Hamburg : Steigern, schreiben, schauen: Kultur-Rekorde des Jahres 2008
Hamburg Es war ein Kulturjahr der Superlative: Charlotte Roche landete mit ihrem provokativen Buch „Feuchtgebiete” einen Hit in den Bestsellerlisten, Johannes „Jopie” Heesters - der älteste aktive Schauspieler der Welt - stand mit 105 Jahren als Kaiser Franz Joseph auf der Bühne.
Til Schweiger sorgte mit „Keinohrhasen” für volle Kinosäle, der Maler Gerhard Richter verkaufte seine Werke für Rekordpreise. Und damit nicht genug. Im Jahr 2008 blickte man auf
lange Warteschlangen vor den Museen, spektakuläre Kunstraube und Millioneneinnahmen bei Versteigerungen. Die Finanzkrise ließ Kunstschaffende und Kunstbestaunende beinahe kalt.
So hat etwa der deutsche Künstler Gerhard Richter, erfolgreichster Maler der Gegenwart, in diesem Jahr seinen persönlichen Rekord übertroffen: Im Februar versteigerte das Auktionshaus Sothebys sein Werk „Kerze” für umgerechnet rund 10,5 Millionen Euro. Noch nie war ein Richter so teuer. Auch ein Auktionsrekord für Nachkriegskunst wurde im Jahr 2008 aufgestellt: Ein riesiges dreiteiliges Gemälde des britischen Künstlers Francis Bacon wechselte im Mai für umgerechnet 55,7 Millionen Euro den Besitzer. Damit landete sein Werk „Triptych, 1976” auf Platz sechs der teuersten Gemälde der Welt.
Kurz vor dem bisherigen Höhepunkt der Finanzkrise machte auch der umstrittene Brite Damien Hirst ein dickes Geschäft: In zwei Tagen wurden mehrere seiner Werke für fast 140 Millionen Euro versteigert - ein Rekord für eine Auktion, die nur einem Künstler gewidmet war. „Das war gutes Timing”, sagte der 43-Jährige. Er hatte nach eigenen Aussagen nicht damit gerechnet, weil die Auktion zeitlich mit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers zusammenfiel.
Einige wenige, denen die nötigen Millionen für die große Kunst fehlten, griffen auch im vergangenen Jahr zu illegalen Methoden. In der Schweiz landeten Räuber den ganz großen Coup: In einem Auto auf einem Parkplatz in Zürich wurden Werke von Claude Monet und Vincent van Gogh gefunden. Gemälde der Impressionisten Paul Cézanne und Edgar Degas blieben verschollen. Allein diese Bilder haben einen Gesamtwert von etwa 70 Millionen Euro.
Ein Rekordhalter der besonderen Art begeisterte auch 2008 auf der Theaterbühne: Johannes „Jopie” Heesters, mit mittlerweile 105 Jahren der älteste aktive Schauspieler der Welt, stand als Kaiser Franz Joseph im Singspiel „Im weißen Rössl” in Hamburg auf der Bühne - ganz ohne Lampenfieber, versteht sich. „Ich bin ja alt genug”, sagte Heesters.
Im Buchhandel sorgte Charlotte Roche mit ihrem Debüt „Feuchtgebiete” für Aufsehen. Gut 30 Wochen hielt sich das provokative Werk auf Platz 1 der „Spiegel”-Bestsellerliste, mehr als eine Million Exemplare wurden bereits verkauft, die Verhandlungen über Filmrechte laufen. Bei DuMont spricht man vom „erfolgreichsten Debüt einer deutschen Autorin” bei diesem Verlag. Noch bis zum Juni hielt sich ein Dauerläufer in den Buchcharts: Hape Kerkelings Pilgerreise „Ich bin dann mal weg” stand insgesamt 100 Wochen an der Spitze. Nach Angaben des Piper-Verlags ist das Werk des Komikers mit 3,2 Millionen verkauften Exemplaren der vermutlich erfolgreichste deutsche Sachbuchtitel seit dem Zweiten Weltkrieg.
Auch für den deutschen Film war 2008 ein Rekordjahr: Mehr als jeder Dritte sah sich einen Film aus deutscher Produktion an - der Marktanteil lag nach Angaben der Filmförderungsanstalt (FFA) mit 33,9 Prozent so hoch wie noch nie seit der Gründung der FFA im Jahr 1992. Ganz weit vorne: Til Schweigers Komödie „Keinohrhasen” mit rund 6,3 Millionen Zuschauern. Regisseur Fatih Akin räumte beim Deutschen Filmpreis für seinen Film „Auf der anderen Seite” gleich vier der begehrten Lolas ab. Am Jahresende hatte James Bond die Lizenz zum Kassemachen: „Ein Quantum Trost” knackte bereits nach zehn Tagen die Drei-Millionen-Besucher-Marke.
Doch nicht nur auf der „Haben-Seite” gab es 2008 Rekorde. Die Kosten für das geplante Wahrzeichen Hamburgs, die Elbphilharmonie, explodierten. Der Eröffnungstermin wurde mehrfach verschoben, um das Prestigeobjekt herrscht ein Planungschaos. Trauriger Superlativ: Die Elbphilharmonie wird den Steuerzahler dreimal so viel kosten wie geplant. Insgesamt wird mit Kosten von einer halben Milliarde Euro gerechnet. Ob hier das Ende der Fahnenstange erreicht ist, wird sich erst 2009 zeigen.