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Aachen: Weihnachtskonzert des Sinfonieorchesters: Hinreißend schön musiziert

Aachen : Weihnachtskonzert des Sinfonieorchesters: Hinreißend schön musiziert

Gelacht wurde viel, an schöner Musik und sorgfältiger Vorbereitung mangelte es auch nicht. Insofern ist auch das diesjährige Weihnachtskonzert des Aachener Sinfonieorchesters im voll besetzten Eurogress als Erfolg zu verbuchen.

Dennoch lässt sich eine gewisse Orientierungslosigkeit und Unsicherheit im Umgang mit diesem einstigen Saison-Highlight nicht übersehen. Fest steht: Vom Glanz der „Gold-und-Silber“-Konzerte, die Marcus R. Bosch ins Leben gerufen und mit viel Herzblut gestaltet hat, ist nicht mehr viel zu spüren.

Die festlich-ergriffene Stimmung, die Auswahl geeigneter Rezitatoren, die persönliche Ansprache und Prägung durch den ehemaligen GMD: Damit ließ sich der Eurogress mühelos zwei Mal füllen, und all das ist mit dem Weggang Boschs verloren gegangen.

Die folgenden Konzerte präsentierten sich wie eine hilflose Suche nach einem Konzept, wobei man mit der Auswahl der vortragenden Schauspieler mehr als einmal daneben lag. Dass man in diesem Jahr auf die Rezitation mehr oder weniger passender Texte durch mehr oder weniger geeignete Gast-Stars verzichtete, ist kein Verlust. Stattdessen griff man auf den telegenen und schlagfertigen Fernseh-Liebling Malte Arkona zurück, der sympathisch und humorvoll durch das Programm führte. Zu einer weihnachtlichen Stimmung, wie sie einst Bosch zu zelebrieren verstand, trug diese Wahl freilich auch nicht bei. Mit Arkona geriet das Konzert noch stärker in das Fahrwasser einer etwas kindlichen Comedyshow.

Exzellente Solisten

Dass GMD Kazem Abdullah den Abend seinem Kapellmeister Justus Thorau überließ, spricht nicht gegen den begabten jungen Dirigenten, sondern gegen einen Musikchef, den dieser Programmpunkt niemals wirklich interessierte. Damit wird es noch schwieriger, die Weichen für die Zukunft des Konzerts zu stellen. Denn über Mangel an weihnachtlichen Klängen brauchen die Aachener nicht zu klagen. Auf ein halbherzig arrangiertes Konzert mehr oder weniger kommt es da nicht an.

Es wäre ungerecht, angesichts dieser Perspektiven die Leistungsbereitschaft der Mitwirkenden zu vernachlässigen. Und dazu gehört nicht nur der Beitrag des Aachener Sinfonieorchesters, sondern auch der Einsatz des Opern- und des Sinfonischen Chores samt Kinderchor sowie zweier exzellenter Solisten des Opernensembles.

Ein wenig spröde startete der Abend mit Strawinskys Choralvariationen über „Vom Himmel hoch“ und einer „Fantasia on Christmas Carols“ von Ralph Vaughan Williams, bevor der Bariton Hrólfur Saemundsson mit einer Arie aus Bachs Weihnachts-Oratorium und die junge französische Sopranistin Suzanne Jerosme mit Mozarts „Laudate Dominum“ vertrautere Klänge anstimmten.

Dass man den glockenklaren Vortrag der Mozart-Preziose durch die begabte Sängerin mit einer unmittelbar darauf folgenden zackig lärmenden Interpretation von Eilenbergs „Petersburger Schlittenfahrt“ brutal aus den Hörgängen pustete, gehört zu wenigen ernsten Geschmacksverirrungen der Programmgestalter.

Mit Chören und Gesängen von Bach, Händel, Emil Praetorius und John Rutter ging es nach der Pause stimmungsvoll weiter, aufgelockert durch Malte Arkonas launige Erklärungen.

Ein besonderes Lob verdient der Solo-Oboist und Echo-Preisträger Stéphane Egeling für einen butterweich und hinreißend schön geblasenen Vortrag von Alessandro Marcellos Oboen-Konzert. Justus Thorau hielt die Fäden sicher in der Hand und verstand es auch, das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Letztlich überwog die Freude über ein gelungenes Konzert, das dennoch einige Fragen für die Zukunft aufwirft.