Heerlen : „Schrittmacher”: Voller Dynamik und Leidenschaft
Heerlen Nicht enden wollender Applaus, Standig Ovations und laute Jubelrufe - so endete am Dienstagabend das Schrittmacher Tanzfestival 2010. Der Applaus des Publikums im Theater Heerlen galt zwar vor allem der Dansgroep Amsterdam, die dort mit ihrem zeitgenössischen Tanz begeisterten.
Doch ein wenig wurde mit dieser letzen Vorstellung auch das Festival als Ganzes gewürdigt, das seit dem 18. Februar an 23 Abenden in Aachen und Heerlen mit neun Kompanien Tanzinteressierte aus der ganzen Region erreichte - Deutsche wie Niederländer. So war es nur schlüssig, dass die niederländische Kompanie um die Choreographen Itzik Galili und Krisztina de Chatel die Finissage bildeten.
In drei unterschiedlichen Stücken präsentierten die 14 Tänzer eine ganze Spannbreite an Emotionen und Bewegung. Den Anfang bildete „Walz” von de Chantel. Inspiriert von den eigenen Erfahrungen mit der Idylle des Wiener Walzers und Augenzeugenberichten aus dem Krieg zwischen Israel und Palästina ließ die Ungarin fünf Paare sich zur Musik von Johann Strauss wiegen, um dann aus dem Trott des Takts in den Gleichschritt des Militärs zu fallen.
Engumschlungen, miteinander verwoben kämpften sie so mehr, als dass sie den Walzer tanzten. Grandios: Immer wieder überraschten sie mit neuen Möglichkeiten der Begegnung und blieben dabei doch der minimalistischen Art von de Chatel treu. Diesen Widerspruch spiegelten auch die Kostüme wieder: schlicht geschnittene Militärjacken mit aufwendigen Strassverzierungen, dazu nackte Beine als Zeichen der Verletzlichkeit.
Elvis Presley gewidmet
Das zweite Stück, „Bittersweet” von Liat Waysbort, befasste sich mit der Ikone Elvis Presley. Was war dieser Musiker für ein Mensch? Fünf Stehlampen - die einzigen Requisiten auf der Bühne - und fünf Tänzer symbolisierten die einzelnen Aspekte von Presley: den Familienvater, das Musikgenie, seine feminine Seite, seine Schwäche und seine Stärke. Dabei verlangte die Choreographie zu „love me tender” den Tänzern einiges ab, nicht nur körperlich. Denn auch der direkte und ungewohnte Blick ins Publikum gehörte dazu - als Zeichen der Konfrontation mit seiner Bühnenexistenz.
Konfrontation war auch das große Thema des dritten Stückes. „Or” von Itzik Galili brillierte durch das einfache Spiel mit dem Licht. Ein Kubus mit 36 Lampen setzte die Tänzer auf unterschiedlichste Weise in Szene, die mal abseits des Lichtkegels, mal im Spot hell erleuchtet ein komplexes Zusammenspiel von Licht und Schatten, von Ruhe und Bewegung und von Raum und Zeit bildeten. Ein abstraktes und ebenso eindrucksvolles Werk voller Dynamik und Leidenschaft.
Ihre Leidenschaft für die Tanzkunst haben nach so vielen Jahren Schrittmacher nicht nur die Menschen in der Region für sich entdeckt. Und dennoch ist mit dem Schritt über die Grenze ein weiterer wichtiger Schritt gemacht worden.
„Wir sind sehr stolz, nicht weniger als 22 Prozent an Deutschen Gästen in unserem Haus begrüßen zu dürfen, das ist enorm viel”, zeigte sich auch Bas Schoonderwoerd, Direktor des Theater Heerlen mit der neuen Kooperation zufrieden. „Deshalb muss die Zusammenarbeit über die Grenze hinaus auch im nächsten Jahr weitergehen.”
Das sah Kulturmanager Rick Takvorian nicht anders und versprach prompt für das nächste Jahr einen Niederländisch-Kurs zu machen. Doch allen Sprach- und Logistikproblemen zum Trotz war das Festival für alle Beteiligten ein riesiger Erfolg. Und das wurde mit entsprechendem Applaus gewürdigt.