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Region: Verirrt im Politrätsel: Alexander Fehling glänzt in neuer Rolle

Region : Verirrt im Politrätsel: Alexander Fehling glänzt in neuer Rolle

Wenige deutsche Schauspieler können einen Film so prägen wie Alexander Fehling („Im Labyrinth des Schweigens“). Dabei wirkt der 1981 in Ostberlin geborene Darsteller abseits von Filmkameras und roten Teppichen eher nachdenklich und still. Eine klassische Rampensau ist er jedenfalls nicht. Trotzdem geht es mit seiner Karriere steil nach oben. Im Interview zeigt er sich locker und sympathisch.

Der Lebensgefährte von Schauspielkollegin Peri Baumeister, der auch mal mit Nora Tschirner liiert war, versteht es in ganz unterschiedlichen Filmgenres den Zuschauer mit auf eine Reise zu nehmen. Als deutscher Freund von Claire Danes in der jüngsten Staffel der US-Serie „Homeland“ durfte er schon mal internationale Luft schnuppern.

Es wäre verwunderlich, wenn es das letzte Mal gewesen sein sollte. Von Kollegin Claire Danes war Fehling jedenfalls schwer beeindruckt, wie er im Interview erzählt. Zuschauer bannen wird der 34-Jährige mit Sicherheit auch mit seiner ersten Fernsehrolle im grandiosen Politthriller „Der Fall Barschel“ (Samstag, 6. Februar, 20.15 Uhr, im Ersten). Im Film von Autor und Regisseur Kilian Riedhof („Homevideo“, „Sein letztes Rennen“) spielt er einen jungen Hamburger Journalisten, der sich immer mehr in einem düsteren Politrätsel verirrt und dabei sein eigenes Leben aus den Augen verliert.

„Der Fall Barschel“ ist eine fast dreistündige Reise in die Finsternis. Ihre Figur verwandelt sich vom Musterschüler zum getriebenen Drogen-Wrack. Der physische Part muss extrem anstrengend gewesen sein.

Alexander Fehling: Ja, das war schon außergewöhnlich. Man dreht die Szenen ja auch nicht chronologisch. So dass es für uns immer wichtig war zu sehen: An welcher Stelle der Zeitachse befindet sich die Figur gerade? Um ihr eben den richtigen Zustand zu geben. Für mich lag in der körperlichen Verfassung meiner Figur auch immer der Schlüssel zur Szene. Natürlich kann man das auch alles anders verstehen — intellektuell und analytisch. Trotzdem hatte ich den Eindruck: Dieser Film, diese Figur — beide müssen brennen, damit das interessant wird.

Was kommt dabei rüber? Dass es gefährlich ist, von etwas besessen zu sein und sich in Lebensprojekten zu verrennen?

Fehling: Es ist einfach ein Fenster zu einem Leben, das wir da aufmachen. Es geht nicht darum, etwas Moralisches herauszufinden. Vielleicht liegt die einzige Bedeutung darin, dass man es sieht. Und natürlich ist die Figur auch ein Vehikel, das uns durch die Zusammenhänge im Fall Barschel führt.

Was ist für Sie der wichtigste Bezug dieses Falles zur Gegenwart?

Fehling: Ich glaube, wir verstehen heute erst, wie sehr damals schon alles verknüpft war: die Barschel-Affäre mit anderen politischen Affären. Die Medien und die Politik. Geheimdienste, Waffenlobby, Wirtschaftsbosse und Politiker. Wer diese Zusammenhänge damals behauptete, wurde schnell als Verschwörungstheoretiker abgetan. Heute ist das nicht mehr so. Weil man viel mehr über das irre Zusammenspiel all dieser Kräfte weiß. Auch darüber, dass alles in der Welt ein einziger Handel ist.

„Der Fall Barschel“ war Ihre erste Arbeit fürs deutsche Fernsehen. Spielt es für Sie als Schauspieler eine Rolle, ob man Kino oder Fernsehen macht?

Fehling: Ich denke, dass gerade der Fall Barschel ins Fernsehen gehört. Er hat ja auch im Fernsehen stattgefunden und ist sogar ein Stück weit von ihm erschaffen worden. Ob man als Schauspieler Kino oder Fernsehen macht, spielt insgesamt eine immer geringere Rolle. Wobei für uns Filmemacher der Unterschied immer noch größer ist als für den Betrachter. Die Arbeitsbedingungen und technischen Herstellungsprozesse unterscheiden sich immer noch ein bisschen voneinander.

Es gibt aber keine Priorität, die da heißt, dass Sie sich eher für ein Kinoprojekt als fürs Fernsehen entscheiden würden?

Fehling: Nein, es ist lediglich eine Qualitäts- und Geschmacksfrage. Jeder sucht ja etwas anderes. Ich habe bisher offensichtlich Dinge gesucht, die eher im Kino stattfanden. Bei „Der Fall Barschel“ war das nun anders. Es ist ein Stoff für das große Publikum. Gerade in der Radikalität, in der ihn Kilian Riedhof umsetzen wollte. Wer würde sich so etwas schon im Kino angucken? Ich bin es durchaus gewohnt, dass einige meiner Filme im Kino nicht von sehr vielen Leute gesehen werden. Das kann ich gut aushalten. Auch wenn ich mich natürlich freue, wenn es anders ist.

Apropos Fernsehen. Sie spielen in der jüngsten „Homeland“- Staffel den Freund von Claire Danes alias Carrie Mathison. Wie sind Sie zu dieser Rolle gekommen?

Fehling: Auch da gab es ein Casting. Und zwar ein ziemlich kurzfristiges. Als klar war, dass die Produktion für die neue Staffel nach Berlin kommt. Die wussten tatsächlich lange nicht, ob sie wirklich hier drehen können. Das letzte Casting war dann mit Claire Danes, die dann schon in Berlin war. Drei Wochen später ging es bereits los.

Waren Sie schon vorher ein Fan der Serie?

Fehling: Ich habe die Serie schon bewundert, als ich noch nichts mit ihr zu tun hatte. Drei Staffeln hatte ich da schon gesehen. Claire Danes ist einfach eine tolle Schauspielerin in einer wahnsinnig schlau gemachten Serie. Die dazu extrem nah am Puls der Zeit ist.

Ist das nicht wie im Traum? Wenn man als Fan einer der besten amerikanischen Serien das Angebot bekommt, darin mitzuspielen? Und auch noch als Liebespartner der extrem charismatischen Hauptdarstellerin?

Fehling: Ja, das war schon toll. Auch weil das einfach gute Leute sind, die diese Serie machen. Die wollen wirklich etwas, sind total für Zusammenarbeit. Mir ist die Atmosphäre und die persönliche Ebene sehr wichtig. Insofern war das ganze Projekt eine wahnsinnig schöne Erfahrung.

Haben Sie aus der Nahperspektive zu Claire Danes noch einmal anders verstanden, warum sie so gut ist in der Rolle?

Fehling: Claire hat eine unheimlich starke Verbindung zu ihren Gefühlen. Sie ist ein sehr präsenter, aber auch gesund wirkender Mensch. Sie steht einfach voll im Leben. Deshalb kann sie so ein seelenvolles, ja freies Spiel zeigen. Dazu kommt, dass Claire beim Spielen sehr stark beim Partner ist. Sie hört fantastisch zu und lässt sich auf ihr Gegenüber ein. Und dann muss man natürlich auch sagen, dass sie seit Jahren diese Rolle spielt. Den schauspielerischen Erfahrungsschatz, den man dabei aufbaut, darf man nicht unterschätzen.

Ist Ihr Job in der Serie mit dieser Staffel beendet?

Fehling: Weiß ich noch nicht. Und wenn ich es wüsste, würde ich es wahrscheinlich nicht sagen (lacht).

Was war für Sie am überraschendsten beim „Homeland“-Dreh?

Fehling: Besonders ungewohnt war für mich, dass während des Drehs geschrieben wurde. Das hat jetzt noch nicht mal damit zu tun, ob die Serie nun amerikanisch ist oder deutsch. So eine Staffel ist einfach „work in progress“. Eine Episode, das sind etwa 60 Minuten, muss in neun bis zehn Tagen im Kasten sein. Da ist schon einiges zu tun. Wenn man Glück hat, bekommt man drei Wochen vorher das Drehbuch. Es kann aber auch passieren, dass man es erst zehn Tage vor Drehbeginn erhält. Und natürlich verändert sich das Buch in Details immer noch weiter. Dass man den Bogen der Figur gar nicht kennt, während man schon längst dreht — das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Auch eine extrem gute Übung im Loslassen (lacht).

Eine solche Serie sollte auch international Türen öffnen. Gab es schon Reaktionen oder gar Anfragen?

Fehling: Ach ja, es gibt immer Reaktionen. Dinge, die so im Raum rumfliegen — aber noch nichts Konkretes. Man kann die Dinge nicht erzwingen. Und ich weiß auch, dass ich meine Zusammenhänge und Begegnungen brauche, um mich in dem Beruf wohl zu fühlen. Das ist mir wichtig.

Hätten Sie Lust, in Amerika zu drehen?

Fehling: Wenn es etwas Interessantes gibt — natürlich. Aber es könnte auch Braunschweig sein. Oder sonst irgendwo in Europa. Natürlich ist es immer spannend, mit Leuten aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten. Aber sicher nicht um jeden Preis.