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Heimbach: Raritäten und Könner prägen Festival „Spannungen”

Heimbach : Raritäten und Könner prägen Festival „Spannungen”

Einen besonderen Programm-Schwerpunkt des diesjährigen Kammermusikfestivals „Spannungen” im Kraftwerk Heimbach bildet Musik der Komponisten von Theresienstadt.

Jener Opfer brutalen Rassenhasses, denen man im Konzentrationslager des böhmischen Terezin die trügerische Möglichkeit gab, zu komponieren und ihre Musik aufzuführen, bevor sie nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht wurden.

Das Dienstags- und Mittwochskonzert stand zum Teil in ihrem Zeichen. Von Gideon Klein spielten Daniel Hope, Thomas Rhode und Gustav Rivinius das Trio für Violine, Viola und Cello sowie Hape und Christian Poltära das unvollendet gebliebene Duo für Violine und Cellog beides sehr lebendige Stücke von mährisch-folkloristischem Einschlag, die kaum etwas von den fürchterlichen Umständen ihrer Entstehung verraten.

Für Passacaglia und Fuge für Violine, Viola und Violoncello, ein Stück fast spätromantischen Ausdruckscharakters von Hans Kräsa setzten sich Antje Weithaas, Tatjana Masurenko und Natalie Clein ein.

Erwin Schulhoff, der wohl bekannteste dieser traurigen Reihe, war mit einem bereits 1925 komponierten Duo für Violine und Violoncello vertreten das Christian Tetzlaff und Heinrich Schiff zu einer mitreissenden Wiedergabe brachten.

Wie denn alle diese Darstellungen auf höchstem interpretatorischen Niveau lagen. Indirekt passte in diese Reihe auch der von Stalin gebeutelte grosse Dmitri Schostakowitsch. Dass er als schöpferisches Genie sie alle weit überragte, blieb freilich nicht verborgen.

Sein letztes Werk, die 1975 bereits im Angesicht des nahen Todes komponierte Sonate für Viola und Klavier op. 125, von Tatjana Masurenko und Lars Vogt mit fast atemberaubender Innenspannung und einem nicht mehr zu überbietenden Maß an Konzentration und Differenzierung hingestellt, gehört zu den unvergesslichen Erlebnissen des Festivals, eine geistig-musikalische Leistung sondergleichen.

Ergreifendes Werk von Schostakowitsch

Das gilt ähnlich für Schostakowitscha Streichquartett Nr. 8, jenes 1961 geschriebenes ergreifende Bekenntniswerk, dem Isabelle Faust, Alina Ibragimova, Thomas Rhode und Jean-Guihen Queyras eine Wiedergabe von faszinierender Dichte, Überbordender Espressivität und, wo es sein musste, Agression angedeihen liessen.

Neben all diesem Schwergewichtigen stand Virtuoses und Romantisches. Wolfgang Holzmair, der bereits zuvor Meine-Gesänge von Schumann und anderen zu Lars Vogts sensibler Begleitung gesungen hatte, war der rechte Interpret für Beethovens selten zu hörende Folksongs, die er im Verein mit Mihaela Ursuleasa am Flügel, Isabelle Faust und Christian Poltära glänzend zu „verkaufen” wusste.

Bei „Chant de Linos” von André Jolivet feierte die WDR-Soloflötistin Andrea Lieberknecht Virtuosentriumphe. Die erlebte auch das Geigenwunder Christian Tetzlaff, assistiert von Jana Bouskova an der Harfe mit Saint-Sains´ Fantasie op. 124 ein.

Schliesslich noch Mendelssohns Streichquintett B-Dur op. 87, bei dessen Darstellung Primarius Tetzlaff, Isabelle Faust, Thomas Thode, Stefan Fehland und Gustav Rivinius einander zu übertreffen suchten, um dennoch ein genau auskalkuliertes, gespanntes Ganzes hinzustellen.