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Aachen: Skurrile Figuren leben noch einmal auf

Aachen : Skurrile Figuren leben noch einmal auf

Dass sie „Männerhasserinnen” seien, wie manch einer schon vermutet hat, davon kann gar keine Rede sein.

Schließlich haben beide zu Hause „nen Kerl”, leisten sich fünf knackige Jungs als Band und ziehen obendrein auch das eigene Geschlecht kräftig durch den Kakao.

Aber man wird doch über den Mann an sich ein wenig lästern und sticheln und die Musiker schon mal mit Wonne von der Bühne jagen dürfen. 20 Jahre lang hat das Oberhausener Kabarett-Duo Missfits alias Gerburg Jahnke und Stephanie Überall mehr oder weniger sarkastisch die Beziehungen zwischen Männern und Frauen aufs Korn genommen - und jetzt machen sie Schluss, wollen gehen, wenn ihnen das Publikum noch zu Füßen liegt.

Im ausverkauften Aachener Eurogress gabs aus diesem Anlass am Wochenende ein begeisterndes Best-of-Programm, ließen die Missfits jene skurrilen Figuren wie Frau Lehmann-Brack, Elfriede Trockenpflaume und Cora von Ablass-Krause noch einmal aufleben, mit denen sie berühmt wurden.

Der gezielte Tabubruch

Wenn die beiden Ruhrpott-Künstlerinnen ein Markenzeichen haben, dann den gezielten Tabubruch. Wer würde denn erwarten, dass die beiden tatterigen Greisinnen Matta und Lisbett keineswegs über Osteoporose oder Krampfadern debattieren, wenn sie sich auf ihre Stöcke stützen.

Stattdessen geht es in ihrem Dialog nur darum, auf welche Weise sie möglichst viele Herren vernaschen können, denn „Safer Sex geht auch ohne Zähne”. Wie man über die weibliche Selbstuntersuchung ganze Seminare veranstalten, wie man in den Wechseljahren die Beerdigung der letzten Monatsbinde „feierlich gestalten” kann - wann wurde solch Abgründiges schon so ausführlich auf der Bühne erörtert?

Wie gesagt, nicht nur der Mann, der statt auf normale Art einkaufen zu gehen lieber ein angegammeltes Brot bei Ebay ersteigert oder beim Pinkeln seine gute Kinderstube vergisst, bekommt sein Fett weg. Auch jene esoterisch angehauchte Lehrerin, die beim Nackttanz auf Juist dem Burn-Out-Syndrom zu entfliehen versucht, erntet viele Lacher im Auditorium.

Bevor sich Jahnke und Überall mit ihrem Evergreen „Oberhausen” von ihren stehend klatschenden Fans verabschiedeten, gab es noch eine amüsante Lehrstunde in „Feminispräch”, jener emanzipierten Ausdrucksweise mit vielen Ös, Üs und Äs, bei der die deutsche Rechtschreibung radikal verweiblicht und „er” grundsätzlich durch „sie” ersetzt wird. Statt „Peter ist Verkäufer für Füllfederhalter” heißt es „Petsie ist Vsiekäufsie für Füllfedsiehältsie”. Solch ein Beitrag zur Orthographie hat der Kultusministerkonferenz gerade noch gefehlt.