Mönchengladbach : Theater Mönchengladbach paart „Cavalleria rusticana“ und „Gianni Schicchi“
Mönchengladbach Das Gute an diesem Opern-Doppelabend am Theater Mönchengladbach ist Puccinis Erbschleicher-Klamauk „Gianni Schicchi“, das Düstere Mascagnis Ehebruch-Drama „Cavalleria rusticana“, das Besondere, diese beiden Einakter zu kombinieren.
Operndirektor Andreas Wendholz hat diese Idee in die inszenierenden Hände von François De Carpentries und Karine Van Hercke gelegt und gemeinsam mit Bühnenbildner Siegfried E. Mayer ein bewährtes Team aufgeboten. Zur „Cavalleria“ wird ja sonst gern der „Bajazzo“ gestellt, „Schicchi“ gehört bekanntlich zu „Il Trittico“. Damit nun zusammengeht, was nicht zusammengehört, ist Fantasie notwendig. Die bringt das Team reichlich auf, indem es behauptet, die „Cavalleria“ sei „Schicchis“ Vorgeschichte. Das ist natürlich Unsinn, funktioniert aber trotzdem. Wir sind ja im Theater.
Wer mit wem verwandt oder verschwägert sein soll, kann man dem Besetzungszettel entnehmen, der beim „Schicchi“ auch hinzuerfundene Nachnamen aufweist. Da versammelt sich die feine Familie des steinreichen Buoso um dessen Kranken- und nach gemeinschaftlichem Einsatz eines Kopfkissens Totenbett und überlegt, wie man das Testament loswird. Der Buoso hat nämlich boshafter Weise alles der Kirche vermacht. Es ist zum Schreien komisch, mit welcher Lust das Ensemble all diese skurrilen Gestalten verkörpert, die nur in ihrer Gier nach Geld einig sind.
Karine Van Hercke hat Kostüme und Frisuren der Flowerpower-Epoche nach Gebühr überzeichnet, stattet den Halunken Schicchi mit Schlägermütze und Schlaghose aus, das junge Paar mit Supermini und Affenmähne, den Rest der Verwandtschaft mit herrlich verrückten Attributen dieser wilden Zeit. Eine Stunde kurz purzelt die Handlung von Pointe zu Pointe, aus dem Graben strömt Puccinis Parfüm im Überschwang, und Laurettas Arie „O mio babbino caro“ hat Sopranistin Sophie Witte herzerwärmend in der Kehle. Aus dem starken „Schicchi“-Ensemble seien der famose Bariton Johannes Schwärsky in der Titelpartie und der Bass Hayk Dèinyan als Simone herausgehoben. Als Rinuccio fällt Alexander Lee vom Opernstudio mit leuchtend tenoraler Höhe auf.
So viel Esprit geht dem Eifersuchts-Drama „Cavalleria rusticana“ naturgemäß ab. Mascagni geht es um die dunklen Farben, die Abgründe der Menschen und der Zeit, in der Kirche und patriarchale Konventionen Liebe und Glück entgegenwirken. De Carpentries verortet die Geschichte im italienischem Faschismus, die Dorfgemeinschaft besteht aus lauter Greisen. Als Santuzza, die Betrogene, zeigt Sopranistin Janet Bartolova stimmlich große Emotion.
Lola, ihre Gegenspielerin, legt die junge Sopranistin Agnes Thorsteins sehr viel leuchtender, fokussierter an. Neben Schwärsky als Alfio hat Michael Wade Lee als Turridu berückende Momente; Satik Tumyan stattet Lucia mit ihrem wunderbar tiefen Alt aus. Chor und Solisten werden getragen von der behutsamen Hand des Diego Martin-Extebarrias, der im Graben die Niederrheinischen Sinfoniker immer wieder zum Glühen bringt.
Engelchen und Kinderspielchen weisen auf den zweiten Teil des Abends, meist wenig sinnstiftend. Zweimal große, kurze Oper. Teil zwei richtig nett. Das fand auch das Premierenpublikum.
Termine: 11., 19. Mai, 1., 7., 10. Juni. Karten beim Kundenservice des Medienhauses Aachen.