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Aachen: Tanzproduktion „41” erobert die Mulde

Aachen : Tanzproduktion „41” erobert die Mulde

Im vorigen Jahr sorgten die HipHopper des Renegade Theatres aus Herne, und damit quasi die „jungen Wilden” der Tanzszene, mit ihrem fantastischen Stück „Rumble” in Aachen für einen überwältigenden Erfolg.

Klar, dass Rick Takvorian, Programmdirektor des mittlerweile 10. Schrittmacher-Festivals mit Tanz und Tanzartigem von Montag im Ludwig Forum für Internationale Kunst, auch in diesem Jahr den Aachener Tanzfans diesen Leckerbissen nicht vorenthalten wollte.

Eine gute Entscheidung, denn das Publikum war zum Festivalauftakt von der Uraufführung des Stücks „41”, einer Gemeinschaftsproduktion des Renegade Theatres, der Gruppe „Les Petits Poissons” aus Frankreich und des Ludwig Forums, hellauf begeistert.

Tödliche Kugeln

Mag der Titel „41” zunächst nichts sagend erscheinen, so ist es das Stück des Choreographen Lorca Renoux („Rumble”, „Streetlife”) keinesfalls. Der Aufhänger für den Titel: Ein Polizeikommando verwechselt die Hausnummer der gesuchten Zielperson und erschießt mit 41 Kugeln einen unschuldigen Jugendlichen. Die darauf folgenden Demonstrationen hunderter Jugendlicher inspirierten Renoux zu „41”.

Das multimediale HipHop-Stück zeigt dabei den Kampf eines jeden Individuums mit sich selbst, seiner Persönlichkeit und der teilweise unabänderlichen Willkür des Lebens und greift auch den konkreten Erschießungsfall auf.

Unzählige projizierte Einschusslöcher sind auf der Videoleinwand zu erkennen. Ein lauthals schreiender „Ankläger” und eine Gruppe aufgebrachter Demonstranten - kraft- und eindrucksvoll tänzerisch in Szene gesetzt. Körperbeherrschung, Akrobatik und vor allem ein enormes Tempo bestimmen das Bild und begeistern nicht nur Breakdance-Fans.

Und dabei hat alles so scheinbar still begonnen. Friedliches Kinderspiel auf der Videoleinwand, zwitschernde Vögel - es gleicht der Ruhe vor dem Sturm, der sich in kraftraubenden Tanzacts der sechs Tänzerinnen und Tänzer, oder auch so genannter B-Boys und B-Girls, auf der Bühne abspielt.

Eine spartanische Bühne, auf Ablenkung verzichtet Renoux, allein die Rückseite dient als Projektionsfläche und offenbart mit einem grob in die Wand geschlagenen Loch einen Einblick in eine zweite - nach hinten verlagerte - Ebene. Es wirkt wie eine große klaffende Wunde inmitten der Video-Sequenzen zwischen Polizei-Großeinsatz und Fußball spielenden Kindern irgendwo in Palästina.

Hinter der Wand spielen sich Randszenen ab: Ein Schminktisch kommt zum Einsatz, eine gesellige Runde sitzt beisammen und unterhält sich, die Reparaturarbeiten an einer Dachrinne gestalten sich nicht wie erwünscht - hier wirkt die Dramaturgie des Stückes neben den brillanten Tanzelementen teilweise noch etwas holprig.

Das begeisterte Publikum dankte der Compagnie mit minutenlangem Applaus, bis die B-Boys und B-Girls schließlich noch einmal die begeisternden Turns auf dem Boden vollführten.