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Aachen: Theater K verpflanzt griechische Denker ins Museum

Aachen : Theater K verpflanzt griechische Denker ins Museum

Die Herren tragen Frack, der Champagner steht kalt, die Stimmung ist ausgelassen — dieser Abend könnte Geschichte schreiben. Das Aachener Theater K lädt ins Suermondt-Ludwig-Museum ein.

Auf dem Programm steht „Symposion oder Das Gastmahl“ nach Platon, und Regisseurin Mona Creutzer gelingt es nach „Jackie-O“ im Ludwig Forum ein weiteres Mal, den musealen Raum zum Bestandteil ihrer Inszenierung zu machen. Zusätzlich zu den Kunstwerken der Alten Meister, die im Museum zu sehen sind, baut eine Videoinstallation antike Stimmung auf.

Denn die Zuschauer werden nach Athen versetzt, ins Jahr 416 vor Christus. Allerdings kommt die Antike ziemlich modern daher: Der junge Tragödiendichter Aga- thón (Ramon Linde) nimmt seine Gäste in Lounge-Atmosphäre in Empfang. Um seinen Sieg bei einem Autorenwettbewerb zu feiern, richtet er ein Gastmahl für die geistige Elite Griechenlands aus. Aber kein gewöhnliches, betont er: Denn jeder trinke nur so viel, wie er möchte. Man wolle sich lieber „mit Reden unterhalten“ und das Wesen des Gottes Eros ergründen.

Ironie und Leidenschaft

Die Zuschauer werden Zeugen leidenschaftlicher Monologe, die über die Jahrhunderte nicht an Aktualität eingebüßt haben. Auf der Suche nach der wahren Liebe wandern sie — gemeinsam mit dem Erzähler Apollodores (Rudi Zins) und den übrigen Herren — zu den verschiedenen Spielstationen im Museum: von der Empfangshalle über die Marmortreppe, vorbei an der Gemäldesammlung bis hin zum „Straßensaal“ , in dem die Denker an einer langen hölzernen Tafel Platz nehmen. Die Zuschauer sitzen um sie herum.

Die Darsteller tragen den anspruchsvollen Text nicht nur überaus präzise vor, sondern zaubern auch die ironischen Momente der alten Sprache hervor. So wirken sie nicht wie angestaubte Philosophen, sondern vielmehr wie eitle Intellektuelle, die auch heute noch zu solch einer elitären Männerrunde zusammentreffen und miteinander wetteifern könnten.

Lebemann Pausanias (Jochen Deuticke) unterscheidet zwischen irdischem und himmlischem Eros, während der Arzt Eryximachos (Christian Cadenbach) den gesunden und kranken Eros gegenüberstellt. Der Komödienschreiber Aristóphanes (Jürgen Esbach) denkt ganz anders, und zur Unterstützung seiner These setzt er seine ganze Körpersprache ein: Er meint, Eros gründe auf einem dritten Geschlecht, den Kugelmenschen, die einst von Zeus getrennt wurden und nun wieder zueinander suchen: „Jeder ist nur ein Stück Mensch, auf der Suche nach dem zweiten.“ Für den Romantiker Aga- thón ist Eros wiederum die Antwort auf alles Schöne und Gute. Vor lauter Entzückung stimmt er ein schwülstiges Loblied an.

Sehnsüchtig erwartet wird schließlich die Rede des großen Philosophen Sokrates (Anton Schieffer). Er nutzt die Argumentation der weisen Diotima (Birgit Jansen), um die Thesen all seiner Vorredner in Frage zu stellen. Der rhetorische und geistige Wettstreit scheint seinen Höhepunkt erreicht zu haben — wäre da nicht noch der außerplanmäßige Auftritt des betrunkenen Politikers Akibiades (auch Christian Cadenbach), der seine homoerotische Beziehung zu Sokrates aufdeckt.

Am Ende gibt es großen Applaus für dieses moderne Party-Gastmahl, das sicherlich in die (Theater K-)Geschichte eingehen wird.