Konzert von Martha Wainwright : Musik und Memoiren in Maastricht
Maastricht Die kanadische Sängerin Martha Wainwright gibt ein sehr persönliches Konzert in der Muziekgieterij. Mit dabei hat sie ihre als Buch veröffentlichten Lebenserinnerungen, die sie in Auszügen vorträgt.
Im Alter von 39 Jahren begann die kanadische Sängerin Martha Wainwright, ihre Memoiren aufzuschreiben. „Der Zeitpunkt mag einem seltsam vorkommen, aber ich war in der Mitte meines Lebens angekommen und musste zurückgehen in meine Vergangenheit“, erzählt die heute 46-jährige Musikerin während ihres Konzerts in der Maastrichter Muziekgieterij. Mittlerweile ist „Stories I Might Regret Telling You“ erschienen, und da ist es nicht verwunderlich, dass der Auftritt ein Stück weit zur musikalischen Lesung wird.
Martha Wainwright und Edwin de Goeij, der sie am Piano begleitet, haben es sich gemütlich eingerichtet im Kleinen Saal der Muziekgieterij: Teppich, Gitarrenkoffer, ein paar Lichter. Mehr als drei Instrumente – zu Gitarre und Klavier gesellt sich beizeiten ein Drumcomputer – und eine einnehmende Stimme braucht es nicht für einen besonderen Auftritt. Keine Effekthascherei, ein Konzert, reduziert aufs Nötigste.
Auf dem Boden liegen ein paar Papiere. Martha Wainwright guckt hin und wieder darauf. Sie ordne die Reihenfolge der Songs im Vorfeld immer wieder neu, je nachdem, wie sie sich fühle, erklärt die Sängerin. Die rund 150 Zuhörer lauschen gebannt. Den mystisch-betörenden Klängen von „Year of the Dragon“, einem der ersten Songs von Wainwright, aufgenommen vor rund 25 Jahren. Dem Stück „Around the Bend“, in dem ein dumpfer Drumsound auf den glockenklaren Gesang der Kanadierin trifft. Oder aber dem eingängigen „When the Day Is Short“ über eine erloschene Liebe.
Apropos: Als Martha Wainwright an diesem Abend ihr Buch zum ersten Mal in die Hand nimmt, berichtet sie von der Scheidung vom Vater ihrer Kinder. „Es gibt darin eine Reihe sehr intensiver Geschichten, aber ich bin wirklich vorsichtig gewesen, bei dem, was ich schreibe. Ich wollte nicht, dass mir jemand in den Hintern beißt“, sagt sie. Dabei merken die Zuhörer ihr an, wie schwer die Zeit für sie gewesen sein muss.
„Gute Dinge entstehen aus schlechten Dingen. […] Es scheint im Moment düster zu sein, aber ich sage euch, es wird sich etwas ändern. Ich bin ein verdammter Phoenix, […] eine Hydra. Du beißt mir den Kopf ab, und er kommt wieder“, liest sie vor und spielt im Anschluss „Report Card“ vom aktuellen Album „Love Will Be Reborn“, das die zeitweise Trennung von ihren Kindern infolge der Scheidung thematisiert. Der Schmerz ist allgegenwärtig.
Später erzählt die Musikerin von der Beziehung zu ihrem Vater, dem amerikanischen Singer-Songwriter Loudon Wainwright III, ihrer Bewunderung für ihn und seiner Geduld mit ihr. Dann legt sie die Gitarre weg und stimmt begleitet von Klavierklängen „Dinner at Eight“ an, einen Song, den ihr Bruder Rufus nach einer Auseinandersetzung mit dem Vater schrieb, der trotz des rüden Beginns letztendlich aber ein Liebeslied sei, wie Rufus Wainwright einmal sagte.
Bevor sie noch einmal für die Zugabe zurück auf die Bühne kommt, schließt Martha Wainwright ihr Set mit dem grandiosen Cover des Tom-Waits-Stücks „Take It With Me“. Und wieder hören sie alle gefesselt zu im Kleinen Saal der Muziekgieterij.