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Aachen: Musikalische Feinschmecker kommen auf ihre Kosten

Aachen : Musikalische Feinschmecker kommen auf ihre Kosten

Ein unspektakuläres, gleichwohl anspruchsvolles Programm erwartete die Besucher des zweiten Sinfoniekonzerts der Saison im nicht ganz ausverkauften Aachener Eurogress.

Die ersten beiden Symphonien Beethovens gaben den Startschuss zu einem Gesamtzyklus des Meisters und rahmten als solistisches Highlight Henri Dutilleux´ Cello-Konzert „Tout un monde lontaine” ein.

Der Titel des 1970 uraufgeführten Werks bezieht sich auf Baudelaires Gedichtzyklus „Die Blumen des Bösen”, an denen sich das gesamte fünfsätzige Konzert orientiert. Ein von Cellisten geschätztes Werk, mit dem Dutilleux in seiner subjektiven Verstiegenheit so eigenwillige Wege geht wie Messiaen und andere Franzosen seiner Zeit. Das Solo-Instrument ist fast nahtlos in den schillernden Klang des Orchesters eingebettet. Viel Futter für virtuose Showläufe enthält es nicht.

Das scheint der introvertierten Solistin, Anne Gastinel, entgegenzukommen, die sich fast bis zu Selbstaufgabe zurücknahm und ihren warmen Cello-Ton in dem meist dunkel tönenden Gesamtklang aufgehen ließ. Ihre hauchzarte Sensibilität schlug bisweilen in brave Demut um, so dass der Klang auf Dauer an Konturen verlor und sich ins Unverbindliche verlor. Daran war auch Marcus Bosch nicht ganz unschuldig, der sich damit begnügte, der Solistin ergeben auf ihrem Kuschelkurs zu folgen.

Dennoch eine lohnende Begegnung mit einem interessanten Werk und einer interessanten Interpretin. Allerdings setzte Bosch mit den beiden frühen Beethoven-Symphonien die stärkeren gestalterischen Impulse. Bereits in der Ersten Symphonie fiel auf, wie konsequent er mit romantisierenden Beethoven-Vorstellungen aufräumen möchte. Dazu brach Bosch die Übermacht der Streicher und nahm sie so stark zurück, dass die Bläser transparent und in nahezu idealer Gleichberechtigung zur Geltung kommen konnten. Das klingt auch in Zeiten radikaler historisierender Annäherungsversuche anfänglich noch irritierend. Seinen größten Trumpf spielt Bosch mit einer vitalen, grundmusikalischen und bis ins letzte Detail ausgefeilten Tonbildung und Phrasierung aus, was der Musik Frische und Spannkraft verlieh und sie in ihrer durch die feine klangliche Organisation vorbereiteten Beweglichkeit noch stärkte.

Vorbildlich auch, wie nachvollziehbar Bosch den stilistischen Fortschritt der Zweiten Symphonie auf dem Weg zu den ganz großen visionären Meisterwerken gestaltete, so dass beide Symphonien ihr individuelles Gepräge erhielten. Früchte einer langen und intensiven Arbeit mit dem Aachener Sinfonieorchester, das Boschs Vorstellungen auf hohem Niveau umsetzte.

Viel Beifall für ein Konzert, bei dem vor allem musikalische Feinschmecker auf ihre Kosten kommen durften.