Bonn : Studie: Ärzte lassen Kassen-Patienten deutlich länger warten
Bonn Kassenpatienten müssen auf einen dringenden Arztbesuch deutlich länger warten als Privatversicherte. Das ergab eine Studie des Wissenschaftsinstituts der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), die am Mittwoch in Bonn vorgestellt wurde.
Selbst bei akuten Beschwerden musste demnach jeder vierte gesetzlich Versicherte (25,3 Prozent) mindestens zwei Wochen auf einen Termin bei einem niedergelassenen Arzt warten. Bei Privatversicherten traf dies nur für 7,8 Prozent der Patienten zu.
Nach der AOK-Studie bekamen Privatpatienten bei akuten Beschwerden auch viel leichter umgehend einen Termin - vor allem bei Orthopäden. Die Benachteiligung beim Zugang zu dringender ärztlicher Versorgung mit längeren Wartezeiten bekämen insgesamt vor allem ältere gesetzlich Versicherte zu spüren.
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), kritisierte in der „BILD-Zeitung” diese Ungleichbehandlung als „nicht akzeptabel”. Sie riet Patienten: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben den Sicherstellungsauftrag zur medizinischen Behandlung. An sie sollten sich alle Bürgerinnen und Bürger sofort wenden, wenn sie keinen zeitnahen Termin bekommen.”
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, sagte dem Blatt: „In der Regel bekommen Kassenpatienten bei akuten Beschwerden schnell einen Termin.” Er räumte aber zugleich ein, dass es im Einzelfall „Service-Unterschiede” geben könne.
Laut der Studie bekam nur rund ein Viertel (23,4 Prozent) der gesetzlich Versicherten (GKV) sofort einen Termin zur akuten Versorgung. Bei Privatversicherten (PKV) lag die entsprechende Quote deutlich höher (31,6 Prozent).
Längere Wartezeiten werden nach der Analyse, die sich auf Befragungsdaten von GKV- und PKV-Mitgliedern stützt, auch subjektiv von den Patienten als Problem benannt: Ein Drittel der GKV-Patienten (33,5 Prozent) empfand die Wartezeit auf den letzten Arzttermin als zu lang. Die Unzufriedenheit bei den Privatpatienten war deutlich geringer (14,7 Prozent).
Die unterschiedlichen Wartezeiten auf ärztliche Hilfe bei akuten Beschwerden seien ein „beunruhigender Indikator” für zunehmende Befunde über eine steigende Ungleichheit in der Krankenversorgung, kommentierte der Gesundheitsforscher Prof. Rolf Rosenbrock, der auch Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist.