1. Kultur

Premiere: Schön absurd und nie zu ernst

Premiere : Schön absurd und nie zu ernst

Klingeln. Lächeln. „Showtime!“ Cookie Close (Stefanie Rösner) ist Kosmetik-Vertreterin in einer amerikanischen Kleinstadt. Das Geschäft läuft schlecht, in den Pumps bluten die Füße. Malte C. Lachmann inszeniert Noah Haidles Komödie „Für immer schön“ (2016) in der Kammer nah am Originaltext, fügt aber Musik (Malcolm Kemp) und einige dramaturgische Kniffe hinzu.

Haidles absurde, überzeichnete Story gewinnt so an Humor, Abwechslung und Dramatik. Stimmlich stark und pointiert choreografiert singen Shari Asha Crosson, Bettina Scheuritzel, Petya Alabozova und Philipp Manuel Rothkopf unter anderem den Bibelvers „Ein jegliches hat seine Zeit“ (Kohelet 3), den die Mutter Cookie in die Schuhsohlen geritzt hat, in der Version der Byrds („Turn, Turn, Turn“).

Wenn sie selbst nicht gerade spielen, illustrieren die Schauspieler vom Bühnenrand aus einzelne Szenen akustisch: Als Cookie sich zum Beispiel auf den Bordstein legt, imitieren Alabozova und Rothkopf mit Wasser im Mund das Gluckern des Gullys – ein simples, überraschendes Mittel, das amüsiert und für Szenenapplaus sorgt. Lachmann liebt die zweite Ebene: Als Cookie erblindet über die Bühne irrt, schaltet ein Theatermitarbeiter die Scheinwerfer über der Bühnenmitte aus. Und das Ensemble, in schwarzen Roben, schraubt die Kulisse auseinander und leert die Bühne, bis nur der grüne Rollrasen vor einem diffusen Hintergrund bleibt (Bühne und Kostüm: Luisa Wandschneider).

Bemerkenswert ist besonders die Leistung von Stefanie Rösner. In rosa Robe, die blonden Locken auf dem Kopf aufgetürmt, lässt sie Cookie von mantraartiger Zuversicht zunehmend in völlige Verzweiflung pendeln – dabei verleugnend, dass sie sich selbst und andere immer tiefer in die Misere reißt. Zum Beispiel den jungen Dan, dem sie das gemeinsame Baby Dawn vor die Tür legt. Rothkopf kauft man Dan, den lüsternden Jungspund, ebenso problemlos ab wie Dan, den ergrauten Vater. Alabozova schaut man gern dabei zu, wie sie als Cookies zornige Teenagertochter versucht, zum Ebenbild ihrer Mutter zu werden. Scheuritzel heult sich als Cookies verbitterte ehemalige Nachbarin an deren Schulter aus, Crosson wird als ehemalige Auszubildende Cookies in beeindruckenden Schaukampf-Einlagen handgreiflich. Manchmal fürchtet man, Lachmanns Inszenierung könne in überdrehten Slapstick abrutschen. Doch der Regisseur schafft es immer wieder, sich nicht zu ernst zu nehmen. Genau dann ist das Publikum ganz besonders auf seiner Seite.

▶„Für immer schön“, Kammer. 105 Minuten ohne Pause. 17., 22., 25., 28. Mai, 8., 16., 22., 30. Juni, 4. und 7. Juli. Karten gibt es beim Kundenservice des Medienhauses Aachen.