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Aachen: „Tödliche Doris” trifft auf Schwarzbrustwachtel und Rosenkopfente

Aachen : „Tödliche Doris” trifft auf Schwarzbrustwachtel und Rosenkopfente

Nicht nur die Fluxus-Bewegung hatte in Aachen (in den Sechzigern) eine Heimat, sondern in den frühen Achtzigern vorübergehend auch die Punk-Szene. Der Neue Aachener Kunstverein (NAK) mit seiner Ausstellungsleiterin Melanie Bono erinnert an diese Zeit jetzt mit einer Schau, die in Zusammenarbeit mit dem Theater Aachen entstanden ist.

Das spartenübergreifende Projekt „Terror.Revolte.Glück” nach Motiven von Albert Camus wird hier ergänzt um Beiträge der bildenden Kunst zu Camus´schen Themen wie rebellische Haltung, Auflehnung gegen gesellschaftliche Normen und Nonkonformismus.

Die Kristallisationsfigur für diese Spielart subkulturellen Widerstands ist für den NAK der in Berlin lebende Künstler Wolfgang Müller, Mitgründer der PunkGruppe „Die tödliche Doris”, deren Konzerte, Videos und Performances bis in New York und Japan für Furore sorgten. Im unteren Ausstellungssaal finden sich mit Konzertmitschnitten, überdimensionalen Autogrammkarten der Gruppe und anderen Objekten Dokumente dieser Punk-Ära.

Die Aachen-Berliner Verbindung liefert dabei das heute noch in Aachen erscheinende Szene-Magazin „Bierfront”: Dessen Herausgeber sponserten einen Auftritt der „Tödlichen Doris” auf der documenta 8 mit einer einschlägigen Gabe: 200 Dosen Bier. Das reichte immerhin für die „Bierfront”, um im offiziellen documenta-Katalog auf der Sponsorenliste neben den größten deutschen Firmen zu erscheinen.

1987 löste sich „Die tödliche Doris” mit viel selbstironischem Tamtam auf, Wolfgang Müller indessen entwickelte für sich fortan andere künstlerische Anliegen mit humanistischem und ökologischem Hintergrund. So ließ er die Musik der „Tödlichen Doris” Ende der 90er für Gehörlose in Gebärdensprache übersetzen - das Ergebnis ist als Video im Treppenhaus zu bestaunen.

Sein Herz hat Wolfgang Müller an ausgestorbene Vogelarten verloren, an zehn davon erinnert er mit Zeichnungen und der Hilfe von Musiker-Kollegen und -kolleginnen wie Annette Humpe: Sie bat er, die entsprechenden Vogelstimmen zu imitieren. Die Resultate sind im Obergeschoss des NAK zu hören: wie einst der neuseeländische Schwarzbrustwachtel-Mann seine Schwarzbrustwachtel-Frau betörte und die Rosenkopfente ihr Revier markierte - schnatternderweise...

Wolfgang Müller im Neuen Aachener Kunstverein, Passstraße 29.

Eröffnung: Samstag um 20 Uhr. Dauer: bis 15. März. Geöffnet: Di.-So. 14-18 Uhr. Infos: 0241/503255.

„Punk in Aachen - Zeitzeugen im Gespräch mit dem Chefregisseur des Theaters Aachen, Ludger Engels”, im NAK am 13. Februar, 20 Uhr.