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Stavelot: Stavelot feiert mitten in der Fastenzeit Karneval

Stavelot : Stavelot feiert mitten in der Fastenzeit Karneval

Es gibt einen Sonntag im Jahr, da ist ein kleines ostbelgisches Städtchen nur zugänglich für Jecke und solche, die es sein wollen. Weit draußen vor der Stadt müssen die Karnevalsfans ihre Blechkisten abstellen und zu Fuß ins Zentrum von Stavelot marschieren. In einem großen Strom ziehen dann Tausende von Karnevalisten aus dem ostbelgischen und deutschen Grenzraum in Richtung Innenstadt.

Irgendwann gibt es einen kleinen Stopp, eine Mautstation für Fußgänger: Wer feiern will, muss Eintritt zahlen. Am Ortseingang endlich grüßt das Wahrzeichen der Stadt: Ein Weißer Mönch - der Blanc Moussi. Jetzt ist es nicht mehr weit. Fritten-, Reibekuchen- und Spießbratenduft weisen die Richtung. Erwartungsvoll haben sich die Menschen zu beiden Seiten der Hauptstrasse aufgebaut.

Eine Gruppe ist „schwer” verkleidet und anhand der Kostümaufdrucke unschwer als Abgesandte kölschen Frohsinns zu identifizieren. Aachener Familien warten mit Thermoskannen, Butterbroten und Keksen bestens gerüstet auf den Beginn des großen Spektakels. Junge Männer, dank ihrer wohlgeformten Bäuche eindeutig als aktive Thekensportler zu identifizieren, prosten sich mit Bier zu.

An den Hauswänden über ihnen baumeln große weiße Gesichter mit Mönchskapuzen und langen roten Nasen. Karnevalsmusik tönt aus den Lautsprechern, und in den Konditoreien warten kleine Weiße Mönche aus Marzipan auf ihre Käufer. Das alles spielt sich im ostbelgischen Stavelot mitten in der Fastenzeit ab. Genau zur Halbzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern - am Sonntag „Laetare” wird mit dem Umzug der Weißen Mönche der Karneval gefeiert.

Nach der Legende gibt es die Weißen Mönche in Stavelot seit Ende des Mittelalters. Die Sitten des Klerus waren immer lascher geworden, der moralische Verfall hatte auch vor den Mönchen der alten Benediktiner-Abtei Stavelot nicht halt gemacht. Im Jahr 1499 griff der Fürst-Abt von Stavelot-Malmedy, Wilhelm von Manderscheid, deshalb bei seinen zügellosen Mönchen hart durch und verbot ihnen die Teilnahme am Karnevalstreiben.

Ohne die Mönche fanden die Staveloter ihren Karneval wohl nur halb so schön und deshalb gingen sie selbst in Umhängen, die an Mönchskutten erinnerten, auf die Straße. Zwar ließ der Fürst-Abt auch das parodistische Gewand verbieten, doch seine widerspenstige Bevölkerung erschien daraufhin in einen weißen Umhang gehüllt, das Gesicht hinter einer weißen Maske mit langer roter Nase versteckt. Im Jahr 1502 sollen die Weißen Mönche zum ersten Mal aufgetreten sein.

1947 gab es dann in Stavelot eine Gruppe von jungen Männern, die sich „sinnvoll” amüsieren wollten und die Tradition wieder aufnahmen. Sie legten die Grundlage für die folkloristische Bruderschaft der Weißen Mönche von Stavelot. Etwa 200 Mitglieder aller Berufe und Schichten gehören zu dieser Bruderschaft. In den Kellerräumen der alten Abtei, die sie eigenhändig renoviert haben, treffen sie sich regelmäßig. Seit 1951 informiert eine Monatszeitschrift über ihre Termine, deren wichtigster der Laetare-Sonntag ist.

Im Leben der Stadt Stavelot mit ihren etwa 6000 Einwohnern spielt die Bruderschaft eine wichtige Rolle. Regelmäßig ernennt die Bruderschaft nationale und internationale Ehrenritter, die als Botschafter für Tradition und Folklore wirken. Für den Umzug gibt es genaue Vorschriften: Vom Kopf bis zu den Schuhen (!) sind die Blancs Moussis weiß gekleidet. Der Umhang wird am Hals geknotet und läuft hinten spitz zu, jede Menge Wäschestärke verhilft zu einem würdigen Aussehen.

Das Gesicht wird von der weißen Maske mit der roten Himmelsfahrts-Pappnase verdeckt. Die Kostümierung vervollständigt eine gefüllte Schweinsblase am Gürtel. Die kann der Blanc Moussi nach Belieben den Zuschauern um die Ohren hauen, dazu wirft er mit Konfetti um sich und mit einem deutlich artikulierten „Wah,Wah” zieht er durch die Straßen. Diesmal am Sonntag, 18. März, ab 14 Uhr.