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Köln: Sehnsucht nach sommerlicher Unbeschwertheit

Köln : Sehnsucht nach sommerlicher Unbeschwertheit

Um 22.17 Uhr setzt Eva Briegel (25) ihr Seelenheil und das ihrer vier Mitstreiter aufs Spiel: „Wahrscheinlich kommen wir für das, was wir jetzt tun, in die Musikerhölle.”

„Eigentlich darf man ja kein Lied wiederholen. Aber ihr wart ein so zauberhaftes Publikum, das es zwei Mal geschafft hat, uns wieder auf die Bühne zu holen...”

Die „Perfekte Welle”, die danach zum zweiten Mal an diesem Abend über 1500 Zuschauer in der ausverkauften Live Music Hall niedergeht, toppt die erste um Längen. Drummer Marcel Römer (22) drischt los wie ein Beserker, und die brünette Frontfrau jagt über die Bühne, als ginge es um ihr Leben.

Wenn „Juli” - nach „Wir sind Helden” und „Silbermond” die dritte amtierende deutsche Pop-Band mit exponiertem Fräuleinwunder - „November” und andere Hits von der Debütscheibe „Es ist Juli” spielen, und das mitten im März, ist in der Kölner Live-Music Hall die Welt in Ordnung.

Eine Stunde und 25 Minuten lang lassen sich die Fans von locker-leichten, fröhlichen Melodien bezaubern, die Stücken wie „Warum”, „Sterne” oder „Anders” etwas herrlich Unbeschwertes verleihen. Obwohl die Band betont, dass ihr Bandname keinen Bezug zum Hochsommer hat, ist „Juli” dennoch genauso ist wie ein freier Tag am Meer: Die Sonne scheint, die Wellen plätschern...

Die Texte passen wunderbar zur Musik, haben nichts Verquastes, Kopflastiges an sich und wollen auch nicht die Welt verbessern, sie nur ein bisschen netter machen, jetzt und hier, für den Moment.

Mit zwölf Stücken und vier Zugaben geht das Terzett aus Gießen an seine Grenzen, wer erst eine CD herausgebracht hat, der muss das tun und, siehe oben, womöglich sogar die Hölle in Kauf nehmen. Songs wie „Boxer”, melodische Balladen wie „Tage wie dieser” oder die nächste Single „Regen und Meer”, die im April herauskommen soll, sorgen rundum für eine Wohlfühlstimmung.

Kleine technische Pannen überbrückt Eva Briegel mit Bravour, plaudert dazwischen munter über Wunderkerzen, Temperamente und Achselschweiß oder schäkert eine Runde mit ihren Saitenspielern Simon Triebel (Gitarre), Jonas Pfetzing (Gitarre) und Andreas Herde (Bass).

Das Ganze wirkt ungemein unaufgesetzt und natürlich, es hat etwas von Feriencamp an sich, von Geburtstagsfeier oder Schulausflug, und Stücke wie „Geile Zeit” sind Versprechen, Hymne und Programm zugleich. Dass die Fans nicht allesamt im gleichen Alter sind wie die Jeans und T-Shirt tragenden Twens auf der Bühne, verblüfft nur kurz - die Sehnsucht nach Unbeschwertheit eint die Altersklassen und verbindet mühelos Generationen.