bei einer Party natürlich ironisch zu den Backstreet Boys auf dem Tisch tanzt.

Schüttpelz erfasst perfekt dieses Dazwischensein, diesen Schwebezustand auf dem Weg in ein neues Leben. Ihr gelingt es in „Ohne mich“, das Zweifeln über das Leben, Beziehungen und Entscheidungen, die Gepflogenheiten, Gefühle und Gedanken einer Generation klug und amüsant zu transportieren.