Personalentscheidung am Theater Aachen : Die künftige Generalintendantin kommt aus Stuttgart
Exklusiv Aachen Erstmals soll eine Frau das Theater Aachen führen: Elena Tzavara folgt auf Michael Schmitz-Aufterbeck. Derzeit ist sie Künstlerische Leiterin der Jungen Oper an der Staatsoper in Stuttgart.
Elena Tzavara soll neue Generalintendantin des Theaters Aachen werden. Das hat unsere Zeitung aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren. Damit wird erstmals eine Frau das Traditionshaus leiten. Die 44-Jährige soll das Amt zur Spielzeit 2023/24 übernehmen und folgt auf Michael Schmitz-Aufterbeck (67), der das Mehrspartenhaus nach dann 18 Jahren auf dem Posten verlassen wird. Tzavara ist im März von einer Findungskommission in mehreren Runden aus insgesamt 59 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt worden. Am Dienstag, 10. Mai, soll der Kulturausschuss über die Personalie abstimmen, bevor Tzavara am Mittwoch, 11. Mai, vom Rat der Stadt offiziell für zunächst fünf Jahre in das Amt bestellt wird.
Die gebürtige Hamburgerin Tzavara hat wie ihr Vorgänger ihre Wurzeln im Musiktheater. Seit Januar 2017 ist sie als Künstlerische Leiterin der Jungen Oper und Leiterin des Internationalen Opernstudios an der Staatsoper in Stuttgart tätig. Zuvor hatte ihr künstlerischer Werdegang sie nach dem Studium der Musiktheater-Regie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin aus der Hauptstadt über Köln nach Salzburg geführt, wo sie unter anderem in den Jahren 2015 und 2016 bei den Festspielen Kinderfassungen von großen Opern verantwortete. Von 2009 bis 2013 war sie Leiterin der Kinderoper Köln und dort mit Uraufführungen von speziell für Kinder geschriebenen zeitgenössischen Opern erfolgreich.
In den 2000er Jahren war Tzavara Regieassistentin, Produktionsleiterin und Abendspielleiterin unter anderem bei der Ruhrtriennale unter der Intendanz von Gerard Mortier und an der Deutschen Staatsoper Unter den Linden unter der Intendanz von Peter Mussbach. Sie hat mit Regisseuren wie Martin Kusej, Barrie Kosky oder Robert Wilson und mit Künstlern wie Peter Sellars, Philipp Stölzl oder Daniel Barenboim zusammengearbeitet. Sie war Stipendiatin des Deutsch-Französischen Kulturrates sowie der Akademie Musiktheater heute der Deutsche Bank Stiftung. 2007 wurde sie Finalistin des Europäischen Regiewettbewerbes.
Mit der Berufung von Tzavara findet am Theater Aachen nicht nur ein Generationswechsel statt. Dass nun erstmals eine Frau die Leitung des Hauses übernimmt, passt darüber hinaus auch in eine spannende Zeit, in der sich an etlichen Theatern landauf landab vor allem hinter den Kulissen viel an den Strukturen ändert – oder ändern soll. Es geht um flachere Hierarchien, mehr Mitbestimmung, bessere Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung. Dem Gewicht dieser Themen sollte auch in der Findungskommission Rechnung getragen werden, der anders als in der Vergangenheit erstmals auch Vertreter des Ensembles angehörten. So sollte etwa auch das Thema Kündigungsschutz beziehungsweise Nichtverlängerungsmitteilung (siehe Infobox) in den Gesprächen mit den Bewerbern eine Rolle spielen, wie Kulturdezernentin Susanne Schwier am Beginn des Verfahrens angekündigt hatte.
Wie sich Tzavara in dieser Frage positioniert, ob sie gegebenenfalls Nichtverlängerungsmitteilungen ausspricht oder ob sie mit weiten Teilen des Ensembles weiterarbeiten will, bleibt ebenso abzuwarten wie ihre Antwort auf die Frage nach der künftigen Führungsstruktur des Hauses. Eine künstlerische Doppelspitze, die den beiden Sparten (Musiktheater und Schauspiel) Rechnung trägt, eine Doppelintendanz also, lasse die Betriebssatzung des Theaters in der Fassung des zweiten Nachtrags vom 8. Dezember 2004 nicht zu, hatte Torsten Ehlert, Verwaltungsdirektor des Theaters, vorab erklärt. Deshalb war eine Teamlösung schon in der Ausschreibung quasi ausgeschlossen worden.
Allerdings ist die explizite Herkunft Tzavaras aus dem Musiktheater nach Informationen unserer Zeitung in der Findungskommission durchaus kontrovers diskutiert worden. Angesichts dessen dürfte künftig die Schauspielleitung am Theater Aachen umso größere Bedeutung erhalten, quasi als Gegengewicht im Leitungsteam des Hauses, in dem zudem das Orchester prominent durch Generalmusikdirektor Christopher Ward vertreten ist.
Derzeit hat Chefdramaturgin Inge Zeppenfeld (62) in Doppelfunktion auch die Schauspielleitung inne. Doch ist einerseits unklar, ob Zeppenfeld dem Haus, dem sie seit 2010 angehört, nach dem Abschied von Michael Schmitz-Aufterbeck weiter erhalten bleibt. Doch selbst wenn, wird sich die neue Generalintendantin Tzavara wohl mit der Frage befassen müssen, ob diese Doppelfunktion nicht wieder aufzutrennen ist, um die Schauspielleitung als eigenständige Position entsprechend aufzuwerten. Es könnte also durchaus sein, dass das Theater Aachen demnächst noch eine weitere Führungskraft sucht.
Zunächst aber gibt es noch eine Spielzeit unter Michael Schmitz-Aufterbeck. Auf was sich die Zuschauer dann freuen dürfen, werden der Noch-Intendant und sein Team am Dienstag vorstellen.