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Aachen: Spielcasino Aachen: Verrottet die Kunst?

Aachen : Spielcasino Aachen: Verrottet die Kunst?

Kein Tag, an dem die Debatte um den geplanten Verkauf der beiden Warhol-Bilder „Triple Elvis“ und „Four Marlons“ aus dem Aachener Spielcasino nicht erneut skandalträchtige Details über den Umgang mit Kunst in „landesnahen“ Einrichtungen Nordrhein-Westfalens ans Licht bringt.

Am Freitag bestätigte ein Sprecher der Nachfolge-Einrichtung der WestLB Portigon einen Bericht der „Rheinischen Post“. Danach wurde 2006 das Gemälde „Selbstbildnis im Hotel“ von Max Beckmann aus den Kunstbeständen der WestLB verkauft — am Aufsichtsrat der Bank vorbei. Die Zeitung gibt den Verkaufspreis mit 13,9 Millionen an, der wahre Wert soll bei gut 30 Millionen Euro gelegen haben. Das Bild war nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ tatsächlich wenige Monate später auf der Kunstmesse Tefaf in Maastricht für 30 Millionen Euro angeboten worden. Das hatte die Zeitung bereits im März 2007 berichtet.

Einfach weggeschmissen

In Aachen verdichten sich unterdessen die Hinweise, dass die hiesige Spielbank ihre über 200 Stücke umfassende Kunstsammlung entweder verrotten lässt oder Teile davon einfach weggeschmissen hat. Dabei geht es nicht nur — wie am Freitag berichtet — um den „Lichtregen“ des Zero-Künstlers Heinz Mack, der sich über den zerstörerischen Umgang damit öffentlich heftig beklagt hat. Während die Casino betreibende Westdeutsche Spielbanken GmbH auf Anfrage unserer Zeitung, was mit der Stele des Kölner Künstlers Victor Bonato geschehen ist, angab, überhaupt keine Kenntnis von einem Bonato-Werk zu haben, nun dies: Uns liegt die nebenstehende Abbildung vom Aufstellort der Stele — in der Mitte zu sehen — neben den Monroe-Siebdrucken von Andy Warhol vor, die beweist, dass sich das Werk in der Diskothek „Club Zero“ im Aachener Spielcasino befunden hat. Ein Mitarbeiter der Spielbank gibt an, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie das Werk „im Container gelandet“ war.

Überdies existiert natürlich auch noch der Katalog der casinoeigenen Werke, und Wolfgang Becker, ehemaliger Leiter der Neuen Galerie — Sammlung Ludwig und des Ludwig Forums, kann sich noch bestens daran erinnern, schließlich hatte er den Katalog erstellt. „Bonato war in den 70er Jahren ein beliebter Künstler“, sagt er.

Und nun meldet sich auch noch Adam C. Oellers, der kürzlich in den Ruhestand verabschiedete stellvertretende Direktor des Aachener Suermondt-Ludwig-Museums mit einer weiteren Hiobsbotschaft dieser Art: Das Spielcasino besitzt auch ein Werk des Aachener Kunstpioniers Karl Otto Götz — ein Frühwerk aus dem Jahr 1961, das offensichtlich auch vor sich hingammelt. Titel: „Wolf“. Oellers wollte das Werk zur Jubiläumsausstellung zum 100 Geburtstag des Künstlers Anfang des Jahres im Suermondt-Ludwig-Museum ausleihen. Als Antwort bekam er schriftlich, dass die Restauratoren das Bild für nicht ausstellungsfähig halten, weil es sich in einem „schlechten Zustand“ befinde. Nun keimt naheliegenderweise die Frage auf, in welchem Zustand sich die anderen casinoeigenen Kunstwerke befinden, was tatsächlich noch vorhanden ist, und ob sich nicht ein sachverständiger Mensch aus Landeskreisen nicht einmal dringen darum kümmern sollte.

Die Bonato-Stele übrigens bestand aus drei Teilen, einer Säule, die mit 36 diagonal geteilten Konkav-Spiegelfeldern besetzt war und wahrscheinlich die farbigen Disko-Spots prächtig reflektiert haben müssen. Damit hatten die Casino-Verantwortlichen zumindest ein sicheres Gespür dafür bewiesen, in welchen Ecken sie welche Kunstwerke effektvoll unterbringen konnten.

Die Zerrspiegel wirkten, „als ob die Wirklichkeit in ihrer Widerspiegelung Schlieren“ bildete, heißt es im Katalog „wie in einem psychedelischen Traum“. Man könnte heute auch sagen: „Wie in einem Alptraum“.