Aachen : Theaterpremiere voll grimmiger Lustigkeit
Aachen Die polnische Autorin Dorota Maslowska ist 29 Jahre jung und wurde mit ihren Romanen „Schneeweiß und Russenrot“ und „Die Reiherkönigin“ sehr bekannt. Jetzt feierte ihr erstes Bühnenstück mit dem ungewöhnlichen Titel „Zwei arme, polnisch sprechende Rumänen“ Premiere im Aachener Mörgens. Das junge Publikum ließ sich voll und ganz auf die packende Melange aus wildem Roadmovie, fantastischer Musik und kunstvoller Gossensprache ein. Was nicht immer einfach ist.
Im Bühnenbild von Dominique Muszynski tummeln sich nicht nur „Matrosen“, sondern auch ein Pärchen besonderer Art. Der Angeber Parcha und die schwangere Dschina taumeln zugedröhnt und ziemlich verstrahlt durch die Nacht. Ungepflegt, mit fleckigen Zähnen und ziemlich streitlustig stoßen diese beiden Underdogs, die doch eher Polen sind als Rumänen, auf „anständige“ Leute wie den verzweifelten Fahrer, der die beiden nicht mehr aus seinem Auto kriegt.
Köstlich Karsten Meyer als braver Bürger, der seine Horror-Erlebnisse mit dem Pärchen einem unsichtbaren Kommissar in verzweifeltem Beamtendeutsch erzählt. Und Emilia Rosa de Fries als Dschina mit osteuropäischem Zungenschlag und baby-rosa Flatterkleid überm (falschen) Babybauch ist nicht nur ein Hingucker — ebenso wie Philipp Manuel Rothkopf als dominanter Parcha geht sie ganz in ihrer Rolle auf, verschmilzt mit ihr bis zum bitteren Ende. Die „versaute“ Bühne spricht Bände.
Kein Warten auf Godot
Die starke Inszenierung von Tanja Krone wirkt wie getrieben von geheimen Kräften, die sich auch in der wilden, ekstatischen und ironisch aufgeladenen Musik von Hans Narva widerspiegeln. Und die ausgezeichneten Akteure dürfen sogar kongenial musikalisch mitmischen. Bettina Scheuritzel legt einen Wahnsinns-Stunt als betuchte Betrunkene hin, Markus Weickert imponiert in verschiedenen Rollen, so auch als Greis mit ultralangem Haar, der aus einer riesigen „Matratzengruft“ krabbelt.
In mehreren Rollen auch der grandiose Thomas Hamm, der mit Kinderwägelchen Bier ans Publikum verteilt und als üppige „Bardame“ Pampelmusen zerquetscht. Matrosen sind sie eh alle, das Pärchen wartet nicht auf Godot, sondern auf ein Schiff, und Parcha redet von einem Drehtermin in Warschau, wo er einen Priester spielt. Dichtung und Wahrheit — sie sind nicht zu trennen in diesem Stück von grimmiger Lustigkeit mit tollen Kostümen von Sarah A. Rung.
Viel Beifall, aber auch etliche ratlose Mienen am Ende des irrwitzigen „Sozialdramas“, das letztlich zeigt: Die „besseren Leute“ sind keineswegs besser als der „Abschaum“.