Aachen : Porträts der Aachener Fotografin Loredana Nemes im Raum für Kunst
Aachen Sie heißt Mary und ist offensichtlich die Queen des Karnevals. Unter dem erhabene Lammfellmantel trägt sie ein Kleid, das übersät ist mit dem kleinen Kölner Stadtwappen. Würdig faltet sie die Hände unter dem weißen Schal, der Blick wirkt gnädig — kein Zweifel: Das muss das Porträt einer Königin sein.
Ein bisschen irritiert vielleicht die etwas rätselhafte Affinität der dunkelhäutigen Dame zur Kölner Folklore und auch der seltsame Sticker auf der Mütze: „Spar Dich reich!“ Und womöglich auch der Ort, wo das Porträt entstanden ist: Rosenmontag 2014 vor dem Aachener Rathaus.
Mitten im Trubel
Während die Meute der Feiernden den Marktplatz mit tosendem Jubel überschüttete, bat die Aachener, seit 2001 in Berlin lebende Fotografin Loredana Nemes Menschen mitten aus dem Trubel heraus, um sie zu porträtieren — vor nichts als einem schwarzen Vorhang. Herausgekommen sind dabei faszinierende Aufnahmen, die wirken wie klassische Porträts von Größen wie Velázquez oder seinen Kollegen aus dem 19. Jahrhundert.
Der Raum für Kunst, die Konzeptgalerie der Sparkasse Aachen in der Elisen-Galerie — namentlich Helga Scholl —, zeigt ab Freitag (29. Januar, Eröffnung um 19 Uhr) neben zwei anderen Foto-Reihen der in Rumänien geborenen Künstlerin auch diese im Aachener Karneval entstandene Serie: „Der Auftritt“. Rührend, mit welch ernsten, zum Teil in sich versunken wirkenden Gesichtern die Porträtierten still ihre Maskerade demonstrieren — und seien es zwei Luftrüssel-Tröten als Hörner auf dem Kopf.
Und an Verkleidung ist alles dabei: Batman-Maske, Militärhemden, Prinzessinnenkleider — das Volk spielt Macht und Herrschaft. Karneval eben.
Mit ihrer Mittelformatkamera begab sich Loredana Nemes zwischen 2008 und 2010 in den Berliner Stadtteilen Kreuzberg, Wedding und Neukölln in die für Frauen eigentlich ziemlich verschlossene Männerwelt der türkischen und arabischen Cafés und Kulturvereine.
Unter dem Titel „Beyond“ (jenseits) hat sie die entstandenen Aufnahmen — außergewöhnliche Männerporträts — zu einer Serie zusammengefasst. Nur Schemen geben hinter strukturierten, milchigen Glasscheiben kaum mehr als Ahnungen von Gesichtern preis. Eine symbolgeladene Annäherung an das Fremde, von außen nach innen, eine Distanz, die schwierig zu überbrücken ist.
Damit bezieht sich Loredana Nemes auch auf ihre eigene Biografie: Als Achtjährige kam sie als Flüchtlingskind aus Rumänien nach Aachen, wo sie später an der RWTH Germanistik und Mathematik studiert hat.
Während eines Stipendiums in Ludwigsburg fotografierte sie jugendliche Gruppen, die sie in der Stadt traf — allesamt intensivste Porträts, wie sie typisch sind für diese Fotografin.
Bis 19. März, geöffnet Dienstag, Donnerstag bis Samstag von 12 bis 17 Uhr. Die Einführung hält am morgigen Freitag, 19 Uhr, Florian Ebner vom Museum Folkwang in Essen.